
ihre frühere Farbe. Endlich war man so glücklich, die
Krämpfe zu heben, aber die Entfärbung spottete für immer
aller angewandter Mittel.
So kannte auch S i n i b a l d einen 20jährigen Jüngling,
der durch Excesse in der Liebe ganz grau geworden war.
S. G. Vo g e l gibt an, dass Leute, die sich mit Auflösung
einer schweren Rechnung mehrere Tage beschäftigten,
graue Haare bekamen, die zum Theil ausfielen.
Ich bemerke unter den an unsrer Akademie Studierenden
verhältnissmässig sehr viele, bey welchen sich ihre Anstrengungen
und wohl auch ihre Sorgen, entweder durch Ausfallen
oder durch Grauwerden der Haare offenbaren.
In wiefern manche K r a n k hei len einen auffallenden Farbenwechsel
dieser Art hervorbringen, lehren folgendeBeyspiele:
Eine 66jährige Frau hatte ganz weisse, wie Glas durchsichtige
Haare, welche vier Tage vor ihrem Tode an der Lungenschwindsucht
schwarz wurden. Man fand bey genauer Untersuchung
die Haarwurzeln vergrössert, und mit Mark gleichsam
überladen (!!), die wenigen noch übrig gebliebenen weissen
Haare hatten dagegen kleinere, eingetrocknete Zwiebeln *).
Bei einer starken 46jährigen Frau wurden die kastanienbraunen
Haare nach äusserst heftigen Kopfschmerzen ganz
weiss, trocken und hart. Nebstbey stellten sich heftige Kopf-
schweisse ein. Sie liess die weissen Ha are abschneiden , und
trug eine Mütze. Dennoch wuchsen wieder weisse nach. Das
Aufhören der Menstruation im 48sten Jahre machte keinen
Unterschied. Nach einer kleinen Unordnung in der Verdauung
nahmen im Jahre 1822 (in ihrem 49sten Lebensjahre) die Haare
ihre ursprüngliche kastanienbraune Farbe wieder an , wurden
wieder geschmeidig und gehörig feucht. Auch blieb die Frau
von nun an ganz gesund **).
Oben wurde schon, besonders bey der Alopecia porriginosa
angegeben, dass die nach manchen Krankheiten ausgefallenen
Haare häufig wieder, aber von anderer Farbe, und sehr oft,
wie z. B. bey dem Kopf-Grind weiss gefärbt nachwachsen.
Dass durch ein schweres Wochenbett die blonden Haare
ausfielen, und schwarze an ihre Stelle, in einem andern Falle
*) Recueil périodique de la société de med. de Paris an. 7. n. 22.
**) L a v i l l e t e l l e in dem Bulletin de la société medicale d’émulation.
a Paris 1822. p. 59«
rothe hervorkamen, findet man im Dictionn. des sciences
medicales *) durch Beyspiele bestätigt.
Auch soll das ö f t e r eAu s r e i s s e n die Haare grau machen
, ein Kunstgriff, zu welchem Pferdehändler ihre Zuflucht
nehmen, um weisse Stellen und Snippen hervorzubringen.
Es ereignet sich wohl auch, dass einzelne Haare verschieden
gefärbt sind, oder dass sich ein Theil des behaarten Kopfes
weiss und der andere schwarz darstellt, wovon ich schon im
vorigen Paragraph Belege angeführt habe.
Sçhr oft weiss man jedoch g a r keine Ur s a c h e desEr-
grauens anzugeben.
Auf diese Art ist nun leicht einzusehen, warum man
das frühzeitige Grauwerden a) in ein erbliches, b) ange-
bornes, c) von vorausgegangenen Krankheiten, oder sonstigen,
auffallend-schädlichen Potenzen, und endlich d) in ein
von gar keiner in die Angen fällenden Ursache herzuleitendes
eingetheilt hat.
A n m e r k u n g 1. Die Haare, welche auf den Narben nachwachsen, haben
gewöhnlich kein Pigment, und sind daher bleich.
A n m e r k u n g 2. Auch die Chemiker sind über die U r s a c h e d e s
B l e i c h e n s eben so wenig e in ig , aU sie es mit dem färbenden
Prin c ip selbst sind. V a u q u e l i n drückt sich über die muthmass-
üchen Vorgänge beym schnellen Bleichen der Haare so aus: »II
faudroit supposer, que dans ces moments de crise , ou la nature
est en révolution , et en conséquent les fonctions naturelles sont
suspendues, ont changées de nature , il se developpoit dans l’eco-
nomie animale un agent, qui passant jusqu’aux cheveux, en décomposât
la matière' colorante. Les acides seuls m’en paroissent
capables.« E r glaubt a lso , dass in solchen Fällen eine Säure abgesondert
werde, welche das Pigment des Oels an g re ift, wogegen
beym gewöhnlichen Grauwerden der Greise jenes Oel bloss v e rschwinde.
Auch behauptet er nicht mit U n re c h t, dass z. B. im
Zorne bey Menschen und Thieren gewisse Säfte des Körpers bis
zur giftigen Eigenschaft verändert werden könnten. Aber trefflich
antwortete ihm P e t i t : »I c i l’e s p r i t s é g a r e , s’i l v e u t p é n
é t r e r d a n s lé s a n c t u a i r e de l a n a t u r e ! «
§. 164-
Die Vo r h e r s a g e richtet sich vorzüglich nach derZeit,
in welcher, und nach der Ursache, durch welche das frühzeitige
Ergrauen der Haare sich einstellte. In ersterer Beziehung
>) Tom XIII. p. 272.