Wer bei der Verkündigung des Urtheils das „Effetu
kiroya“ oder Darangeld erlegt hat f der ist verpflichtet,
an dem festgesetzten Termin auch die demselben entsprechende
Geldbusse zu bezahlen, sobald er hiezu aufgefordert
wird; thut er es nicht, so zwingt ihn der gewinnende
Theil mit Gewalt dazu, indem e r , sofern er
sich selbst zu schwach fühlt, die Beihülfe eines mächtigen
Erombe Sekulu erbittet, dem er natürlich ein ver-
hältnissmässiges Geschenk macht. Der Sekulu begibt
sich dann in Begleitung einer bewaffneten Schaar zu
dem säumigen Schuldner, quartiert sich ohne weiteres in
seinemLibata ein und fordert, ohne auch nur vorher anzuzeigen,
weshalb er gekommen sei, für sich und seine
Bewaffneten eine reichliche Bewirthung. Der Wirth
muss sogleich dieses Begehren erfüllen, sonst kann er
darauf rechnen, dass sein ganzes Libata von der beutegierigen
Schaar geplündert und in einen Aschenhaufen
verwandelt werde. Die zur Vollstreckung des Urtheils
und Eintreibung der Schuld erschienene bewaffnete
Schaar beschäftigt sich oft Tage lang blos mit Essen
und Trinken, und fordert erst dann den Wirth auf, seine
Schuld zu bezahlen. Dieser hat jetzt nicht nur die dem
gerichtlichen Aufgelde entsprechende Summe zu erlegen,
sondern muss gewöhnlich das Dreifache davon bezahlen,
Es hilft kein Bitten und Jammern; kann er die
geforderte Geldbusse nicht erlegen, so lässt der unbarmherzige
Exekutor alsogleich sein Libata plündern
und schleppt oft auch noch sein Hausgesinde gefesselt
fort, um es in die Sklaverei zu verkaufen. Die fordernde
Partei bekömmt manchmal einen geringen Antheil an
der Beute, manchmal erhält sie aber auch gar nichts.
Oft ereignet es sich, besonders in den an den Landesgrenzen
gelegenen Ortschaften, dass die v e ru rte ilten
Libata-Eigenthümer, wenn feie bei Zeiten von
dem Aufbruch der zur Vollziehung des Urtheils entbotenen
Schaar benachrichtigt werden , sich zum Widerstand
rüsten, und es gelingt ihnen manchmal, weil die
Libata dort gewöhnlich mit Pallisaden-Einfriedigungen
und Gräben gut befestigt sind , den Angriff abzuschlagen
und die Bewaffneten, nachdem sie einige davon
niedergestreckt, in die Flucht zu jagen. Die flüchtigen
Vollstrecker werden dann gewöhnlich auch von den
ergrimmten Nachbarn verfolgt und ohne Erbarmen niedergemetzelt.
*)' Wenn nun die Einwohner, die sich so
an den Vollstreckern gerächt haben, befürchten müssen,
dass sie der Fürst oder der Adel mit vereinter Macht
angreifen werden, so verlassen sie ihre liegenden Güter,
flüchten sich in das benachbarte Land und schwören
eine tödtliche Rache auf das Haupt ihres Beleidigers
und aller seiner Angehörigen. Sie suchen nun mit allen
ihnen zu Gebote stehenden Mitteln nicht nur ihrem
Feinde zu schaden, sondern ergreifen ohne Unterschied
das von ihnen erreichbare Gut ihrer Landsleute, machen
sie selbst zu Gefangenen und behalten sie als Pfand,
bis sie ausgelöst werden, und zeigen dann dem Beschädigten
den Namen und die Wohnung dessen an; der sie
beleidigt hatte, damit er von ihm einen Schadenersatz
fordern könne.
Weil der gewinnende Theil es recht gut weiss,
dass ihm mit der erbetenen Exekution nicht sehr gedient
ist, so wendet er sich zu diesem Zwecke selten an
einen Sekulu, sondern trachtet gewöhnlich, wenn er mit
eigener Macht nicht im Stande ist, den Schuldner zum