auch mein Auge wendete, überall erblickte es an beiden
Ufern des Kuitu herrliche Grasfluren und hinter denselben
auf den Hügelreihen hochstämmige W älder, deren
von Moos und Flechten bedeckte Boden durch die verwesenden
Ueberbleibsel einer tausendjährigen Vegetation
gedüngt war. Kein Wunder, dass ich mich lange
nicht entschliessen konnte, welcher Gegend ich den
Vorzug geben sollte, bis ich endlich etwa,s weiter westlich
an den in einem muldenförmigen, kaum hundert
Schritte breiten, waldlosen Thale von Süden nach Norden
fliessenden Vatarara Bach kam, der mit raschem
Laufe sich in den Kuitu ergiesst. „
, „Hier wirst du bleiben —• dachte ich bei mir ajt
„es ist unmöglich in dieser Gegend eine anmuthigere
Stelle zu finden.“ Nördlich, beiläufig. 50.0 Schritt entfernt
, zeigte sich in dem von hieraus sich gleichmässig
senkenden Thale der Kuitu; östlich und westlich breitete
sich die vom Flusse und vom Wald eingeschlossene
offene Grasflur aus; auf der in mannigfaltigen Krümmungen
sich hinziehenden Hügelreihe sah man mehrere,
von hohen Incenderabäumen eingeschlossene, Ortschaften;
südlich wurde der Horizont von einem dichten
Urwald begrenzt, der sich am Vatararä Bache entlang
dahinzog.
Ich fasste also den Entschluss, an dieser Stelle
mein Libata zu. errichten. Als ich aber diesen meinen
Vorsatz dem Kissongo mittheilte, bemerkte er,, dass ich
dies nicht thun könne, weil vor einigen Jahren gerade
an tlieser Stelle ein Hexenmeister hingerichtet wurde,
und deshalb die bösen Geister (Kilulu) mich in meiner
Buhe stören, ja sogar mich und meine Familie auch mit
Todesgefahr bedrohen würden. Diese Worte erinnerten
mich wieder an den Satz, dass in.der Natur überall das
Gute und Böse Hand in Hand gehe, und dass die Bewohner
dieses schönen und fruchtbaren Landes durchaus
keine Aehnlichkeit haben mit den von den Dichtern
besungenen unschuldigen und sittsamen Naturmenschen;
dass sie im Gegentheil unter der Herrschaft des thörich-
ten Aberglaubens und der blinden Leidenschaften zu
blutdürstigen Kannibalen werden, die nach Tigerart
einander verzehren; Zugleich erinnerte ich mich an die
blutige Scene von Kimbondo, deren Zeuge ich war, und
dies^verscheuchte sogleich alle meine poetischen Träumereien
und erfüllte meinen Busen mit traurigen Vorgefühlen.
Aergerlich fragte ich meine Begleiter: ob die Kimbanda
keine Mittel besässen, womit sie die Kilulu bannen
und unschädlich machen könnten? Dies bejaheten
sie und fügten hinzu, dass, wenn ich mich den,von den
Kimbanda vorzuschreibenden Opferzeremonien unterwerfen
wolle, die bösen Geister für immer von dieser
Stelle vertrieben werden, und dass ich, wenn ich von
Zeit zu Zeit das Opfer wiederhole, zu jeder Zeit und an
jedem Orte vor ihren Verfolgungen geschützt sein
würde. *)
Damit ich mich also in dieser herrlichen Gegend
ansiedeln könne, ohne von den abergläubischen Leuten
für gottlos verschrieen zu werden , musste ich mir die
lächerlichen Zeremonien des Kimbanda, den ich zur
Vertreibung der Kilulu holen liess, gefallen lassen. Zum
Glück war die Sache' bald abgethan. Der Kimbanda
schlachtete eine Ziege, bestrich mir mit dem Blute derselben
die Stirn und die Brust, und machte mir auf die
Arme mit der Kreide die Impemba-Zeichen. Während
Magyar’« Reisen in Südafrika. 14