sah man eine andere Thür. Uebrigens war ausser meiner
Begleitung und dem Thürhüter kein anderes menschliches
Wesen zu sehen; Ich setzte mich vor den Guaja-
venbäumen auf den Stuhl, den ich mitgenommen hatte,
meine Begleiter aber kauerten sich auf die Erde.
Nachdem wir eine gute halbe Stunde gewartet
hatten, verkündete das Klingen der Schellen die Ankunft
des Fürsten. Bald darauf erschien durch die zuletztgenannte
Thür ein Mann , der einen Gelengeschweif als
Fahne trug; ihm folgte der Fürst mit etwa 20 Begleitern.
Der Fürst nahm sogleich seinen Platz auf dem
Armstuhl ein, seine Begleiter aber setzten sich auf die
Erde. Unterdessen herrschte die tiefste Stille. Der Fürst
wendete sich jetzt zu mir und begrüsste mich drei Mal
mit dem Bokuetu, welchen Gruss ich ebenfalls drei Mal
mit folgenden Worten erwiderte: j,Mui Täta-kullu,“ d. h.
auch mit dir, fürstlicher Vater. Hierauf rief die Versammlung
mit lautem Händeklatschen : „Neha kuku!
neha kttku! taläma housschi! housschi a dyinhäma!“,
d. h. Sei gegriisst H e rr! mächtiger Löwe! wiithender
Löwe! — Nach den am äussern Thor befindlichen Zeichen
zu urtheilen, verdient er auch diesen Titel, und ich
weiss nicht, ob er oder der vierfiissige Löwe mehr Unheil
stiftet. — Dann forderte der Fürst meinen Kisson-
go, der zwischen ihm und mir auf den Knieen lag, mit
dem an-ihn gerichteten Worte : Tanga! (erzähle) auf,
seine Anrede zu beginnen. Der Kissoiigo begann nun
mit der diesen Völkern eigenen Weitschweifigkeit zu
erzählen, wie die Raravane nach Benguela gezogen und
von da wieder in die Heimat zurückgekehrt war , und
was sie alles auf der Reise erfahren hatte. Seine Rede
zog sich sehr in die Länge und ich hatte genug Müsse,
das Aeussere seiner Majestät in Augenschein zu nehmen.
Kayäya-Kayängula hat eine hohe und hagere Statur
und ein Alter von beiläufig 50 Jahren; seine regelmässigen
und offenen Gesichtszüge machen einen angenehmen
Eindruck, aber die kleinen, ewig lächelnden,
oder vielmehr blitzenden Äugen verratlien einen unruhigen,
arglistigen Geist. Das Haupt bedeckte ein wie ein
Turban aufgebundenes, farbiges Tuch; den Leib umhüllte
' eine dunkelblaue, weite, herab wällende Tunika,
um welche ein weisser, gefranzter Gürtel geschlungen
war; von den Schultern hing ein weisser, mit rothen
und gelben Streifen versehener Shawl. Als Schmuck
hing an einer um den Hals geschlungenen, schwarzen
Schnur eine in Gold eingefasste Löwenkralle. In der
Hand hielt er einen schön gearbeiteten kurzen Dolch,
womit er fortwährend spielte. — Seine Begleitung bestand,
mit Ausnahme des zu seinen Füssen sitzenden
jungen Sklaven, aus lauter kräftigen und hochgewachsenen
jungen Kriegern, die prächtiger geschmückt waren
als er selbst; besonders zeichneten sie sich durch
die bereits erwähnte Epunta aus, die mit Perlen von
verschiedenen Farben reichlich besetzt war. Ihre Waffen
bestanden aus langen Schiessgewehren, Assagaien und
kurzen hölzdrnen Streitkolben.
Endlich wurde der Kissongo mit seiner Rede fertig
und beschloss sie mit dem üblichen Schlüsse : „Kamuri
yo tu bandscha.“ (Ich habe nichts mehr zu sagen). Die
Rede Wurde zuerst vom Dolmetsch des Fürstenls) von
Wort zu Wort dem zu den Füssen des Fürsten sitzenden
Sklaven mitgetheilt, und dieser wiederholte sie dann dem
letztem mit leiser Stimme. Das Wesentliche der Rede