
sehen gemein. Er wurde in seiner Jugend von einer säugenden
Bärinn gefangen, zu den Jungen gebracht, und von ihr
gleich diesen an ihren eigenen Brüsten gesäugt. _ Auch Linne’s
Pueri pyrenaici waren bekanntlich ganz behaart.
§• 124.
Kl imatische und nationale Verschiedenheit
der Menschen haare.
Ich komme jetzt auf eine der interessantesten Verschie-
denheiten der Haare, indem ich ihr Verhältniss zu den verschiedenen
Nationen des Erdbodens und zu dem Himmelsstrich,
welchen diese bewohnen, angeben werde. Der merkwürdigste
Unterschied der Haare m dieser beyderseitigen Rücksicht
gründet sich auf die F arbe derselben. Es wurde schon
bey den Thieren angeführt, dass es z. B. in den nördlichsten
Ländern keine schwarzen Pferde gibt, und dass die Eichhörnchen,
Hasen, Wieseln, und viele andere Thiere daselbst
weiss, dagegen in minder kalten Gegenden braun oder grau
sind. — So ist es nun auch, nur etwas weniger auffallend
beym Menschen, und Niemand wird daran zweifeln, dass die
Haare um so dunkler, je heisser, und um so lichter sind,
je kälter das Clima ist. In den allerkältesten Gegenden sollen
sie ganz weiss, bis zum 50ten Grade öfters gelb seyn. Doch
will man auch bis zum 14° gelbe Haare in Polynesia gefunden
haben*). So haben also die schwarzen und schwarzbraunen
Afrikaner schwarzes Haar, dessen Schwärze sogar die ihrer
Haut iibertrifft. Die gelblichen, bräunlichen, in gemässigten
Zonen lebenden Menschen haben meist dunkel - oder
schwarzbraunes, selbst auch schwarzes Haar; die weissen,
mehr nach Norden gelegenen Nationen haben gelbliche, röth-
liche, manchmal auch hellbraune Haare. So war das lange,
goldgelbe Haar der alten Deutschen eine bekannte nationale
Eigenthümlichkeit. Indessen gilt diese Regel nicht im allerstrengsten
Sinne, da man in kaltem Klimaten, z. B. im nördlichen
Deutschland, in Schweden u. s. w. auch viele Menschen
mit dunkelgefärbten Haaren, und im heissen Afrika
eben sowohl gelbhaarige Löwen, als im kalten Sibirien schwarz-
0 Voyage de terres aust, p. 36'h
braune Zobel antrifft. In wie fern übrigens die einzelnen Nationen
rücksichtlich ihrer Haarfarbe von einander abweichen,
will ich w'eiter unten ausführlicher angeben; indem ich jetzt
den Nalionalunterschied der Haare in Bezug auf ihre andern
Eigenschaften durchgehen werde. Wir kommen demgemäss
zuerst wieder auf die sogenannten behaarten Menschen und
Nationen zurück. Dass es ganze Nationen gegeben habe, die
durchaus stark behaart waren, wird billigermassen noch immer
bezweifelt. Aber Thatsache ist es, dass die Südländer
im Ganzen mehr behaart sind, als andere Nationen. Nach
Meiner s Geschichte der Menschheit ist überhaupt starker
Haarwuchs den Völkern vom tatarischen Stamme, so wie dagegen
ein schwacher Haarwuchs dem mongolischen eigen.
Insbesondere sagt Meiner s und B l ume n b a c h von den
Tungusen und Buräten, dass sie fast ganz kahl sind. Auch die
Ame r ikane r zeichnen sich durch dürftiges Haar aus. Unter
den Europäern finden wir nur relative Verschiedenheiten,
die nie constant einer einzelnen Nation anhängen. Auch bey
uns fehlt es nicht an Beyspielen von ganz haarigen Menschen.
Die stärkere oder schwächere Haarentwicklung muss noth-
wendig grösstentheils von allgemeinen Ursachen abhängen,
obgleich nicht zu läugnen ist, dass das bey manchen Völkern,
(z. B. den Mongolen und Amerikanern) übliche Ausreissen
der Haare an der Haut des Körpers nach und nach eine erbliche
Haarlosigkeit nach sich ziehen könne, wie auch Blume
n b a c h selbst glaubt. Dieselbe Gewohnheit kann auch
die anscheinende Bartlosigkeit mancher, besonders amerikanischer
Völkerschaften zur Folge haben*).
Unter den Europäern haben die meisten schlichtes und
langes Kopfhaar. Das kurze der Neger zeichnet sich insbesondere
durch seine Kräuselung aus. Es ist nämlich, wie
Sömmer ing**) angibt, wollartig und feiner, härtlicher,
elastischer, glänzender und kürzer, als das des Europäers.
Und doch ist bey neugebornen Negern das Kopfhaar keineswegs
kraus , sondern länglicht bis über die Stirne heruntergebogen.
— Man kann das wollige Haar nicht als allgemeines
Attribut der Südländer ansehen, denn es mangelt z. B. den
Bewohnern der Insel Otahaiti, der Marquesos-, Freundscliafts-
*) Me i n e r s Geschichte der Menschheit p. 5!f.
**) Verschiedenheiten des Negers vom Europäer *tc.