
Verlust seiner Haare nicht empfindlich fallen würde; im
Gegentheil zeigt sich diess wirklich bey einigen unserer
Hausthiere, z. B. bey den Gänsen, welche zu kränkeln
anfangen und mager werden, wenn man sie stark rupft,
(wesshalb es denn auch eine Hauptregel für die Mästung
dieser Thiere ist, sie während der Periode-nie zu rupfen.)
Dasselbe gilt auch von den Schafen und anderen
Thieren. Wie tief das Mausern der Vögel, ja selbst das
Hären der Pferde, Hunde und anderer Thiere, in den ganzen
Lebensprocess derselben eingreift, und dass es immer
einen Schwächungszustand mit sich führt lehrt die
tägliche Erfahrung zur Genüge. Ich bin demnach der
Meinung, dass der Mensch von der Natur nicht angewiesen
sey, seine Haare so oft, und am allerwenigsten
so kurz, als wir es zu thun pflegen, abzuschneiden,
sondern sie am Kopfe auf dieselbe Art ihrem Wachs-
tliume ganz zu überlassen, wie diess an andern Thei-
len zu geschehen pflegt. — Würde dieses letztere befolgt,
so würde die Natur nicht gezwungen werden, einerseits
einen Theil ihrer Kraft und Materie unnöthigerweise
zur fortwährend gesteigerten Bildung der Haare zu ver-
- wenden, und andererseits die geeigneten Stoffe in verhält-
nissmässig zu geringer Menge an die Aussenwelt abzugeben
; d. h. mit andern Worten, sich auf eigene Kosten zu
schwächen, und die bestimmten Auswurfsstoffe gegen das
Gesetz der Natur so zu sagen, zurück zu halten. _Denn
wenn es wahr ist, woran übrigens Niemand zweifelt, dass
die Haare ausdünsten, so muss auch angenommen werden
, dass für das Wie und Wieviel dieser Ausdünstung
von der Natur eine gewisse Regel gesetzt sey. Abstrahiren
wir nun von dem erstem, so kann man in Bezug auf das
quantitative Verhältniss dieser Ausdünstungsmaterie behaupten,
dass es mit dem ungehinderten Fortwachsen der
Haare bis auf ihren höchsten Punct in geradem, mit dem
öfteren Abschneiden aber im ungekehrten Verhältnisse stehen.
Diess wird jedem einleuchten, welcher weiss, dass
das Haar an seiner ganzen Oberfläche, und daher um
so mehr ausdünstet, je grösser diese, oder mit andern
Worten, je länger das Haar ist. Wer daran noch zweifelt,
der überzeuge sich im täglichen Leben, und er wird
finden, dass dick - und langhaarige Menschen viel mehr
am Kopfe ausdünsten, als geschorne oder beschnittene.
Wir pflegen mit Recht einen so grossen Werth auf die regelrichtig
von Statten gehende Hautausdünstung, und
überhaupt auf alle Excretionen zu legen, und fürchten uns
^ so sehr vor dem Schaden der unausbleiblich aus ihrer
Beeinträchtigung erwächst. Warum soll diess nicht auch
auf die Haarausdünstung angewendet werden?
4) Dieser wahrlich nicht unwichtigen Ausdünstung an der
Oberfläche der Haare geht aber auch eine nicht weniger
zu beachtende, entsprechende Einsaugung parallel, ja ich
habe sogar die Behauptung auszusprechen gewagt, dass
man in diesem organischen Wechselverhältniss, in dieser
polaren Thätigkeit zum Theil Spuren des Hautathmungs-
processes finde, indem auch hier durch Aufnahme des
Sauerstoffs, des Wassers, und der Electricität aus der Atmosphäre,
und durch Zurückgabe brennstoffiger, namentlich
aber kohlenstoffiger Substanzen aus dem Innern des
Körpers an diese, jener wichtige Process zum Theil befördert
und unterhalten werde, welchen man das Ath-
men der Thiere nennt. Da nun aber auch die Einsaugung
qualitativ und noch mehr quantätiv von der Ausdehnung
der einsaugenden Oberfläche abhängt und bedingt ist, so
leuchtet von selbst ein, dass das öftere Abschneiden der
Haare auch dieser Function einen bedeutenden Eintrag
thue. — Dasselbe gilt endlich
5) Auch von der nicht zu übersehenden Beziehung, in welcher
die Haare zu der Electricität der Luft sowohl, als
auch des eigenen Körpers stehen; so dass dem zu Folge
geradezu behauptet werden kann, d a s ö f t e reA b s oh n e i -
d e n der Haa r e sey a l l e n ihren, von der Na t u r
a n g e z e i g t e n F u n c t i o n e n n i c h t a l l e i n h i n d e r l
ich, s o n d e r n a u c h g e r a d e z u e n t g e g e n , und
d e s s h a l b po s i t i v schädl i ch.
So befremdend diese Behauptung auch immerhin Manchem
Vorkommen mag, so findet sie doch, unbestreitbar
in der Erfahrung ihrer Stütze. Um dieses zu beweisen, müssen
wir das Leben von einer grossen Anzahl von Menschen,
welche das Wachsthum ihrer Haare der Natur überliessen,
mit dem Leben Anderer vergleichen, die sich nach unserer
Gewohnheit die Haare schneiden liessen, um daraus abzunehmen,
dass letztere mit diesem oder jenem, oder mit
Eble’s Lehre von d, Haaren. II, Bd, 2 5