
den sich auch in Hu f e l a n d s Macrobiotik. P i e r e r sagt daher
ganz richtig: »Derley Individuen realisiren die Fabel von der
Verjüngungsquelle. Im hohen Grade alt geworden, legen sie
die Zeichen des Alters ab , und scheinen durch einen retrograden
Gang der Dinge wieder jung zu werden.« Merkwürdig bleibt
es immer, dass auch bereits bleich gewordene Haare noch
wachsen, wie wir diess an den Bart- und am längsten aber an
den Augenbraunen, Wimpern, Nasen- und Fusshaaren,
alle Tage sehen können. Daher hat man das Bleich werden
der Haare mit Unrecht dem Tode derselben zugeschrieben,
denn was todt ist, kann doch wohl nicht mehr wachsen? Und
warum verändert der frühere und vorzeitige Tod nicht auch die
Farbe der Haare; warum macht überhaupt nicht jeder allgemeine
Tod sogleich bleiche Haare?
A n m e r k u n g 1. Es wurde schon o b en , als von der Farbe der Haare
überh au p t die Rede w a r, angedeutet, dass sie auch mit dem Alte
r im genauesten Verhältnisse stehe. Wirklich haben wir geseh
e n , dass die Haupthaare in der Periode der Kindheit durchaus
weit heller sind , als sie in spä tem Ja h ren werden, obgleich ausnahmsweise
manche auch von einer dunkeln Farbe in eine lich te
re übergehen. Alle übrigen Haare verdunkeln sich gleichfalls
im h o h em 'A lte r , bis sie dann wieder heller werden, erbleichen.
Bloss die Augenwimpern behalten auch in der Folge diejenige
F a rb e , welche sie gleich nach der Geburt h a tte n , und da die
Haupthaare meistens in der spä tem Zeit mit den Augenwimpern,
was die Farbe betrifft, übereinstimmen, so kann man nach J a h n
schon gleich nach der Geburt die künftige Farbe jener mit grosser
Wahrscheinlichke it Voraussagen.
A n m e r k u n g 2. Kastanienbraune Haare sollen im Alter zuweilen
perlweiss werden.
A n m e r k u n g 3. F ra u en verlieren zwar im Alter auch die bleichen
Haare, allein sie pflegen doch nie so kahl zu werden als
Mannspersonen. Die Meinung einiger Autoren iS dass die W e iber
gar nicht kahl werden, hat schon S ö m m e r r i n g widerlegt
in B a 1 d i n g e r ’s Jo u rn a l St. 2. p. 88. —■ ITebrigens ist es gewiss
sehr merkwürdig, dass am Kinn der Matrone neue Haare
wachsen, da sie an allen übrigen Theilen ausfallen; doch davon
spater. *)
*) Bu f f o n h i s t . nat, Tom. II. p. 388. A g r i p p a de nobilitate et prae-
cellentia etc., L o t t i c h de praestantia sexus feminei, im Gothaer
Hofkalender 1771.
§. 121.
Verschiedenhei t der Haare nach dem
Geschlechte.
Als Ge s c h l e c h t s v e r s c h i e d e n h e i t kann man vor
Allem die grössere Feinheit der weiblichen Haare, so wie auch
die grössere Länge des Haupthaares gegen jene des übrigen
Körpers betrachten. Mit der grossem Feinheit steht dann
auch die We i c h h e i t , Bi e g sam k e i t und Gl ä t t e derselben
im geraden Verhältniss. Auch sind die Haare des Mannes
stärker und straffer als jene des Weibes. — Was die Menge
betrifft, so ist doch im Ganzen das Weib weniger behaart als
der Mann, obgleich an keiner von jenen Stellen, wo sich Haare
beim Manne finden, selbe beym Weibe ganz fehlen, sondern
sogar rücksichtlich der Stärke, Menge und Länge an den einzelnen
Stellen ganz mit den Haaren des Mannes in gleicher
Proportion stehen, so zwar, dass die beym Manne stärker behaarten
Stellen auch beym Weibe mehr Haare besitzen als die
andern, und selbst da, wo der Mann einen Bart hat, das
Weib, so wie auch die Unbärtigen oder Verschnittenen mehr
und längere Haare als anderswo besitzen. Letzteres findet um so
ausgezeichneterStatt, wenn Unvollkommenheit der Geschlechtsfunction
und des Geschlechtsunterschiedes überhaupt zusammentrifft,
wie sich diess bey den Mannsweibern und Hermaphroditen
häufig gezeigt hat. In dem Verhältniss nämlich, als sich
die Zweydeutigkeit des Geschlechts mehr zum männlichen neigte,
waren auch jene Stellen behaarter, die es gewöhnlich beym
Manne sind. Dass es b ä r t i g e F r a u e n s p e r s o n e n von verschiedenem
Alter gegeben habe und noch gebe, kann nicht bezweifelt
werden. So wird schon in der Naturgeschichte des Ar i s
t o t e l e s von den Priesterinnen in Carien erzählt, dass sie
einen Bart am Kinn bekamen, und dass man diess für ein
Zeichen der Weissagungsgabe halte. Nach dem Zeugniss des
F a b r i c i u s ab Aq u a p e n d e n t e war zu seiner Zeit bey
den Buchhändlern das Bild einer Frau ausgehängt, deren ganzes
Gesicht voll Haare war, so dass sie vielmehr einem Manne
als einem Weibe gleich Vah. Die Insulanerinnen von Formosa
sollen ebenfalls einen Bart wie die Männer haben. —