
immerhin für ein Zeichen jener angesehen werden zu können,
obgleich ein dem Anschein nach viel schwächerer
Mann den stärkern oft an Fruchtbarkeit übertrifft. — Auch
habe ich die Bemerkung gemacht, dass man von dichten,
starken Augenbraunen auf einen reichlichen Haarwuchs in
der Schamgegend schließen könne.
6) Lange, weiche und l icht e Haare sind dem weiblichen
Geschlechte und der Jugend besonders eigen. Dess-
halb findet man sie auch in der Regel nur bey solchen
Männern, deren Natur sich der weiblichen mehr nähert.
Andere Schriftsteller haben daraus auf einen weibischen
Charakter, Empfindlichkeit desGemüths ohne hinlängliche
Energie und Festigkeit, endlich auf Furchtsamkeit und.
leichte Fügung in den Willen Andrer geschlossen. Von
den von Na tu r kurzen Haaren, sie mögen nun hart oder
weich, mehr oder weniger elastisch, und von welcher Farbe
es wolle, seyn, sagt Jahn: „dass sie immer einen kurzgefassten
Menschen, von raschem Entschlüsse, und von
schneller Ausführung desselben anzeigen.“ Der Choleriker,
dem diese Eigenschaften vorzüglich zukommen, hat
auch wirklich meist kurze, etwas harte und dunkelgefärbte
Haare.
7) Man ist allgemein gewohnt, das k r a u s e Haar für ein
Merkmal von Flatterhaftigkeit, Leichtsinn, Gutmüthigkeit
und Hang zu allen sinnlichen Vergnügungen zu halten.
Wirklich scheinen sich davon selbst unter den Thieren Spuren
zu finden. So ist z. B. der Pudel unter allen Hundearten
der lustigste, gutmüthigste, und zu Spielereyen geneigteste.
Dass sich diese Eigenheiten des Charakters bey
dem krausköpfigen Kinde zeigen, wird uns wenig wundern,
wohl aber ist es gewiss auffallend und entscheidend, dass
sich das Angegebene auch beym Erwachsenen, ja selbst
beym bejahrten Krauskopf bewährt. Daher die Unfähigkeit
solcher Menschen zu ernsten Geschäften, daher ihr
unstetes Herumtreiben, ihr beständiger Wankelmuth, ihr
ewiges Projectmachen, und ihr planloses, höchst unordentliches
Vorgehen in Erreichung ihrer Wünsche. Krausköpfe
waren von jeher die grössten Wagehälse; aber nicht
etwa um eine Sache von besonderer oder gar allgemeiner
Wichtigkeit, sondern im Spiel, Wetten u. dgl.; und Niemand
erträgt die ungeheuersten Verluste leichter als sic.
Das Ende des Ganzen ist nicht selten eine entehrende
Gleichgültigkeit gegen Aeltern, Geschwister, Verwandte,
Freunde, kurz Alles, was dem Menschen theuer ist, und
wohl gar ein gänzlicher Mangel an Ehrgefühl. — Demjenigen,
der nicht blind in der Welt herumläuft, wird es
wohl einleuchten, warum nichts desto weniger solche
Menschen in Gesellschaften sehr beliebt, und namentlich
vom andern Geschlechte in Schutz genommen sind. —
J a h n sagt *): „In einer Nation, die Nationalstolz, aber
keine Nationalehre hat, ist der Krauskopf zu Hause. — In
der Ehe mit einem Krauskopf ist kein Glück.“ — Dieses
so wie auch meine früher aufgestellten Urtheile über den
Krauskopf sind nicht allein, wie sich’s von selbst versteht,
von keiner allgemeinen Gültigkeit; sondern können nur
auf denjenigen Menschen bezogen'werden, der entweder
der Wohlthat einer guten Erziehung ganz entfremdet
blieb, oder selbe muthwillig von sich gestossen hat. —
Daraus ergibt sich auch, wie sehr ein Krauskopf zu schätzen
sey, der durch seine Bildung Herr über die ihm gleichsam
von Natur aus anklebenden Fehler geworden ist; man
wird in ihm den angenehmsten Gesellschafter finden, der
ganz gemacht zu seyn scheint, seine Umgebung zu beglücken.
Unsere Sprache hat übrigens dieses ganze Verhält-
niss durch das Sprichwort: „Krau s er Kopf , k r a u s e r
Si n n “ bewahrheitet.
8) Meine Erfahrungen über die physiognomische Bedeutung
der har te n Haare sind nicht ergiebig genug, als dass ich
das schwere,Urtheil, welches schon J u v e n a l über sie
aussprach, und Lava t e r bekräftigte, so geradezu unterschreiben
kann. J a hn will sich hiezu unter der nöthigen
Einschränkung verstehen, wenn es auf ein sehr hartes, kurzes
und schwarzes Haar bezogen wird. In solchem Falle
will er immer wenigstens eine Anlage zur Herzenshärte
gefunden haben. Auch schliesst er von den harten schwarzen
Haaren auf eine solche Menge böser und verabscheuungswürdiger
Eigenschaften, d as s er mi r w i r k l i c h
selbst etwas z u h a r t v o r g e g a n g e n z u seyn sch e in t.
9) Die wichtigste physiognomische Bezeichnung der Haare
ist von jeher von ihrer F a r b e genommen worden. Unter
*) A. a . O. P. 158.