
Haarbälge desjenigen Stückchens der Haut, in welchem das
genannte Haarbüschel seine Wurzeln hat, mittelst eines durchgreifenden
Aetzmittels.
A nm e r k u n g . Ich erinnere noch, dass das Wesen der T r i c h i a s i s
und D i s t i c h i a s i s ebenfalls zum Theil in einem krankhaft e rh
ö h ten B ildungstrieb der Augenliedränder, un d in der sonach bedingten
abnormen Vermehrung der Cilien bestehe. Inwiefern jedoch
an dieser Uebergangsstelle der allgemeinen Decke in die
S ch le im h au t, letztere den hauptsächlichsten Antheil an der besagten
Abnormität habe, will ich vor der Hand dem Ermessen besser
u n te rrich te te r Augenärzte anheim ste llen, obgleich ich die Sache
sehr wahrscheinlich finde. Denn es scheint mir, dass nich t sowohl
fehlerhafte Richtung der gesunden , als vielmehr regelwidriger
Ursp ru n g neu g eb ild e te r, und von den Cilien verschiedener
Haare der eigentliche Grund der genannten Krankheiten sey.
b. M a n g e l h a f t e r B i l d u n g s t r i e b .
§. 148-
Von der Dürf t igkei t ('OligötrichiaJ, dem Mangel
an Haaren ( A tr ic h ia J , und der verspäteten
Entwicklung derselben.
Die entgegengesetzte krankhafte Richtung des Bildungstriebes
in den Haaren äussert sich einerseits durch D ü r f t
igkei t oder Ma ng e l an Haaren, und andererseits durch
zu s p ä t e En twi c k l u n g derselben an gewissen Parthien.
Auch diese] Fehler können entweder ererbt, oder aber erworben
seyn. In ersterer Beziehung finden wir überall im
täglichen Leben Beweise genug, dass Menschen, die man
in jeder Hinsicht für gesund halten muss, dennoch über
einen sehr dürftigen Haarwuchs klagen; und forscht man
dann der Ursache dieses Umstandes nach, so kommt man in
den meisten Fällen, namentlich aber da, wo nicht gleich
nach der Geburt feindselig auf den Kopf eingewirkt wurde,
auf die Thatsache, dass das Uebel angeerbt, und zwar vom Vater
mehr als von der Mutter auf die Kinder übergegangen
sey. — Der eigentliche Mang e l an Haaren ist aber entweder
ein v o l l k omme n e r , oder nur ein t h e i lwe i s e r . — Von
ersterem fand ich folgende Beyspiele aufgezeichnet: Laurent .
He i s t e r *) spricht in der 87sten Wahrnehmung von zwey
Menschen , welche gar keine Haare am ganzen Leibe hatten.
Auch sah er im Jahre 1710 zu London einen Menschen von
ungefähr 40 Jahren, welcher vor 10 Jahren, ohne eine merkliche
Krankheit gehabt zu haben, alle seine Haare am ganzen
Leibe, selbst die der Augenbraunen und der Augenlieder verlor,
so dass man auch nicht die geringste Spur davon mehr
wahrnehmen konnte. Derselbe befand sich übrigens wohl
und gesund, und Niemand wusste eine Ursache dieses Unfalls
anzugeben. — D a n z **) sah zwey erwachsene Juden, welche
weder Haare noch Zähne je gehabt hatten. Eine ähnliche Beobachtung
findet sich in den Transact. o f a Society o f Lond.
1800, und in der Salzburger medicinisch-chirurgischen Zeitung
1801***). — Eine Frau, die ebenfalls ohne vorhergegangene
Krankheit alle ihre Haare verloren hatte, sah Hei s t e r im
Jahre 1726 zu Halberstadt. — Nach S c h e n k soll König
L*udwig von Ungarn ganz haarlos auf die Welt gekommen
seyn>__Auch Dr. We l l s beobachtete diesen gänzlichen Mangel
an Haaren. Der Patient war bey und nach dem Verluste
seiner Haare immer gesund ****). — H. F. Del i u s sah einen
Menschen, der auf dem ganzen Körper auch nicht das kleinste
Haar hatte. Er erlitt aber diesen Haarverlust nach einer
grossen Krankheit. —. Ferner liefert der Regierungsrath Dr.
Au g u s t i n zu Potsdam ebenfalls eine Beschreibung eines
Mannes, an dem keine Spur von Haaren am ganzen Körper
wahrzunehmen wa r f ) , und Leve l i n g erwähnt eines ähnlichen
Falles f f ) . — Das allerneueste Beyspiel einer angebor-
nen gänzlichen Haarlosigkeit erzählt der Medicinal-Rath Steim-
n i g f f f ) von zwey Judenkindern, die bey ihrer Geburt bloss
*) Medicinisclie, chirurgische u n d anatomische Wahrnehmungen. Rostock
1753.
**) S t a r k ’s Archiv für die Geburtshülfe Bd. IV. p. 68^.
***) I. 250.
*¥**) Transactions of a Society for th e improvement of medical and su rgical
Knowledge. Vol. I I. 1800.
f ) A s k l e p i e i o n Jahrg. 1812. März. 3tes Heft.
-|f) H a l l e r ’s Grundriss der Physiologie. Erlangen 1795. 8. ls te r Theil.
Note 325. p. 38^.
■jff) F r o r i e p ’s Notitzen. 26stcr Bd. N. It.