
seiner schönen Haare *). Das Gesetz verbot den jüdischen
V Haar\ U" bed eck t tragen, weil man von nichts
mehr Verführung befürchtete, als von dem Beize schöner
Haare. Daher war es zugleich eine Lockung für viele eitle
Weiber zum Christenthum überzugehen, wo sie ihr Haar wie-
der unbedeckt tragen durften, obschon der heil. Pau l u s
sagt *- ) ; „Jeder Mann, der mit bedecktem Haupte bethet
entehrt sein Haupt; jede Frau hingegen, die mit unverschley-
ertem Haupte bethet, beschimpft ihr Haupt. Das lange Haar
sey des Weibes Zierde, weil das Haar ihr statt eines Schleyers
gegeben .st‘ Auch musste bey den J u d e n der Hohepriester
den Abend vor dem Sabbath, der König aber alle Tage
die Haupt- und Barthaare abscheeren.
• r rAUClL.!le^ den hör n e r n war das Abschneiden der Haare
in Trauerfallen im Gebrauch. So bejammert die C a n a c e
dass sie nicht ,m Stande gewesen sey, ihre Haare auf das Grab
ihres Geliebten zu tragen***). Dass ein langes Haar auch bey
den Römern sehr in Achtung stand, sieht man aus vielen Stellen
ihrer vorzüglichsten Schriftsteller ****). Gaesa- Ti b e
rius Otho, Domi t ia n und Car a c a l l a mussten wegen ihrer
Glatze viele Spöttereyen erdulden, und letzterer machte
sich sehr lächerlich, als er bey der Leiche seines Lieblings
Fe s t u s das fremde, erborgte Haar, womit er seine Glatze
verbarg, in das Leichenfeuer warf. Recht sinnig vergleicht
vi f) die Haare mit dem Laub der Bäume, und den Blumen
des Feldes, indem er singt:
Turpe pecus mutilum, turpe est sine gramine campus,
Et sine fronde frutex, et sine crine caput.
Wie viel zu jener Zeit in Rom ein schöner Haarwuchs
gart, ist am besten aus der Elegie zu ersehen, welche Ovid
aut eine Schöne dichtete, die ihre Haare verloren hatte f f ) so
wie aus einer andern Stelle f f f ) , wo es heisst:
*) Sam. 14, 25, 26.
**) An dic Cor in t h e r H. cap. 5 und 15
) Ovid Heroid. Epist. II. — K i r c h ma n n de funeribus Romano-
rum. lib. 2. cap. 13.
***'-* Aeneid- 3’ «05. - P l u t . r c XVI. v 3t u. s. w. h , Numa 45. J u v e n i l . S.
t) Oe arte araandi, lib. III.
tt) Amor um lib. 1. Eleg. XIV.
t t t ) Oden 2. Buch. 12. Od.
Num tu, quae tenuit dwes Achaemenes,
Aut pinguis Plirygiae Mygdonias opes
Permutare velis crine Licymniae,
Plenas aut Arabum domos ?
So entstand schon damals das Abscheeren der Haare als
Strafe und Beschimpfung. Nach demServius *) geschah das
Bescheeren der Knechte in dem Tempel der Feronia. Ein
Gleiches widerfuhr allen Sklaven, sowohl bey den Römern
selbst, als auch bey den von ihnen unterjochten Nationen,
und bey den alten Deutschen. Unter diesen letztem unterschieden
sich übrigens die S u e v e n vorzüglich durch ihre wohlgeordneten
Haare: „Sic Suevi a ceteris Germanis, sic Suevorum in-
genui a seruis, principes et ornatiorem capillum habent **). Als
Caesar die Gallier unterjochte, liess er ihnen die Haare abschneiden,
da sie vorher so lange Haare hatten, dass man vorzugsweise
Gallia comata schrieb. — Bey den Hi ndu s hat die
Witwe aus-den höhern Kasten, wenn sie nicht freywillig sterben
will, weder einen Antheil an der Erbschaft, noch darf
sie je wieder heirathen, mu ss sich d en Ko p f scheeren,
und ohne allen Schmuck einhergehen ***),
Im Anfang der f r ä n k i s c h e n Monarchie durften nur
Prinzen vom Geblüte lange Kopfhaare tragen , und diess war
so bestimmt, dass nach Einigen sogar die verschiedene Länge
oder Kürze der Haare die Stufen des Ranges unter den Menschen
bezeichnete. Gr e g o r von To u r s versichert, dass die
Franken bey ihrem zweyten Einfall in Gallien, also noch vor
der Errichtung ihrer Monarchie, sich in Brabant und in den
Umgebungen der Maas festsetzten, und sich Könige mit langen
Haaren (a longue chevelure) aus den edelsten Stämmen
erwählten. So sollen auch die Franken P h a r amu n d , den
Sohn von Ma r co mi r erwählt, und ihn mit dem Ausrufe:
„Ecce regem crinitum“ auf den Thron gesetzt haben. Auch
der König Cl o d i o n hatte den Beynamen: Le cheuelu, i. e.
crinitus; und der Leichnam von Clovis, einem Sohne von
Ch i l p e r i c h wurde durch seine langen Haare von dem Fischer
in der Marne erkannt. Gaudebaud machte sein Recht
*) Ad AeneiJem VIII,
**) Ta c i t u s de moribus Germanorum. XX.
***) J. HafnerV Landreise längs der Küste Or ixa und Kororaandel
auf der westlichen indischen Halbinsel. Aus dem Holländischen
übersetzt von F.F.Ehr r aann, Weimar 1809» II* Bd, 8. p. 38 — 42.