
§• 169.
d) Von der qual i tat iv abnormen Beschaffenheit
des Pigments in den Haaren.
Ich zähle hieher alle jene Haare, welche eine andere,
als die oben §. 118 aufgezählten natürlichen Farben an sich
tragen. Zwar habe ich ebendaselbst *) einige Beispiele von
für normal ausgegebenen g r ü n e n Haaren angeführt; allein
seit jener Zeit ist man der Meinung treu geblieben, dass alle
grün und blau gefärbten Haare nur b e j Leuten zu treffen
sind, welche an Metallen arbeiten, indem der Staub, welcher
sich von diesen Metallen an die Haare setzt, eine solche Veränderung
ihrer Farbe hervor bringt, Diess gilt namentlich von
den Haaren jener Leute, welche sich mit dem Verarbeiten
und Gewinnen des Kupfers beschäftigen, also bey Bergleuten
und Kupferschmieden; blaue Haupt- und Barthaare, ja selbst
blaue Augenbraunen trifft man hingegen bey Bergleuten, die
in Kobalt werken arbeiten; bläuliche, ins Grüne übergehende
Haare bey Messingdrahtmachern, vorzüglich dann, wenn sie
sich auch mit dem Zuspitzen messingener Nadeln beschäftigen.
Bey den Rothgiessern sollen die Haare ebenfalls grün
werden **). J a h n versichert, dass sich die weissen, gelben
und rothen Haare leichter und stärker auf solche Art färben,
als die braunen und schwarzen. Uebrigens ist es wichtig, zu
wissen, dass sich diese abnorme Färbung der Haare keineswegs
bloss auf die Oberfläche derselben beziehe, sondern dass
sie innig mit der ganzen Substanz der Haare vereinigt, und daher
äusserlich nicht abzuwaschen oder abzuschaben sey, ***).
Ca sp ar S c h o t t sah zu Rom ebenfalls einen grünen
Bart ****).
In therapeutischer Hinsicht lässt sich dagegen nichts, als
die Entfernung der Gelegenheitsursache, also die Wahl einer
andern Beschäftigung anrathen.
*) In der Anmerkung.
**) Ha n n a e i de capiliitio viridi observat. in den Miscellen* d. Nat.
curios, Dec. II. a. 7. Obs. 155.
***) Siehe weiter über grüne Haare bey B o r e l l u s C. II. Obs. 56. B a r t
h o l i n I. Epistol, 40. App. ad Ephemerid. 3X. C. Annus IV. Dec.
II. p. 203.
****) Cent. I. jocos. art, et i^atur. propos. 65. p. 59^
A n m e r k u n g . In heftigen G e lb sü ch ten will m an d ie H a are auch
g e l b gesehen h a b e n * ) . Dass die g rü n e F a rb e d e r K u p fe rg ie sse r
w irk lich vom aufgenommenen K u p fe r h e r rü h r e , beweiset L a n -
g i e r ’s V e rsuch, d e r in d en v o r A lte r weissen, ab e r zugleich d e u tlic
h g rü n lich en H a a ren eines 6 0 jäh rig en Kupfergiessers d u rc h S a lp
e te rsäu re K u p fe r ausziehen k o n n te **).
§. .170-
e) V o n d em F a r b e n w e c h s e l d e r Ha a r e ,
Es erübrigt jetzt noch den Punct zu berühren, dass normal
gefärbte Haare öfters ihre Farbe ändern, und mit einer
andern wechseln. So lese ich***) den Fall von einer Person,
deren von Natur weisse Haare jedesmal, wenn sie das Fieber
hatte, fahlroth wurden, und nach geendigtem Fieber wieder
ihre vorige Farbe erhielten. — Eine (56jährige Frau hatte ganz
weisse, wie Glas durchsichtige Haare, welche vier Tage vor ihrem
Tode an der Lungenschwindsucht schwarz wurden. Bey
der Zergliederung fand man die Haarwurzeln sehr gross, und
von dem Mark der Haare gleichsam überladen (??). Die einzelnen,
hie und da noch Vorgefundenen weissen Haare hatten
kleinere, gleichsam eingetrocknete Zwiebel ohne allesMark****).
Gl i sson kannte einen Menschen, dessen Haare während
einer langen’, mit vielem Regenwetter verbundenen Reise weiss
wurden; nach vollendeter Reise aber, und nachdem der Körper
durch einige Zeit wieder gestärkt war, ihre vorige Farbe
wieder bekamen.
Ich habe schon früher einige Fälle erzählt, in welchen
die Haare in und nach Krankheiten ihre Farbe veränderten.
Ein Prediger kränkelte lange; in einer Nacht verlor der Kranke
im Schlaf den Bart, die Augenbraunen, Augenwimpern,
kurz alle Haare auf dem ganzen Leibe. Alle jungen Haare, die
wieder hervorsprossten, waren, statt schwarz, blendend weiss.
Auch ist eine Krankengeschichte •{■) angeführt, in welcher
*) R i e d l i n i lineae medicae ann. 1697. Feb. Obs. VII. p. 88.
**) Journal de Chimie medicale, de Pharmacie et de Toxicologie, a Paris
1626- Nr. 3- p. 119-
***) Im Journal compl. du Dict. des sciences medicales.
****) Recueil de la Société de medicine de Paris, an. 7. Nr. 22.
-}-) ln den Mémoires de l’Academie des Sciences de Paris, ann, 1702.
Eble’s Lehre von d. Haaren, II. Bd. 22