
bleibt längere Zeit auf der Mitte stehen, indem es den der
Wurzel nahgelegenen Theil noch verschont. Geschieht jedoch
das Gegentheil, d. i. werden die Haare manchmal an ihrer
Austrittsstelle weiss, während sie an der Spitze noch schwarz,
oder überhaupt gefärbt sind• so kommt diess meist daher,
dass in den Zwiebeln dieser Haare früher ein schwarzes oder
wie immer gefärbtes Pigment abgesondert wurde, welches
späterhin infolge einer Krankheit der secernirenden Parthie
entweder blässer gefärbt wurde, oder aber gar nicht in den
Schaft des Maars überging._
Das We s e n dieser Krankheit besteht also, wie das der
vorigen, in mangelhafter, oder gänzlich aufgehobener Absonderung
des färbenden Princips in den Haarzwiebeln.
§• 1Ö3-
Unter den e n t f e r n t e n Urs a c h e n muss ich zuerst der
e r b l i c h e n Anl age erwähnen, die sich oft sehr deutlich
ausspricht. Solche Beyspiele findet man bey Garmann *)
angeführt; auch Ludwi g H. R u t li n spricht von einer Ca-
nilies certis familiis geniilitia, Auch sollen Kinder, die von
greisenAeltern erzeugt sind, früher grau werden. — Ebenso
ist das Uebel nicht selten angeboren. So soll Numa Pom-
pi l iu s **) und nach Andern auch T a r q u i n i u s cam geboren,
und dem S en eca soll aus gleichem Grunde sein Name
gegeben worden seyn. So erzählt Ath. Ki r c h e r ***) dass
er in dem Spital zum heil, Geist zu Rom ein Mädchen von
14 Tagen gesehen habe, welches am ganzen Kopf und den
Augenbraunen weisse Haare hatte. Die Mutter hatte Ehebruch
begangen, und ihre Einbildungskraft war fortwährend
so beschäftigt mit dem grauen Haare ihres eigentlichen Gemahls,
weil sie sich fürchtete von ihm überrascht zu werden,
dass sich dieser Eindruck sogar auf das erzeugte Kind fortpflanzte,
und in seiner eigenthümlichen Haarfarbe nachwies._
Ein ähnlicher, noch merkwürdigerer fa ll ist der schon angeführte,
wo einst eine Frau ein Kind geboren haben soll,
welches einen schneeweissen Bart hatte. Als Ursache dessen
gab man an, dass die schwangere Frau einmal beym Einsei*)
A. a. O. §. 99.
**) V i r g i l . Aeneid. 1. 6. p. ra, 560.
***) L. 3. mund. magnet, p. 7*. c. 7. p. 569.
len ihres Mannes heftig erschreckt worden sey. — Auch
S c h e n k erwähnt einer ähnlichen Geschichte.
Unter den G e 1 ege nh ei t s u r sachen zum frühzeitigen
Erbleichen zeichnen sich vorzüglich gewisse Krankheiten aus:
Langdauernder, oder sehr oft wiederkehrender heftiger Kopfschmerz,
die weisse Lepra, manchmal auch der Kopf-Grind,
beträchtliche Haemorrhagien, Syphilis, Melancholie, der Sonnenstich,
gewisse Fieber, schweres Wochenbett, öfteres Waschen
der Haare mit kaltem Wasser und Kölnerwasser, der Gebrauch
geistiger Haarwasser überhaupt, ferner des Brenneisens
u. dgl. m. Dass auch der Wasserkopf die Haare bleiche, hat
O s i ander * ) bey einem zweyjährigen Kinde beobachtet, welches
mit schwarzen Haaren geboren war.
Am häufigsten ist jedoch das oft ganz p 1 ö t z 1 i ch e E r gra
uen der Ha a r e du r c h Gemüths a f f e c t e und L e i d
e n s c h a f t e n , namentlich durch Schreck, Furcht, und
jedoch seltener durch Zorn. Ich will von diesen nur wenige Beyspiele
anführen: Die Haare des berühmten englischen Kanzlers
Th oma s Moru s wurden in einer Nacht bleich, als
man ihm sein Todesurtheil angekündigt hatte. — A n d r e a s
L i b av kannte eine Frau, die in eine Wolfsgrube fiel, in
welcher ein Fuchs und ein Wolf war; sie wurde noch in derselben
Nacht ganz grau. — Thoma s C amp a n e l l a sah einen
Mönch zu Rom, Namens Ub i p e r t u s , der zum Bischof
von Ratzeburg erlesen, aber noch zu jung war, um die Bestätigung
zu erhalten. Er machte sich also auf den Weg nach
Rom, um die Dispens zu erhalten, wurde jedoch vom Papste
abgewiesen, und ergraute aus Aerger in einer Nacht so zwar,
dass ihn der Papst des andern Tages nicht mehr erkannte, und
ihn sonach dennoch zum Bischof machte, v*qtiem evidenti signo
deus probasset!«
Kaiser Ludwi g der Baier verurtheilte seine eigene
Frau zum Tode, und ergraute in der folgenden Nacht aus
Gewissensangst. -*■ H a d r i a n J u n i u s erzählt die Geschichte
eines Spaniers, Namens Di d ac u s, welcher, da er wegen Lie-
beshändel und gebrochenen Klostergelübdes zum Tode verur-
theilt wurde, schnell so erbleichte, dass der König F e r d i nand
ihm sodann aus Mitleid das Leben schenkte.
E[)igr. in divers, res Musei sui anat. etc, Edit. all. Gotting. 1814.