26. J ä n n e r . Der Morgen war nebelig und feucht,
und da wir ostwärts am Saume des Waldes dahinzogen,
wurde ich von den von den Zweigen herabfallenden Regenschauern
bald gänzlich durchnässt und fror so sehr,
dass ich mich herzlich sehnte nach den erwärmenden
Sonnenstrahlen, die an der Küste so gefürchtet werden.
Aber die Sonne war erst zwischen 9 und 10 Uhr im
Stande, den Nebelschleier zu zerreissen.
Hier zeigte der Wald eine in jeder Beziehung noch
grössere Ueppigkeit. Zu den „Mussamba“ und „Omia“
Bäumen, die wir gestern so häufig vorfanden, kamen
hier noch der hohe schlanke L o s c h a 4) , mit seiner
rundlichen Krone, und der Tekkabaum; die unter diesen
hohen Bäumen befindlichen Lücken aber wurden von
verschiedenen, niedrigeren, meistens mit breiten runden
Blättern geschmückten platanenartigen Bäumen ausgefüllt,
welche an manchen Stellen mit den hinaufrankenden
Bignonien und Tagetes schöne Lauben bildeten. Oft
dachte ich bei mir, was würden wohl die reichen Grundbesitzer
meines Vaterlandes dafür geben, wenn sie einen
solchen von der Natur allein gebildeten, mit mannigfaltigen
Blumen geschmückten Hain mit seinen schönen
Lauben in ihre Gärten versetzen könnten!
Unser Weg zog sich immer am Saume des Waldes
dahin lind führte uns über mehrere tiefe Erdrisse. Die
in einer langen Linie ausgedehnte Karavane vertheilte
sich in einzelne Gruppen 5 die Bekannten hielten sich
zusammen, um mit Gesprächen undSpässen sich die Zeit
zu verkürzen. Aus solchen Gesprächen kann man oft
manche interessante Sachen erfahren, wenn, man darauf
achtet 5 denn obwohl diese Neger, ihrer gemeinschaftlichen
Sitte gemäss, ihre Erzählungen immer mitUebertreibungen
und häufig auch mit krassen Lügen aus-
schmüeken, so spiegeln sich, doch selbst in diesen Ueber-
treibungen und Erdichtungen ihr Karakter und ihr Geist
ab. Als Beispiel theile ich folgendes Gespräch mit, das
in meiner Nähe gehalten wurde und meine Aufmerksamkeit
um so mehr fesselte, weil darin auch einige geographische
Notizen enthalten waren.
,Lumbo! was für Waaren hast du diesmal nach
Benguela geführt;?4
„Zwei Kombakassa:5)“
,Hast du bei dem Verkauf derselben etwas prö-
fitirt?4
•„Sehr wenig, denn der arglistige Weisse (Schika-
humba Kindele) hatte mir vor dem Abschluss des Handels
viel Branntwein gegeben, so dass ich schon ganz
benebelt war, als wir handeleins wurden; deshalb glaube
ich, dass er mich wenigstens um die Hälfte des Wef-
thes meines Elfenbeins (Binga) betrogen hat.44
,Warum warst du so thöricht (vätopa); weisst du
es denn nicht, dass die Weissen sehr arglistig sind?
Aber sag mir nur , was für Waaren fuhrst du jetzt
mit dir ?44
„Acht Stück Zeug und ein halbes Fass Pulver.44
„Eben so viel habe auch ich; deshalb können wir
von zuhause zusammen eine Reise in das Land der
Zambuella6) machen, um dort Wachs zu kaufen, was mit
weniger Schwierigkeit verbunden ist, als das Einkäufen
von Elfenbein.44 . , , :
„Ich gehe wahrlich nimmer mehr dahin, denn es
steigen mir die Haare zu Berge, wenn ich an jenes
Land nur denke/4
„Nun warum denn ? !“