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seiner durch Zucker gemilderten Säure ein sehr gutes
Mittel sey, um der Schlaffheit der Haut nachzuhelfen,
und so den Haaren einen festen Standpunct zu gehen.
5) Sind aber die Umstände von der Art* dass man die
Krankheit mit Grund von einem Ue b e r f l u s s a n F e t t
herleiten kann; so wird alles das den stärkern Nachwuchs
der Haare befördern, was der übermässigen Fetterzeugung
• entgegenwirkt. Unter den aus der speciellen Therapie
ohnehin bekannten Mitteln mache ich vorzüglich auf
lleissige Bewegung des Körpers, und sorgfältige Vermeidung
des allzuhäufigen, oder zu lange fortgesetzten Schlafes
aufmerksam; und da bekanntlich der Essig als ein
Specificum gegen die enorme Fetterzeugung angesehen
wird, so mag es immerhin gerathen seyn, nach dem Vorschlag
J a h n ’s Obstessig in dieParthie selbst einzureiben.
Doch wird mit allem diesem in den meisten Fällen wenig
ausgerichtet werden.
6) Was die Diät betrifft, welche in solchen Fällen nie zu
übersehen ist, so pflegt man auf den Genuss saftiger süsser
Gemüse und Obstarten, vorzüglich der Rüben und.
Birnen, ein besonderes Vertrauen desshalb zu legen, weil
man bey Pferden durch die Fütterung mit Möhren und
Pastinak, beym Rindvieh durch dasselbe Futter, ferner
durch süsse Aepfel, Birnen, Pflaumen u. dgl. einen schönen
Haarwuchs beobachtet haben will.
§. 158-
Ich halte es nicht für überflüssig, auch das noch kurz
anzuführen, was uns in dieser Beziehung das Alterthum hinterlassen
hat, weil ich überzeugt bin, dass man das Studium unsrer
alten Classiker heut zu Tag zu sehr vernachlässigt, und
daher manches Mittel für neu hält, was die Schlauheit aus
einem Folianten der Vorzeit genommen hat.
Unter die vorzüglichsten Schriftsteller, welche das Kapitel
der Älopecie, des Defluoii capillorum et pilorum u. s. W. eigends
und sogar mit besonderem Fleiss bearbeiteten, gehört vor allen
Galenus . Bey ihm finden wir alles aufgezeichnet, was
vor ihm Heras, Cr i to, Or e st inus , Cl e o p a t r a , Archi -
g e n e s , As c l e p i a d e s , Di o n y s i d o r u s und S o r a n u s
gegen diese Krankheit empfohlen haben. Und so wie in der
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ganzen Medicin, so diente er auch in diesen Kapiteln der Nachwelt
lange als Muster; daher darf man sich nicht wundern, in
den Werken von Aet ius, P is o, Or i b a s i u s , Se r a p i o n ,
Paul us Aegineta, Rhases, Celsus, Avi ce nna, Fore-
stus, V i l l a nuo v a , Ve la scus de Ta r a n t a , Piondele-
t ius , Ho l l e r i u s , Tr i n c a v e l i u s , S e n n e r t u s u . m. a.
G a le n ’sche Mittel wider das Haarausfallen zu finden. Ernannte
jene Arzneykörper, welche die nächste Ursache dieses Ue-
bels entfernen sollten, Metasjncritica *). Wenn die Haare noch
verdorben sind, so sollen sie entweder mit kleinen Zangen,
oder durch das Pflaster (Dropacismo) ausgerissen, oder die
ganze Parthie rasiert werden. Hierauf empfiehlt er sodann das
Waschen des Kopfes mit einer Lauge, in welche Capill. Vene-
ris, Polytrichum, Abrotanum und ähnliche Pflanzen gekocht
sind. Nach geschehener Waschung wird der Ort mit einem
nicht zu weichen, und nicht zu trocknen Tuche so lange gerieben,
bis die Haut anfängt, roth zu werden. Ist diess geschehen,
so werden erst die topischen Mittel angewandt: Sinapi,
Nasturtium, Radix lil. alborum, Semen erucae, Nilrum, Oleum lau-
rinum, Pix liquida, Sulphur, Pulvis et cinis abrotani, Radix cycla-
minis, hellebori, Semen slaphysagriae, Fimus columbinus, oder noch
schärfere: Thapsia und Euphorbium■ unter allen diesen muss
jedoch die auf die Individualität dessfalls berechnete Auswahl
getroffen werden.
Unter den zusammengesetzten Heilmitteln gegen die Alo-
pecie empfiehlt Galenus **)-vorzüglich folgende :
1. Rp- Pulveris fol. arundinis graecae ustor.
unc. semis
Erinacei usti drach. unam.
Muscerdae dr. duas.
Cum acelo trita illinc.
2. Rp- Pulv. cineris arundin. ust.
Pilor. caprae ustor.
Adianthi
Adipis ursini
Picis liquid.
Cedriae aa. partes aequales
Remedium admirabile.
*) Lib. 1. de corapos. medlcaraent. sec. loc. cap. 2. et lib. 1. 4. raelhod.
medicor. c. 1. 2.
**) Lib. 1, de comp. med. sec. loc. cap. 1.