118 LINGI-LINGI. UNGEWITTER.
Ufer des Flusses erhob sieh wieder der Boden, und wir
hatten nichts mehr mit dem Kothe und langen Grase zu
schaffen.
Wir stiegen immer höher hinan, und bald erhielten
wir eine freie Aussicht; da tauchte gerade vor uns in
geringer Entfernung das hohe und massive L irig i-
L i n g i Gebirg empor, über dessen mit Wolken bedeckten
Gipfel uns unser Weg führen sollte, und an welches
sich die rechts und links mit unserm Weg parallel streichenden
Bergzüge wie an eine mächtige Mauer anlehnten.
Nachdem wir an mehreren bevölkerten Ortschaften,
die den gemeinschaftlichen Namen Kimbondo (öder Dyim-
bondo) führen, worbeigezogen waren, setzten wir über
einen kleinen Bach und erreichten am jenseitigen Ufer
desselben unser Lager, gegen 4 Uhr nach Mittag. Kaum
hatten wir uns in unsern Hütten untergebracht, als die
um die hohen Lingi-Lingi Gipfel lagernden schwarzen
Wolken mit grösser Schnelligkeit den ganzen Horizont
bedeckten und alles in nächtliches Dunkel hüllten, welches
nur von den auf allen Seiten auflodernden Blitzen
erhellt wurde. Es erfolgte ein furchtbares Blitzen und
Donnern, so dass auch die kühnste Brust erbebte. Der
heulende Sturmwind und die in Strömen herabfallende
Regenflut schienen die ganze Natur verwüsten zu wollen;
aber nach kurzer Zeit verwandelte sich der heftige Regenguss
in ein sanftes Rieseln, und auch dieses hörte
bald auf. Jetzt brachten die Strahlen der am westlichen,
wolkenlosen Himmel scheidenden Sonne prächtige Regenbogen
hervor, welche die am nordöstlichen Himmel
sich zertheilenden Wolken mit ihren leuchtenden Farben
umsäumten.
DYIMBONDO. EIN GOTTESGERICHT. 119
31. J ä n n e r . Die Karavane blieb heute in ihrem
Kilombo, um die noch fehlenden N ahrungsmittel einzukaufen.
Die Leute brachten aus den nahen Ortschaften
grosse Quantitäten zum Verkauf, um so mehr, da ich die
Gewogenheit des Sekulü der Umgegend mit einer etwas
grössern Kibanda erkauft hatte. Er forderte also
seine Untergebenen auf, unser Lager mit hinlänglichen
Nahrungsmitteln zu versorgen; zugleich liess er uns
melden, dass die Männer, welche in unserm Lager im
Namen des Häuptlings von Kubäla erschienen, nicht von
ihm gesendet waren, sondern arglistige Betrüger seien27).
Von den Leuten, die unser Lager besuchten, vernahm
ich, dass nicht weit von hier um die Mittagszeit
ein Gottesgericht stattfinden solle. Ich wünschte mir,
die Sache einmal näher zu besehen, und da ich merkte,
dass die Eingebornen nichts dagegen hätten, so machte
ich mich in Begleitung von mehreren Bewaffneten, die
ebenfalls neugierig waren, auf den Weg zu der bezeich-
neten Stelle. Wir erreichten bald die an einem Gebirgsbach
sich erstreckende Grasfläche , welche von einem
Wald eingeschlossen war. Eine zahlreiche Schaar von
Bewaffneten stand schon im Kreise aufgestellt. In der
Mitte des Kreises brannte ein Feuer, an welchem ein
Topf stand, dessen Inhalt.ein sonderbar gekleideter
Mann mit einem langen hölzernen Löffel rührte. Das
Oostüm dieses Mannes bestand aus den Fellen mehrerer
kleiner Thierarten (wilde Katze, Schakal, Gaselle), die
Felle waren mit einem Gürtel über den Hüften festgebunden
und bedeckten nur den Untertheil seines Körpers;
vom Halse hingen an einem schmalen Riemen mehrere
kleine Gasellenhörner nebst Löwen- und Leoparden-
klaüen herab; das Haupt bedeckte ein grösser Busch