
gen schweigen hierüber ganz. — Dass Galen mit vielen seiner
Nachfolger Unrecht hatte, wenn er sich durch das Woll-
haar der Neger zu dem Schlüsse verleiten liess: dass die Wärme
die Hauptursache der Kräuselung sey, erhellet schon daraus,
dass die meisten Südländer, und namentlich jene, welche
noch heissere Gegenden als die Mohren bewohnen, lange und
wenig oder gar keine gekräuselte Haare haben.
Auch ich bin geneigt, Ma l p i g h i ’s Ansichten eher zu
folgen, als denen von Gl isson, und kann letzterem schon um
desswillen nicht beystimmen, weil es auch viele Menschen ,
und namentlich zarte Kinder gibt, die trotz ihrer feinen Haut
recht stark gekrauste Haare besitzen. Auch ist das Fell der
Schafe lange nicht so straff, als das vieler anderer Thiere, welche
stets gerade Haare tragen. — Es scheint mir demnach der
sicherste Weg zur Erklärung zu seyn, wenn wir von den Ursachen
ausgehen, die unter unsern Augen eine momentane oder
vorübergehende Kräuselung herbeyführen. Diess geschieht
nun offenbar durch die Einwirkung der Wärme, welche die natürliche
Trockenheit des Haares noch vermehrt, und dieses daher
auf die nämliche Art zur Krümmung nöthigt, als die vegetabilische
Faser, und die aus ihr verfertigten Geräthe nach
vorangegangener Anfeuchtung sich zu krümmen anfangen,
wenn ihnen die Feuchtigkeit wieder entzogen wird. Hierbey
darf jedoch nicht übersehen werden, dass diese Wärme nur auf
die Haare einwirken, und dass durch dieselbe nicht zugleich eine
Erhitzung der Haut, oder wohl gar Schweiss erzeugt werden
dürfe; denn sonst müsste jeder, der sich im hohen Sommer
den Sonnenstrahlen aussetzt, krause Haare bekommen, wovon wir
doch gerade das Gegentheil, und zwar darum bemerken, weil
auf solche Art die Kopfhaut in Schweiss geräth, und die Haupthaare
statt ausgetrocknet, vielmehr nässer werden. — Ueber-
diess gibt es noch ein anderes Verhältniss, wo gleichsam durch
entgegengesetzte Ursachen Kräuselung erzeugt wird. Es geschieht
nämlich, dass das schlichte Haar, wenn es lange einer
trockenen Luft ausgesetzt war, und dann schnell in eine feuchte
kommt, sich etwas kräuselt. Da diess jedoch nur bey zugleich
kalter Luft beobachtet wird, so lässt es sich auch dadurch erklären
, dass das schlichte Haar unter solchen Verhältnissen
schnell von der Feuchtigkeit der Luft in sich aufnimmt, und
so mit jener durch die Einwirkung der Kälte (z. B. bey einem
Reif in kalten Herbst- und Wintertagen) so zu sagen erstarrt,
also zusammengezogen und gekrümmt wird. Dass übrigens
auch der Austritt des Haars aus der Haut, und diese selbst nach
Verschiedenheit ihrer Straffheit und Stärke einigen Einfluss auf
da* Gerade- oder Gekraustseyn der Haare ausübt, mag ich
wohl zugeben, nur bin ich nicht im Stande, diesen näher zu
bestimmen.
§. 130.
Weichhei t und Härte, Biegsamkeit und
Sprödigkeit der Haare.
Ueber die Ursachen der Weichheit und Härte, Biegsamkeit
und Sprödigkeit, Glätte und Rauhigkeit, Dicke und Dünnheit,
Schwäche und Stärke der Haare, sind ebenfalls wieder
verschiedene Meinungen aufgestellt worden. Der grosse griechische
Philosoph schreibt die B i e g s a m k e i t 1. der Beschaffenheit
der Haut, und 2. der Temperatur des Klima bey, und
sagt, dass die We i c h h e i t und Bi e g s amk e i t mit der dicken,
fetten und saftreichen Haut, so wie mit einem gemässigten
Klima in geradem Verhältniss stehe: y>Ex crassa cute du-
riores et crassioreß, ex tenui tenues, ex rariore et crassiore crassi
gignuntur pili pröpter copiam portionis terreae, et meatuum laxita-
iem: si spissior sit, licet crcissiov cutis exist a t, tenuiores exeunt
propler meatuum angusiiam« *). — An einem andern Orte sagt
er: »Eine reichlichere Nahrung stärkt das zartere Haar, und
erweicht das steife. Das gerade Haar ist weich, das krause
fest: molles sunt, qui promissi sunt, et crispi duriores sunt
rectis.« **).
Ueber die Dicke der Haare sagt Ga l e n : y>Boni vero in-
crementi et modice crassi sunt propter excrementorum, quibus alun-
tur, copiam«.***). — T h oma s Bar t h o l i n nimmt hier auf
die Beschaffenheit der Haut und der Flüssigkeit oder der Säfte
des Körpers zugleich Rücksicht: »Pro ralione cutis vel crassae
i>el tenuis, rarae vel densae, humoris copiosi vel pauci, caloris de-
bilis vel forlis fiunt pili crassi vel tenues, duri vel molles, copiosi
vel non copiosi etc.« ****).
*) Ar i s t o t. 5, gen. an. 3. et A r i s tot . 3. hist. 10.
**) A r i s t o t . 3. hist. an. 10.
***) De teraperaraent. De general, pilorum. Sect. I. cap. 5.
****) Ilisto ria r, anal, rarior.