
Die Neuern sind meist darüber einig, dass die Farbe der
Haare von der Beschaffenheit des Markes herrühre, und dass
überhaupt die innere Substanz des Haars dem M a lp ig h i’schen
Schleimnetze entspreche. Bi c h a t ist mit sich selbst in dieser
Hinsicht gar nicht zufrieden, und gesteht offenherzig, dass
wir der hinreichenden Aufschlüsse hierüber noch bedürfen 5
nach seiner Angabe wissen wir bloss, dass im Innern des Haars
ein färbender Stoff ist 5 ob er aber circuliere, oder, einmal
abgesetzt, sich nicht mehr, wie Flüssigkeiten bewege, wissen
wir nicht. — Die Chemiker halten bekanntlich das in den
Haaren enthaltene Oel für das färbende Princip. Ya u q u e l i n
glaubt, dass bey schwarzen Haaren, die ein fast bituminöses
Oel liefern, auch das schwefelsaure Eisen zur Färbung heytrage,
und dass die starke Farbe jener Oele, die in den rothen und
gelben Haaren enthalten sind, durch den Beytritt einer kleinen
Menge eines braunen Oels gemildert werde, und endlich, dass
die weisse Farbe von einem farhenlosen Oele und dem Mangel
an schwefelsaurem Eisen herrühre. Berzel ius aber leitet
die Farbe der Haare von dem Eyweiss und dem Färbestoff des
Bluts her, indem er zweifelt, dass das von Va u q u e l i n gefundene
Oel schon im Haar gewesen , und glaubt, dass es vielleicht
erst durch die Einwirkung des Alcohols entstanden sey*).
Früher glaubte man auch, dass die von der verschiedenen
Lage der Safttheilchen in den Haaren verursachte veränderte
Brechung der Lichtstrahlen die Verschiedenheit der Farbe erzeuge
, und stützte sich dabey auf denselben Erfolg von der
Zusammenziehung verschiedener Feuchtigkeiten. Nach R. u-
d o l p h i hängt die verschiedene Farbe bloss von dem Mehr
oder Weniger einer (nämlich derselben Horn-) Substanz ab,
wie die noch mehr verschiedenen Farben der Iris von dem
Mehr oder Weniger derselben Pigmente abhängen **). Sonst
hat man wohl auch die schwarze Farbe dem im Körper vorherrschenden
Sauerstoff, die dunkelschwarze aber dem Kohlenstoff
zugeschrieben, und die Haare für die Excretionsorgane
dieser zwey Stoffe angesehen **'*).
Der oft genannte Herr Professor Heus i nger lässt aber
*) Djurkemi 2. p. 271.
**) Physiologie 1. Bd. p. 158 — 59.
/ S a m u e l G. Voge l , v. d. diajjnost, Würde der Haare. A, a. O.
p. 272.
das ganze Haar aus dem Pigmentkügelchen entstehen, und
weicht in so fern von den andern Zeitgenossen ab, indem er
weder dem eigenthümlichen Oel die färbende Eigenschalt zuschreibt,
noch die Marksubstanz als den Sitz der Farbe angibt.
— So leitet er auch den Umstand, dass manche Tliiere
nach dem Hären im Herbste weisse Haare bekommen, die sich
erst im Frühjahre färben, daher, dass hier das Pigment während
des Winters in der Zwiebel liegen bleibe.
Sehr interessant sind die Gründe, welche Gaul t ier *)
für die Behauptung aufstellt: dass die Haarzwiebel das Organ
der färbenden Materie sey. Er sagt:
1) Die Haut ist überall gefärbt, wo Haarzwiebeln sind, und
desshalb mangeln diese auch in der flachen Hand und
Fusssohle. Diese Theile sind auch bey dem Neger nicht
schwarz.
2) Bey Individuen mit weissen Haaren, wo die färbende
Substanz in sehr geringer Menge vorhanden ist, zieht sie
sich vorzüglich auf die Haare.
3) Die färbende Substanz steht im umgekehrten Verhältniss
in der Haut und in den Haaren. Sie wird fast ganz zur Färbung
der langen Haare bey den weissen, und vorzüglich
bey den Frauenhaaren verwendet, während sie sich bey
der Wolle und dem kurzen Haar der Neger ganz auf dem
Ch orion der Haut ausbreitet.
4) Ga u l t i e r applicirte Visicatorien bey Negern, und sah
bald nach der Auflegung einer reitzenden Pomade die unmittelbare
Umgebung der Haaröffnungen sehr schwarz werden;
später zertheilte sich die Farbe strahlenförmig von
jedem der zahlreichen Punkte, wo sie entstanden war, vereinigte
sich mit jenen von den andern Haarzwiebeln, ahmte
so die Verknöcherung platter Knochen nach, und bildete
bald darauf nur ei ne sehr schwarze Oberfläche.
5) Le c a t beobachtete eine schwangere Frau, deren Haut
im Gesicht sehr schön schwarz wurde. Ihre Haupthaare waren
ebenfalls schwarz, zum Theil aber noch schwärzer,
und zwar reichte die schwarze Färbung dieser stärker gefärbten
Haare bis auf 1 — 2 Linien oberhalb der Wurzel.
*) A. a. O. und Recherches sur l’organisation de la peau de l’homme
et sur les causes de la Coloration 1809. p. 55.
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