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I. Allgemeine Bemerkungen zur statistisch-topographischen
Beschreibung der Kimbunda-Län4er und zu der
dem Werke beigegebenen Karte.
Der Reisende"in Afrika ist nicht im Stande, sich zuverlässige
statistische Daten zu verschaffen und namentlich die
Seelenzahl der Eingebornen mit einiger Sicherheit, zu bestimmen:
Meine Angaben beruhen ebenfalls blos auf Konjekturen,
die sich jedoch auf meine langjährigen Beobachtungen stützen.
Ich berücksichtigte die Art und Weise, nach welcher hier die
Ortschaften angelegt sind, und berechnete darnach ihre durchschnittliche
Einwohnerzahl. Die Ortschaften sind; mit Ausnahme
einiger wenigen sehr klein, ihre Anzahl ist aber oft auf einem
kleinen Baum sehr gross. In einer verhältnissmässig grossen
Entfernung befindet sich dann wieder eine andere dichte Gruppe
von Ortschaften. Die durchschnittliche Einwohnerzahl eines Li-
batakann auf 80—160 Köpfe berechnet' werden, mit Ausschluss
der Kinder. Die Angabe der Distrikte, in welche die einzelnen
Länder eingetheilt sind, beruht theils auf meinen eigenen Erforschungen,
theils auf Berichten, die ich von vornehmere
Eingebornen gesammelt habe; sie ist also ziemlich zuverlässig.
Die Anzahl der Ortschaften vermochte ich nur nach den Berichten
der Eingebornen zu bestimmen; sie darf deshalb nicht
als ganz zuverlässig angenommen werden. Dennoch glaube ich
behaupten zu' können, dass es die zuverlässigsten Zahlen sind,
die ich überhaupt berechnen und angeben konnte. Uebrigens
sind bei diesen Völkern die Namen der Ortschaften und selbst
der Distrikte sehr vergänglich und wandelbar. Grösstentheils
erhalten nemlich die Ortschaften und Distrikt^ ihre Benennungen
von den Besitzern derselben; deshalb behalten gewöhnlich
nur die Hauptorte und jene, die voii in ihrer Nähe befindlichen
Flüssen, Seen und Bergen benannt sind, ihre Namen unverändert.
Aber nicht nur die Namen, sondern selbst das Dasein
der Orte ist höchst vergänglich. Die Bewohner verlassen leicht
einen Ort und siedeln sich in grösserer oder geringerer Entfernung
an, wo sie einen neuen Ort errichten, dem sie gewöhnlich
einen ändern Namen geben. Verschiedene Ursachen können
das Verlassen eines Ortes bewirken, z. B. eine Epidemie, der
Tod eines vornehmen Individuums, der Einbruch eines Löwen
oder eines ändern wilden Thieres, u. s. w. Besonders aber sind
es die abergläubischen Meinungen, welche die Bewohner zum
Verlassen eines Ortes bewegen. Die Unfälle, die einen Ort
treffen, werden gewöhnlich dem Zorne der Kilulu des Ortes zu
geschrieben, und dieser wird nun auf den Rath der Kimbanda
verlassen. Daher kömmt es, dass der Reisende auch die besten
Karten von Süd-Afrika nach einigen Jahren unzuverlässig und
falsch findet, indem er die daselbst verzeichneten Ortschaften
grösstentheils nicht mehr an dem ehemaligen Orte antrifft*
Dies ist besonders im Lande der Ganguella der Fall; seit 25
Jahren sind daselbst die meisten Ortschaften von ihrer ehemaligen
Stelle verschwunden und anderswo angelegt worden.
In den Kimbunda-Ländern zeigen die hohen Incendera-Bäume
auch nach Verlauf von vielen Jahren die Stelle an, wo einst
ein Dorf gestanden; im Lande der Ganguella. hingegen vernichtet
ein zufällig hingeworfener Feuerfunke beim Eintritte der
ersten trockenen Jahreszeit das dürre Gras, welches die Stelle
der verlassenen Ortschaft bedeckt, und mit den aufsteigenden
Wirbeln der Rauchsäule verschwindet auf ewig auch der Name
des dort bestandenen Dorfes. — Die dem Werke beigelegte
Karte stellt die. vom Atlantischen Ocean ostwärts bis zum 190
0. L. und von der Mündung des Koamza bis zum 140 30' S. BMagyar's
Reisen in Südafrika. 28