
mehreren Uebeln zugleich behaftet waren, von welchen er-
stere verschont blieben. In dieser Beziehung behauptet M a-
t h a e i *) dass die vielen blöden, schwachen und triefenden
Augen, der stinkende Ausfluss aus den Ohren, die geschwollenen
und entzündeten Drüsen am Halse, und überhaupt der
Zustand, den man gewöhnlich unter scrophulöser Anlage und
Scropheln selbst zusammenfasst, in dem von Jugend auf ge-
schornen Kopfe seine Ursache finde, und dass Ed .Ba r r y **)
mit Recht sehr dringend in der Atrophie der Kinder den ungehinderten
Haarwuchs empfehle, und daher das Abschneiden als
eben so nachtheilig verwerfe; dass ferner bey Kindern nach
den Gesetzen des Antagonismus durch das öftere Haarabschnei-
den die organische Ausbildung des Gehirnes leide,^und hierin
einer von den vielen Gründen zu suchen sey, warum so oft Tituskopf,
Brutuskopf und Dummkopf Synonymen sind.
In dem J ü n g l i n g s - noch mehr aber in dem Mann
e s a l t e r erträgt nach M a t h a e i’s Meinung der Körper
diese Operation zwar viel leichter; dennoch wäre es eigentlich
besser, sie nicht, oder wenigstens nie so zu unternehmen, dass
alle H aare auf einmal entfernt würden. Insbesondere leitet er
von dem Abschneiden eines, bisher Jahre lang gehegten und
gepflegten, langen Haares bis auf den Scheitel die traurigsten
Folgen: Epilepsie, Convulsionen mancherley Art, schlimme
Augen, Ausschlag im Gesicht, anhaltendes Kopfweh u. dgl.
her.
Nach A I be r s ***) ist das Haarabschneiden bey rauher
Witterung keine zu übersehende Gelegenheitsursache des
Croups.
Auch habe ich gelesen, dass ein Goldschläger, der sich
der Bequemlichkeit halber die Haare ganz abschnitt, und eine Perücke
trug, von dieser Zeit an kränkelte, und bald darauf
wassersüchtig starb; undP a u l i n i sah in Hessen eine Magd,
welcher man der vielen Läuse wegen die Haare abgeschnitten
hatte, und die gleich S imson dadurch alle Stärke verlor. —
S amu e l An h o r n sah vom Abschneiden der Haare eine
Speckgeschwulst auffallend wachsen.
*) H u f e l a n d ’s Journal 16ter Bd. 3tes Stück p. 84.
A treatise on tlie tree different Digestiones and discharges of the h u man
hody etc, Lond. 1759. p. 222.
***) Commentatio de tracheitide infantum.
Ehemals, als man den Soldaten bey den Regimentern
die Zöpfe abschnitt, klagten viele durch einige Wochen über
Migraine. Es ist daher der Rath unsers Herrn Oberstfeldarztes
und Hofraths Dr. I s f o r d i n k ’s wohl zu beherzigen, dass
einem Manne, der früher lange Haare trug, besonders im
Winter, selbe nicht mit einem Male geschnitten werden sollen,
weil diese von Jugend an gewöhnte stärkere Kopfbedeckung
selten ohne üble Folgen für die Gesundheit schnell entfernt
werden kann, um so mehr, da die jetzige Art der Kopfbedeckung
der Soldaten das Hinterhaupt meistens frey lässt *).
S c h l e g e l erzählt, dass die jüdischen Mädchen in P o h-
l en, so lange sie ihre in Zöpfe geflochtene Haare tragen, und
selbe Sommer und Winter nur wenig bedecken, gewöhnlich einer
guten Gesundheit geniessen; dagegen sogleich ein alterndes
Aussehen, Haemorrhoiden und viele andere besondere Krankheiten
bekommen, sobald sie sich nach ihrer Verheirathung
alle ihre Kopfhaare abscheeren lassen.
Auch unser grosser F r a n k gehört unter die würdigsten
Eiferer gegen die unsinnige Mode, den Kopf des Neugeboren,
oder kaum Jahre alten Kindes ohne alle Rücksicht dem Einflüsse
der atmosphärischen Luft, der Kälte u. s. w. Preis zu
geben, und ihn sogar seiner natürlichen Decke, seines eigentlichen
Schutzes schonungslos zu berauben.
Die Worte dieses erfahrnen Arztes sind zu ■wahr und eindringend,
als dass ich sie hier übergehen könnte: »Atqui tarnen
et ipsa natura nascentis pueri calvariam diutius quam bestia-
rum illam adpertam crinibus munivit; et tenera pullum per menses
sub alis maternis solliciie fovet avis; nec animal quodcunque in
sylvis tarn Jerum est, quin prolem, non modo fix natam, sed
jam Jirmo ingressu matris vestigia sequentem sinu proprio diutius
recondat, et anxie a quovis Jrigore custodiat. Quidni igilur hominis
pro longiore oila extensae magis injantiae subjecti caput bre-
viore indigeret custodia ? Nullam apud populum, quam apud brit-
tanicum, a quo hic proles suas adhuc teneras indistinctim quibus
cunque atmosphaerae injuriis nudo capite exponere consuevit, hy-
drops cerebri tarn frequens est, et nunquam in prima hominis
aetate tot mala calaariae, totque ad caput reteniiones tarn aquasas,
quam mucoso - lymphaticas observavimus, quam a quo tempore, in
frigidioris adeo coeli regionibus hos novos educationis physicae mo-
*) Militärische Gesundheitspolizey lte r Thl, p. 69 — 70.