
Gründen erscheint der Weiberbart beym Aufhören der monatlichen
Reinigung in den climacterischen Jahren; auf diese
Art erklärt es sich auch, warum die zurückgehaltene Menstruation
so günstig auf die Haarproduction wirkt u. dgl. m.
— Was übrigens der Schöpfer noch weiter dabey beabsichtigte,
wer wagt es, diess zu ergründen?
c) Es gibt auch Molen, die aus blossen Haaren bestehen.
d) Einst war es Sitte, den Scheintodten die Schamhaare auszuraufen,
um sie wieder ins Leben zu rufen.
e) Ich lese, dass man sich da und dort auch eines Büschels
Haare bedient hat, um durch Reitzung der Kehle Erbrechen
zu erregen.
f) Auch zu abergläubischen Handlungen wurden die Haare verwendet.
So vermischte eine gewisse fTi t ia, welche sich ihren
Mann vom Leibe schaffen wollte, einige seiner Kopfhaare
mit einem aus Wachs verfertigten Priapus, steckte diesen
an den Spiess, und siehe da, je mehr die Figur am Feuer
schmolz, desto mehr nahm der Gemahl an Kräften ab, bis
er endlich an der Auszehrung starb *)!.
g) Der Graf von Sal is erstickte sich zu Paris in Ermanglung
anderer Mittel durch ein langes Kopfhaar, welches er verschluckt
hatte.
h) Wenn die Haare leicht ausgehen, z. B. nach Vergiftungen
durch narkotische Mittel, so ist diess ein Zeichen, dass die
Fäulniss im Blute schon begonnen hat.
i) Ueber den Consens, in welchem die Haare unter sich stehen,
lese ich in Ba r t h o l i n ’s seltsamen anatomischen Geschichten**}:
„Quamquam pili nec vivant, nec vivenlis corporis
more alantur, singulärem tarnen inter se alunt consensum, sym-
pathia mirabili, cjuae omnibus cognato genere intercedit.u Darauf
erzählt er zur Bestätigung des Gesagten folgende Geschichte
: »Bey einer Hiebwunde am Kopfe eines Mannes war
auch ein Stückchen Haut mit Haaren abgehauen worden. Als
die Wunde geheilt war, behielt der Mann jenes Hautstück
mit Haaren auf seinem Kopfe. Im Alter, als der übrigens
gesunde Kopf kahl und weiss zu werden anfing, trocknete
auch dieses Hautstück, welches in einer Blase eingeschlossen
war, aus, und bekam weisse Haare, ja wurde zuletzt auch
*) Y a l e n t i n i nov. med. legal, Cas. 51.
**) H ü to r, anat. rarior. Centur. 1. hist, Hl.
kahl (!?) — Unter dem gemeinen Volke herrscht noch der
Wahn, die Magier oder Hexenmeister könnten einen Lebenden,
dessen abgeschnittene Haare sie besitzen, mit Krankheiten
belästigen; daher vergrabt es seine Haare und Nägel
in manchen Gegenden sorgfältig, und überlasst sie Niemand,
k) F r. Cu vi e r las am 8* October 1827 der Akademie der
Wissenschaften zu Paris eine Abhandlung über die Bi l d un g
d e r Haare vor, worin er zu Folge seiner neuesten Beobachtungen
zeigte, dass die Bildung der Federn ganz anders vermittelt
werde, und weit verwickelter sey, als jene der Haare.
_ Zwischen den Stacheln und Federn, sagt er, besteht
eine vollkommene Analogie, die einen und die andern entspringen
aus gleichen Organen, und sind denselben Gesetzen
des Wachsthums unterworfen; bey beyden wird die
Hornsubstanz durch die Membran einer Scheide und die
schwammige Substanz durch die Oberfläche einer Zwiebel
erzeugt. Das Wachsthum beyder Substanzen ist eine Folge
des Wachsthums der genannten Organe selbst. Auch werden
beyde in einer wirklichen Form (Model) gebildet. —
Die Haare sind nach ihm kein wesentlicher Theil der Haut,
sie besitzen ein spezielles Princip der Existenz, und gehören
zu einem System von Organen, welches manchmal eben so
merkwürdig durch seine Complication, als durch seine Entwicklung
ist. Dieses System kann sich mit der Haut vereinigen
, und in verschiedenen Punkten an ihrer Substanz entwickeln;
aber selbst dann verschmilzt es nicht mit der Haut,
sondern behält seine eigenthümiiche Beschaffenheit. — C u-
vi e r folgert hieraus, dass bis auf den heutigen Tag die
Haare bey unsern Classificationsmethoden nicht den Rang
eingenommen haben, der ihnen gebührt. Er betrachtet das
organische System, welches die Haare erzeugt, als analog
mit demjenigen der Sinne, und selbst als einen Theil derselben;
denn die Haare sind für eine sehr grosse Menge von
Thieren ein sehr feines Tastorgan etc. *) — W as den Unterschied
der Haare und Federn anbelangt, so wird man aus
meinen frühem Aeusserungen erkennen, dass sie mit denen
von Cu vi e r übereinstimmen; anders ist es in Bezug auf
das Verhältniss, in welches er Stacheln und Federn zu einander
setzt. Nach meiner Meinung zeigt der Stachel weit
Siehe F r o r i e p ’s Notiz. 19* Bd, Nr* 4*