
Vorzeit ihre Haare einfach in Knoten a u fg e scW . In der
Mythologie soll man selbst die Verwandtschaft der Götter
zum Theil aus ihrem Haarwuchs zu erkennen im Stande seyn.
So sind Neptun, J u p i t e r und P l u t o stets einander hierin
ähnlich; Hyl lus , der Sohn des He rcul e s , hat die Haare
eben so über die Stirne heruntergeschlagen, wie sein Va-
ter Al e x a n d e r der Grosse trug sie auf c^er Stirn erhaben,
und über die Schläfe zurückfallend nach Art des J u p i t e r s
um auszudrücken, dass er sein Sohn sey u. s. w.
Wie mamgfaltig die Ha a rmo d e n in Rom zur Zeit
ü v i d s waren, leuchtet aus folgenden Versen*) deutlich hervor,
die zugleich den damaligen Geschmack in Bezug auf den
Haarputz darstellen:
Nec genas ornatus unum esl, quod quernque decebit
Eli gal, et speculum consulat ante suum.
Longa probat facies capitis discrimina puri,
Sic erat prnatis Laodameia comis.
Exiguum summa nodum sibi fronte relingui,
Ut pateant aures, ora rotunda volunt.
Altenas crines humero jactentur utroque,
Talis est assumpta Phoebe canore lyra.
Altera succinctae religetur more Dianae,
Ut solel attonitas, cum petit illa feras.
Hane decet inflatos laxa jaeuisse capillos
flla sit adstrictis impedienda comis.
Sed neque ramosa numerabis in ilice frondes,
Nec qaot apes hyblae, nec quot in alpe fe rn e :
Nec mihi tot cul tus numero c o nyp ren der e f a s e st ;
Ad j e c i t or nat u s p r o x i m a quaeque dies.
J u v e n a l sagt von einer römischen Dame: sie baut
sich einen so hohen Thurm von vielen Reihen Ha ar l ocke n
auf dem Kopfe, dass sie vorne so lange als die An drom a c
h e erscheint, und von hinten aber weit kleiner ist, so dass
man sie für eine andere halten könnte. Wenn sie sich frisi-
ren lässt, müssen alle ihre Mädchen, jung und alt zugegen
sej n , um bey jeder Locke zu Rathe gezogen zu werden. _
Es War also damals schon ganz wie bey uns, und dass auch
die Kammermädchen, eben so wie die unsrigen, ihre leidige
f) De arte amandi lib. 3. v. 1 3 5—153.
Noth mit dem Frisiren hatten, und nicht selten von der launenhaften
Herrinn mit Nadeln gestochen oder beohrfeigt wurden,
ist ebenfalls aus dem O vid ersichtlich.
Ich habe schon gesagt, dass in Rom das g e l b e Haar
für das schönste gehalten wurde. Daher kam es auch, dass
man schwarze und andere Haare g e l b färbte. Nur dieAugen-
braunen mussten schwarz seyn durch Natur oder Kunst. Als
aber das liederliche Gesindel auch anfing, gelbe Haare zu tragen,
kamen die schwarzen bey den Damen wieder, empor.
Auch die f a l s c h e n Haare waren bey den Römern schon
gebräuchlich.
Die al ten De uts chen, vorzüglich die Sueven, pflegten
das Haar oben auf dem Wirbel in ein aufrecht stehendes
Büschel zusammengebunden zu tragen; die Frauen brachten es
ineineWulst, die sie mit der Haube bedeckten. Bey den Jungfrauen
hing es frey herab, oder war aufgeschürzt auf dem Scheitel
und unbedeckt. Uebrigens liebten sie das gelbe und rothe
Haar so sehr, dass sie diese Farbe noch durch dienliche Mittel
zu erhöhen suchten. Sie beitzten ihre Haare mit Seife und Lauge,
schmierten sie mit Butter ein, und banden sie im Nacken zusammen.
Doch sah man unter ihnen auch lange herabhängende
Zöpfe. Wange und Kinn beschoren sie, die Oberlippe aber nicht,
weil sie durch einen starken Knebelbart ihr krieegrisches Ansehen
zu vermehren glaubten. Nach dem salischen Gesetze war
die Haube das Zeichen der Mannsherrschaft. Daher mag es noch
heut zu Tage heissen: d ie i s t n u n a u c h u n t e r d i eHa u b e
g e b r a c h t . In den alten Zeit'en trugen die Sklaven ein unge k
ämmt e s Haar (capillumfiuxum, passum et intensum).
Das a c h t z e h n t e J a h r h u n d e r t brachte endlich wieder
eine Menge Künsteleyen hervor, die sich eine mehr als die
andere von der Natur entfernten. Man darf in dieser Hinsicht
nur andasPuder n und an die P e r ü c k e n denken, vollends bey
dem Soldatenstande! Willig unterwarfen sich auch jetzt die Weiber
jeder Beschwerde. Die griechische Kleidertracht brachte
diese närrischen Moden wieder auf einen einfachen und natürlichen
Standpunkt. Dennoch kam die Sache endlich so weit, dass
ein gewisser L e Gros zu Paris eine eigene Akademie errichtete,
wovon er Direktor war, und wo man in verschiedenen Klassen
seiner zur höchsten Vollkommenheit gebrachten Kunst des
Kopfputzes sich unterrichten lassen konnte. Er versicherte in