
dadurch auch vorzüglich der von ihr ernährten Haarbälge
und Zwiebeln in so fernabzuleiten, als durch diese Herabsetzung
die Bildungsthätigkeit dieser Organe es nicht zur Pig-
mentbildung bringen, also die Haare auch nicht färben kann.
7) „Kurze Zeit, nachdem man sich die Haare hat schwarz
mahlen lassen, empfindet man Kopfschmerzen, eine Anschwellung
der behaarten Haut, ungeachtet dieselbe hier-
bey ganz ausser Spiel war.“ So sehr diese Thatsache für
die Vitalität der innern Substanz zu sprechen scheint, so
beweist sie doch im Grunde nur, dass der Haarschaft das
Vermögen besitze, Substanzen von Aussen aufzunehmen,
und ins Innere des Haars, ja selbst zur Zwiebel hinab zu
leiten. Es ist übrigens hiebey noch eine grosse Frage, ob
bey dem Vorgänge des Haarfärbens die färbende Substanz
nicht zu gleicher Zeit auch von der Haut selbst aufgenommen
werde, aus welcher die Haare entspringen.
Ich wenigstens zweifle sehr, ob je eine Operation der Art
unternommen wurde, wo der Färbestoff bl os s auf die
Haare aufgetragen worden wäre; bekanntlich geschieht
diess gewöhnlich durch Einsalben und Einreiben auf den
ganzen behaarten Theil, mithin auch auf die Haut selbst.
Auch spricht für meine Ansicht der Umstand sehr, dass
abgeschnittene Haare ausserordentlich schwer, immer aber
viel schwerer gefätbt werden, als solche, die noch mit ihren
Wurzeln und der Haut in Verbindung stehen. —. Diese
Symptome könnten also weit eher von der durch das
Schwarzfärben gehinderten Aussonderung, welche in der
Regel durch die Haare statt findet, erklärt werden.
8) »Alle diese Erscheinungen, welche auf ein wirkliches Leben
der Haare hindeuten, hören da auf, wo die weissge-
wordenen Haare gleichsam nur noch ihre äusserliche oberhautähnliche
Hülle behalten haben, zum Beweis, dass
dieses Leben seinen Sitz vorzüglich in der innern Substanz
der Haare hat.« Auch die weiss gewordenen Haare
zeigen ganz dieselbe Structur wie die früher gefärbten, nur
die-färbendeSubstanz mangelt ihnen; eben so wachsen sie
bekanntlich auch noch fort, selbst bis ins graueste Alter;
endlich ist es nicht richtig, dass die von Nr. i :— 7 angeführten
Erscheinungen mit dem Ergrauen der Haare aufhören.
Aus dem Ganzen geht also hervor, dass wir zwar
allen Theilen des Haares Leben zukommen lassen müssen,
dass aber dieses Leben verschieden modificirt sey,
nach Verschiedenheit eines jeden einzelnen Haartheiles*
Denn so wie wir die Retina des Auges höher als die Aderhaut
und Iris, und diese wieder höher als die Sclerotica
und Cornea zu stellen pflegen, eben so ist es auch mit
den Theilen des Haars, nämlich dem Balg sammt der
Zwiebel, der innern und endlich der äussern Substanz des
Schaftes. Diese Trennung muss auch da angewendet werden,
wo von einer oita pxivata, s. oegetabilis (nach Die-
me r b r o eck) gesprochen wird; denn die im Balge enthaltenen
Haartheile leben keineswegs eine oita prioata,
noch weniger, wie wir gezeigt haben, ein blosses Pflanzenleben;
sondern ihr Leben hängt auf das innigste mit dem
der Haut, als ihrem mütterlichen Boden und durch diese
mit dem des ganzen Körpers zusammen, während dem
der Schaft gleich den Cryptobioten in mancher, doch nicht
in jeder Hinsicht, sein eigenes unabhängig scheinendes Leben
führt. Nur durch eine solche Ansicht werden wir die
manichfachen Verhältnisse, in welchen die Haare mit dem
übrigen Körper stehen, genügend erklären, und die pathologischen
Vorgänge in ihnen zweckmässig enthüllen
können.
§. 128-
Wachsthum der Haare.
Ich komme nun auf das Wa c h s t h um der Haare insbesondere.
— Im Allgemeinen besitzen die Haare eine grosse
Bildungsthätigkeit; vorzüglich wachsen sie in der Jugend und
im männlichen Alter. Auch sollen die lichten Haare schneller
wachsen als die dunkeln. Doch scheint das Wachsen bis auf
eine gewisse Länge beschränkt zu seyn, so dass die Haare
nach Erreichung derselben nicht mehr weiter wachsen, bis sie
wieder beschnitten werden. Geschieht dieses Beschneiden nahe
an der Zwiebel, so geht die Zunahme des Haupthaars und Bartes
in drey Monaten nach J a h n meistens bis auf 1 Zoll. Geschieht
der Schnitt aber weit entfernt von der Zwiebel, etwa in
der Nähe der Haarspitze, so ist die Zunahme nicht so bedeutend.
Auch soll jedes erste Abschneiden hindern, dass die stehen
bleibenden Haare je wieder zu der Länge kommen, wel