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u. dgl. eingeschlossen. Cr u v e i l h i e r *) schnitt zwey mit
Haaren angefüllte Bälge auf, und fand, dass zwar alle Haare
mit ihren Enden frey beweglich, dagegen in der Mitte
durch eine Art von Canal von W — 3 Linien Länge festgehalten
waren. (Aehnlich den Pflanzenhaaren.)
6) Sie besitzen theils denselben Bau, wie die Haare an der
äussern Oberfläche des Körpers, und haben namentlich
eine deutlich ausgebildete Zwiebel oder Wurzel, oder
diese geht ihnen ab, und dann liegen sie gleich abgeschnittenen
Stückchen eines längeren Haars gewöhnlich in eine
Fettmasse eingehüllt. — Es ist daher unrichtig, wenn man,
wie Bl ume n b a c h , Ande r s o n und Sont i s , glaubt,
dass sie keine Wurzeln haben; und eben so falsch ist es,
wenn man angibt, al le seyen mit Wurzeln versehen. Letzteres
ist jedoch immer der Fall, sobald sie an den Wänden
irgend einer Höhle oder auf einer freien Fläche festsitzen.
— Dass aber kein Haar ohne Zwiebel entstehen könne ,
ist zwar wahrscheinlich , aber dennoch nicht unumstösslich
zu erweisen, indem man in jenen Fällen, wo sich Stückchen
von Haaren, oder kleine Härchen ohne Wurzel vorfinden,
selten so glücklich ist, in dem Balge nach Mec k el s Ver-
muthung die zurückgelassenen Wurzeln zu entdecken. —
7) Man ist allerdings genöthiget, anzunehmen, dass solche
Haare auch aus der Fettmasse selbst entstehen. Zu mehrerer
Bekräftigung dessen wollen S a x t o r p h , Manf r edi
und Go och Gefässe in der Talgmasse bemerkt haben,
wo sich natürlich dann auch die Bildung der Haare daselbst
leicht erklären liesse.
8) Die L ä n g e solcher Haare ist höchst unbestimmt, die Beobachter
fanden sie von einigen Linien bis über zwey Fuss
lang. Gewöhnlich übersteigen sie jedoch die Länge von
einigen Zollen nicht. —
Q) Eben so veränderlich ist die F a r b e derselben, denn man
hat sie schon von allen Farben gefunden. Gelbbraun und
röthlichschwarz kommt jedoch am häufigsten, silberfarbig
sehr selten vor. Auch sind nicht alle, die man z. B. in
einer Geschwulst beysammen findet, von einer und derselben
Farbe, so wie diese auch häufig mit der Farbe der
*) Esrai sur l’anatoraie pathologique toro. I II . p. 194.
Ueber regelwidrige Haarbildung etc. 40 t
regelmässigen Haare desselben Individuums nicht übereinstimmt.
10) Ihrer innern Textur nach kamen jene, welche ich in
denEyerstöcken fand, durchaus mit den Haupthaaren überein,
und waren auch alle mit Wurzeln versehen; dahingegen
andere, die ich aus dem Fett von Balggeschwülsten nahm,
den Härchen von den ersten Fingergliedern am meisten
glichen, und nicht durchgehends Zwiebeln hatten.
§. 204.
Es handelt sich jetzt darum, das Gesagte durch merkwürdige
Beyspiele zu erläutern und zu bekräftigen, wesshalb ich
die einzelnen Gebilde in dieser Beziehung durchgehen will.
1. Die al lgemeine Hautbedeckung.
Da diese, wie wir gehört haben, an und für sich beynahe
durchaus mit Haaren besetzt ist, so machet, wie Meckel ganz
richtig bemerkt, die ungewöhnliche Verlängerung von gewöhnlich
kurzen Hauthaaren den Uebergang zu den völlig regelwidrigen.
Ich abstrahire jedoch ganz von den schon früher abgehandelten
sogenannten haarigen Menschen, und spreche hier
nur von jenen Fällen, wo sich an einzelnen Stellen der Haut
solche abnorme Haare erzeugten. — Muttermähler und oft auch
Warzen, sind meist mit vielen rauhen und dunklen Haaren
besetzt. So sah Vi l l e rmd zu P o i t i e r s im Jahr 1808 ein
Kind von 6 — 8 Jahren, das eine Menge solcher Flecken und
Mähler von verschiedener Grösse auf dem ganzen Körper mit
Ausnahme der Hände und Füsse vertheilt hatte, auf welchen
durchaus Haare sassen, die nur wenig dünner und kürzer, als
die Borsten des Wildschweins waren. Diese Flecken bedeckten
ungefähr ‘/5 des ganzen Körpers. — B i c ha t fand in Paris
einen Menschen, der von seiner Geburt an das Gesicht mit Haaren
die denen eines wilden Schweines beynahe analog waren,
bedeckt hatte, und der in seinem 36. Jahre von jener besou-
dern Art von Elephantiasis befallen worden war, wo die
Haut des Gesichts an Volumen zunimmt, und gleichsam die
Züge eines Löwen darstellt, woher denn dieser Menslh natürlich
einen abschreckenden Ausdruck von Wildheit erlangt hatte.
Boy e r führt inseinen Vorlesungen eine Frau an, deren Schen-
Eble’s Lehre von d. Haaren, II. Bd. 26