Weg fort. In den engen und tiefen Thalschluchten, welche
die aus vulkanischem Gestein bestehenden Gebirge durch-
sclineiden, entstehen während der Regenzeit stürzende
Giessbäehe; während der trockenen Jahreszeit aber findet
man nirgends Wässer. Umsonst suchen wir auch
irgendeinen Schatten; wir finden nur hie und da vereinzelte,
halb verdorrte Dornensträuche und Kassoneren
(eine Art Aloe), und neben dem Pfade liegen gebleichte
Menschenknochen zerstreut, welche dem unglücklichen
Wanderer das schreckliche Loos anzeigen, das seiner
wartet, wenn er vor Durst und Müdigkeit verschmachtend
zurückbleibt.
Die glühende Sonne neigte sich endlich zum Untergang,
und der kühle Abend folgte. Jetzt wäre das
Marschiren erträglicher gewesen^ wenn nicht die nur zu
bald eintretende Dunkelheit das Fortschreiten auf dem
engen und unebenen Wege noch schwieriger und langsamer
gemacht hätte. Die ungeduldige, energische That-
kraft, die mich vorher beseelt hatte, war durch die von
der Hitze geöffneten Poren nach und nach verdampft:
lautlos und ganz ruhig folgte ich nun den Lastträgern,
die vorsichtig und geräuschlos vor mir gingen’- die allgemeine
Stille wurde nur zuweilen von einem aus seiner
Stelle fortbewegten und in die Tiefe hinabrollenden
Stein,'oder von dem Fluchen eines gestrauchelten und
gefallenen Trägers unterbrochen.
Nachdem ich über mehrere tiefe Schluchten, die in
der Dunkelheit ein schreckliches Aussehen hatten, hinüber
gekommen war , gelangte ich endlich um Mitternacht
auf eine Anhöhe, von welcher ich in dem unten
sich ausbreitenden Dam b a yal V i s s o n g i Thal die
zerstreuten Feuer der Karavane erblickte, die sich dort
zur Ruhe lagerte. Dieses Thal ist mit dornigen Gebüschen
bedeckt und dient den hier durchmarschirenden
Karavanen zum Ruheplatz für einige Stunden, obgleich
es kein Wasser hat. .
Gequält vom Hunger und noch mehr vom Durste,
suchte ich meinen Kissongo, der mit dem Gepäcke vorausgegangen
war ; denn die rückwärts gebliebenen Sklaven,
welche die Nahrungsmittel trugen, konnte ich nicht
hoffen sobald zu finden. Aber jedermann war nur mit
sich selbst und seinem Schicksal beschäftigt, niemand
antwortete auf meine Fragen; mit Güte konnte ich
durchaus keinen Trunk Wasser erhalten. Ich sah mich
also um, und da ich in meiner Nähe neben einigen am
Feuer schlafenden Menschen eine Kalabasse erblickte,
so stürzte ich mich sogleich, wie der Tiger auf seine
Beute, auf die Kalabasse und löschte meinen Durst; nur
wenig Wasser liess ich dem Eigenthümer zurück; dann
trollte ich mich weiter und verfolgte den Weg, auf
welchem nur noch Wenige vorwärtsgingen.
Indem ich so an den Feuern, bei welchen die einzelnen
Gruppen lagerten, vorbeiging, fragte ich fortwährend
nach meinem Kissongo; da ich aber in der Sprache
der Eingebornen noch nicht sehr bewandert war, so konnte
ich ihre langen Antworten nicht verstehen. Deshalb gebrauchte
ich sehr oft auch unwillkührlich das portugiesische
Fragewort: „Comö“, so dass endlich die Schwarzen
das von mir so häufig gehörte Wort von Mund zu
Mund mit lautem Gelächter wiederholten, und bald erscholl
im ganzen Lager der Ausruf: „Enganna Komo
va pita“, d. h. „Hier geht der Herr Komo“. Meinen
wahren Namen kannten sie noch nicht; deshalb nahmen
sie bald den mit zufällig ertheilten Namen allgemein
4 *