
Di eme r b r o e k * ) leitet die Dicke der Haare a) von
dem Durchmesser der Poren, durch welche sie gehen, und
b) vom Ueberlluss oder Mangel der Materie h e r, aus welcher
das Haar gebildet wird. —
In der schon oben §. 115 angegebenen Definition von Weichheit
und Härte u. s. f. liegt grösstentheils auch der Grund,
auf welchem diese Eigenschaften beruhen. So hängt die
Weichheit, Biegsamkeit, Sprödigkeit, Rauheit und Stärke
ganz besonders von dem Verhältniss der festen zu den flüssigen
Theilen des Haares ab. Eben so ist es auch mit dem
Glanze; denn ein Haar ist um so glänzender, je grösser die
Menge der Haarsalbe ist, die es oberflächlich absetzt; diese
ist aber um so grösser, in je reichlichem Masse die Flüssigkeiten
im Innern des Haars vorhanden sind, vorausgesetzt,
dass sie das Normalverhältniss nicht überschreiten. Dass übrigens
auch die Haut, und namentlich ihre Poren einigen Einfluss
auf die angegebenen Eigenschaften der Haare haben,
gebe ich gerne zu. Was die Lebensart und Nahrungsmittel in
dieser Hinsicht betrifft, so soll in dem pathologischen und
therapeutischen Theil das Nöthige nachgetragen werden.
A nme r k u n g . Rückslchtlich der F e in h e it dpr Haare sagt B u r d a c h * * *)
dass selbe vorzüglich durch den Yater dps Individuums bestimmt
werde, indem man das Haar unsrer einheimischen Ziegen und
Schafe durch Angorabpcke u n d Merinowidder ungleich mehr veredeln
k ö n n e , als durch die weiblichen Individuen dieser Rasse,
und dass das Haar des Bastards von Bär und Hündinn dem dps
Yaters glich.
§. 131.
Farbe des Haars.
In keiner Rücksicht sind wohl die Haare häufiger besprochen
worden, als in Bezug auf ihre Farbe, und dennoch —
ich bekenne es frey — liegt uns der eigentliche Grund der
verschiedenen Haarfarben noch immer sehr ferne. Ich will daher
wieder die manichfaltigen Hypothesen über das# färbende
Princip der Haare in chronologischer Ordnung angeben:
*) A. a. O. P. 481.
D*c Physiologie als Erfahrungswissenschaft. I. Bd. p. 523.
In den ältesten Zeiten der Arzneykunde^wo man noch keine
eigentliche Chemie kannte, leitete man die Farbe der Haare von
den allgemeinen Säften des Körpers, und von den Dünsten
her, welche durch die Haare aus dem Körper entweichen sollten.
So sagt uns Hi ppocr a t e s : „Quälern humorem caro attra-
xerit, swe album, siveßavum, talem etiam colorem capillus im-
buit*).“ A r i s t o t e l e s läugnet, dass die Farbe der Haare mit
jener der Haut so wie bey den Thieren übereinstimme : „Causa
colorum in animalbus cutis est, ul in homine cutis nulla causa
est: qui enim albi sunt admodum, nigros habent capillos; causa
est, quod homo omnium tenuissimam cuiim habeat proporliorie
magnitudinis**).“ — Gaienus sagt: „Fit autem niger pilus,
cum deuslo ui caloris vapore exerementum in exactam fuliginem
mutatur ; flavus vero-, cum vapor minus torretur, quippe quod,
dum est impactum, ßavae bilis non nigrae ßaeculentum excremen-^
tum est. Albus vero pilus ex pituila nascitur, rursus sicuti coloris
flavi albique est médius, sic ejus generatio ex pituitosae bi-
tiosaeque faecis media quadam natura provenit.“ Ma l p i g h i
leitet die Farbe des Haars von der Beschaffenheit des in ihm
enthaltenen Saftes her, und sagt: „Diversimode colorantur con-
tento in fistulis succo, quin et eodem déficiente, vel saltem luxuriante
aèreo fiuido, cani et subalbi redduntur. Cum enim fi-
stuîae et fierrumineus succus diaphaneitate polleant, si contentus
humor luminis progressum impediat, et varie reflectat, colorantur
pili; si autem liber lumini transitus permittitur, subalbus suc-
cedit color. In pilo nigrp succus contentus cinereus est, et in
exlremitate, ubi color tubulosi caulis cinereus est, contentus succus
albescit. — Mo rgagn i stimmt in diesem Punkte den Ansichten
seines Landsmannes bey. D i e m e r b r o e k * ) folgt
grösstentheils der alten G a le n ’schen Theorie, und leitet die
verschiedene Farbe der Haare von der Verschiedenheit der
Säfte, welche demjenigen Safte beygemischt werden, der das
Haar ernährt, her. Daher entstehen auch die weissen Haare aus
der Pituita, die schwarzen aus den Fuliginibus exustis, die ro-
then aus der gelben Galle, und die gelben aus der Vermischung
der heyden letztem.
*) De natura pueri.
**) Arial. 5. gen. an. 3. et 3. Hist. II. et 2- gen. an. 6,
***) A. a. O. p. 481.