Mittag sich erhebenden Seebrise (viragäo) gemildert
würde. Das Thermometer steigt dann oft auf 29, ja sogar
auf 34° R. im Schatten.
Besonders in dieser Periode empfinden die Europäer,
hauptsächlich in den Monaten März und April, den
mörderischen Einfluss des hiesigen Klima’s-, weshalb sie
auch diese Jahreszeit gewöhnlich „Cärneirado“ nennen.
Während dieser Periode ist jede körperliche Bewegung
und Arbeit unter freiem Himmel, an einem den glühenden
Sonnenstrahlen ausgesetzten Orte, für die Europäer
höchst gefährlich; deshalb verlassen sie während
dieser Zeit nicht einmal die Schwelle ihres Hauses, oder
lassen sich, wenn sie ausgehen müssen,"in einer mit
leichten Zeugen verhüllten Sänfte tragen. Wehe dem,
der während dieser Jahreszeit zum ersten Mal hier landet!
Bald ergreift ihn das Fieber (febre maligna), und
wenn eine gute Pflege , oder vielmehr eine glückliche
Konstitution des Erkrankten nicht alsogleich das Uebel
überwinden, so wird er binnen drei oder vier Tagen auf
ewig von den Leiden des Lehens befreit. *)
Es ist zum Staunen, wie schnell dieses heisse und
entnervende Klima die Lebenskraft der unter einem
mässigen Himmelsstrich Geborenen verzehrt !,%nd die
verschiedenen Perioden des Lebensalters abkürzt. Ein
25 jähriger Mann, wenn er sich durch einen zweijährigen
Aufenthalt, gewöhnlich nach vielen Leiden, endlich
aeclimatisirt hat, sieht wie ein 35 jähriger Mann aus;
bleibt er aber acht oder neun Jahre hindurch fortwährend
hier, so nimmt er gewöhnlich die Gestalt eines
körperlich und geistig gebrochenen Greises an, mit
*) Vergl. hiemit L i v i n g s t o n e : Missionary Travels and Researches
in South Africa, etc. pag. 417. Anmerks des Uebers.
HEEESCHENDE KEANKHEITEN. 13
weissen Haaren, ausgefallenen Zähnen, eingesunkenem
Gesichte. Aus eigener Erfahrung weiss ich es, dass hier
die europäische Generation gewöhnlich binnen 10 — 12
Jahren gänzlich ausstirbt; 1848 hatte ich mehr als 60
europäische Bekannte in Benguela, und jetzt, nach Verlauf
von 8 Jahren, ist davon kaum noch ein Sechstheil am
Leben, und an ihre Stelle sind Neuangekommene getreten
, so dass ich nach neunjähriger Abwesenheit kaum
hoffen kann, noch einen oder zwei Bekannte in der Stadt
zu finden, Sehr wahrscheinlich hätte auch ich die Anzahl
der Verstorbenen vermehrt, wenn mich die göttliche
Vorsehung nicht in die gesundem Landstriche des
Innern geführt hätte.
Die herrschenden Krankheiten sind : das erwähnte
Fieber, der Durchfall und der Scharbock. Das Fieber ist
die gewöhnlichste und so zu sagen tägliche Krankheit. Die
Aerzte kuriren es je nach den Symptomen und Umständen
auf verschiedene Weise. Ich kenne die wahre Ursache und
Beschaffenheit der Krankheit nicht, deshalb erwähne ich
nur kurz, wie ich sie an mir selbst kurirt habe. 1
Sobald ich das erste Symptom der Krankheit bemerkte,
blieb ich sogleich ruhig im Zimmer und nahm
e i n e Portion Ricinus-Oel, dessen Wirkung ich dadurch
beförderte, dass ich darauf wiederholt eine schwache
Fleischbrühe ass; früh am folgenden Morgen nahm ich
auf einmal 1 2 - 1 6 Gran Chinasulphat; vier Stunden
später nahm ich wieder acht und dann noch vier Gran.
Nie brauchte ich mehr, oder andere Arzneien, mit Ausnahme
einiger erfrischender Getränke; doch beobachtete
ich genau die nöthige Diät. Auf diese einfache Weise
gelang es mir bisher nuch immer, das auch bei mir sich
häufig einstellende afrikanische Fieber zu kuriren.