
gessenheit geratlienen Heilmitteln neuerdings Gültigkeit zu verschaffen.
Uebrigens wünsche ich von Herzen, dass die Haare,
von dieser Seite durch geschickte Physiker einer genauem
Würdigung unterzogen würden, damit wir vielleicht die Art
der Electncität, und die nähern Bedingungen, unter welchen
sie mit unserm Körper in Conflict tritt, ausmitteln, und überhaupt
den wichtigen Antheil, welchen die Haare an diesem
Geschäfte haben, vollständiger kennen lernen.
II. Von den besondern Ver r i chtungöen der
Menschenhaare.
§• 136-
a) Sie dienen zur Bedeckung und zum Schulze gegen
äussere Einflüsse.
Das eigenthümliche Vorkommen der Haare bey den Säu-
gethieren, und namentlich bey solchen, die, im wilden Zustande
lebend, der rauhen Witterung und andern feindseligen Einflüssen
vorzugsweise ausgesetzt sind, hat die Menschen sehr
frühzeitig auf die Idee gebracht, dass, wie ich auch früher ausführlicher
bewiesen habe, die Natur diese Thiere offenbar dess-
halb mit einem so dichten Pelze versehen habe, um sie gegen
die genannten Einflüsse zu schützen; ferner, dass sich der
Mensch desselben bedienen könne, um die Härte des Klima
und der Jahrszeiten in Bezug auf seinen eigenen Körper zu
mildern; und endlich, dass auch ihm die Natur seine ursprüngliche
Kopfbedeckung zu demselben Zwecke verliehen habe.
Und so kam es denn auch, dass, wo immer der Nutzen der
Haare zur Sprache kam, dieser Punct stets zuerst erörtert
wurde. — Galen *) sagt in dieser Beziehung: »IVe operimento
quxdem muliebre genus eximio indigebat, quo frigus propellerel,
ut quod domi partem maximam se contineat. Capite tarnen co-
malo tegmenli gratia egebat.«
Die Frage, warum der Mensch weniger behaart sey, als
die Thiere, beantwortete schon F a b r i c i u s ab Aquapen-
d e n t e **) mit dem, dass er sich in seinen Wohnungen durch
*) De vsu partiöin a. a. O.
**) A. a. O.
angemessene Kleidung, und überhaupt durch einen zweckmässigen
Gebrauch seiner Geisteskräfte hinlänglich vor den Unbilden
der Witterung etc. schützen könne, was bey den Thie-
ren, die unter dem freyen Himmel zu leben gezwungen sind,
nicht möglich ist. Auch hat, nach der Meinung dieses Anatomen,
die Natur den Haaren desshalb eine runde Gestalt gegeben,
damit der Regen, Staub undSchweiss um so leichter an
ihnen fortgleite und abfalle. — Nach S p i e gel ius*) besteht
der Hauptnutzen des Haars darin, dass sie ±. die Haut, 2. das
Hirn gegen die äussern und innern Feindseligkeiten schützen.
Unter die ersten zählt e r : Luft, Regen und Hagel, und zwar
kann erstere durch zu grosse Kälte, Wärme, Feuchtigkeit und
Trockenheit, der Regen aber durch Nässe, und der Hagel
durch Erschütterung schaden. Gegen alles diess schützen aber
die Haare. Unter den innern Schädlichkeiten begreift er die
von den untern Theilen aufsteigenden Dünste, denen also
durch die Haare ein Ausweg verschafft wird. Selbst das Woll-
haar des Kindes im Mutterleibe glaubt Bo e r h a a v e von
der sorgfältigen Natur dazu bestimmt, um die Haut des Körpers
vor der Feuchtigkeit, worin das Kind so lange zu liegen
hat, einigermassen zu schützen.
Andr eas La u r e n t i u s ***) sagt in demselben Sinne,
dass beym Menschen der vordere Theil desshalb stärker mit
Haaren versehen sey, weil er als der edlere auch eines bessern
Schutzes bedurfte. Nach Andern sind denn auch die
Haupthaare ganz vorzüglich da, um das Gehirn, als das edelste
Organ, desto kräftiger zu schützen, und ihm namentlich
seine gehörige Temperatur, auf welche die Alten so viel Gewicht
zu legen pflegten, zu sichern. — Ba r t h o l i n ist sogar
der Meinung, dass die Haare das Gehirn auch vor der zu grossen
Hitze schützen, und dass eben desshalb das Haar der Aethio-
pen so dicht und verflochten sey, um diesem Dienste desto
besser vorstehen zu können. Noch andere setzten hinzu: weil
d er Mensc h das grös s t e Hi rn h a t , so h a t er auc h
die h ä u f i g s t e n Kop f h a a r e . — Selbst der grosse Hal ler
beschränkt den Nutzen der Haare auf Erwärmung des
Kopfs.
*) A. a. 0 . p. 369.
**) Praelection. acad. t7>m, 5. p. M9.