
In Bezug auf das ö r t l i c h e Handeln ist namentlich die
Vermeidung der fetten, öligen Mittel, so wie auch aller wohlriechenden
Pomaten sehr zu empfehlen, und die Haut überhaupt
mehr mit kalten Dingen in der Form von Waschwä s sern
zu behandeln. Doch hoffe man mit allen diesen Verfahren
da nicht viel auszurichten, wo das Individuum ein sogenannter
haariger Mensch in dem angeführten Sinne ist, und
wo sich demnach diese ausserordentliche Haarerzeugung über
die ganze Hautoberfläche erstreckt; noch weniger aber, wenn
das Uebel angeboren oder ererbt ist. In jenem Falle hingegen
wo, wie bey Digbaeus, besondere äussere Einflüsse, z. B. das
Leben in Wäldern nach Art wilder Thiere etc. Ursache der
Deformität sind, wird die Entziehung dieser Einflüsse, und das
Versetzen des Verwilderten in die Verhältnisse der gesitteten
Menschen, namentlich aber das Tragen von eng anliegenden
Kleidern das weitere Wachsthum der zuvor ganz kurz abgeschnittenen
Haare, wo nicht ganz doch grösstentheils verhindern.
—
Ist aber das Uebel nur ö r t l i c h , nimmt es nur eine oder
mehrere kleinere Stellen der Hautoberfläche ein, und erscheint
es unter der Form von Haarbüscheln an denselben; dann kann
die Behandlung zweyfach seyn, indem sie die Missbildung bloss
palliativ, oder indem sie selbe von Grund aus zu heben sucht.
Ersteres geschieht, wenn die Haare sehr lang sind, durch zeitweises,
jedoch nicht zu oft wiederhohltes Abschneiden, und
wenn sie kurz und fein sind, durch Vertilgen derselben mittelst
chemisch einwirkender Mittel.
Schon Galenus *) handelt über die Art und Weise,
die Ha a r e zu ve r t i l ge n, sehr ausführlich, und theilt die
hierher gehörigen Mittel in drey Arten, nämlich ±. in eigentliche
Psilolhra, 2. in Attenuatoria capillorum, und 3. in ipsos peni-
tus Exstirpantia. Schon zu seiner Zeit hatte nicht allein jede
muliercula solche Psilothra in ihrem Putztische, sondern sie waren
sogar auch bey vielen Männern im Gebrauch. Unter diejenigen,
welcher er sich gewöhnlich bediente,, zählt er die Lauge,
den Ar s e n i k , S a n d arak und lebendigen Kal k. Auch
pflegte er vorher den Versuch seines anzuwendenden Aetzmit-
tels an einem Federbart zu machen. Er räth übrigens mehr
*) De compositione pharmac. secundum locos, lib. I. cap.
Kalk als Arseniktheile zur Mischung zu nehmen. Nach Ras es*)
nimmt man statt Kalk Kalkwasser, setzt es der Sonne oder
Siedhitze aus, und mischt durch Reiben den früher zerriebenen
Arsenik bey.
Avicenna**) gibt folgende Anweisung zur plötzlichen
Vertilgung der Haare:
Rpt. Calcis partes duas
Arsenici tantundem
Mise. S. liniatur cum his parva quantitas.
Der Theil wird sodann mit Rosenöl und später mit Rosenwasser
abgewaschen. Bey starker Aetzung legt man Unguentum
Cerussae, Ijlhargyri nulritum cum albumine ovi et oleo
rosaceo auf. Um den Übeln Geruch dieses Aetzmittels zu vertreiben,
soll man den Theil mit Creta nutrita, oder mit in Essig
gelöster Kreide, und mit aromatischen Mitteln waschen. —
Bekanntlich nehmen sich die Türken ihre Haare mittelst des
Rusma oder Nuret weg, das sie mit der Hälfte lebendigen Kalks
mischen, und in Wasser einweichen. Die daraus entstehende
Salbe schmieren sie, wenn sie ins Bad gehen, auf die Haut,
und lassen sie so lange darauf liegen, als es braucht, ein Ey
hart zu sieden. Sobald sie im warmen Bad zu schwitzen angefangen,
fällt das Haar ab, wenn sie sich im kalten Wasser nur
mit der Hand waschen, und die Haut bleibt glatt, ohne die geringste
Spur eines Haares. — Ich lese, dass das Hauptingrediens
des Rusma die Arsenikschwefelleber, und dass selbes eine
Zusammensetzung von Operment und ungelöschtem Kalk in
einer Lauge oder Essig aufgelöst sey.
Neuere Schriftsteller rathen hiezu eine Salbe aus 4 Thei-
len ungelöschtem Kalk und l '/2 Theil Operment. Man lässt
diese Salbe, sobald sie mittelst eines Malerpinsels aufgetragen,
ß — i Minuten lang auf dem zu stark behaarten Theile liegen,
wascht sie mit einem, in warmes Wasser oder Milch getauchten
Schwamme wieder weg, wo dann die Haare gewöhnlich
mitgehen. Man kann nachher die enthaarte Stelle mit
einer milden Pomate einreiben. Innerhalb eines Monats wächst
jedoch das Haar wieder nach, wo man dann die Salbe aufs
neue gebrauchen muss. Im Gesichte gebraucht, darf die Salbe
*) T. 5. c. 13.
**) Lib. Can. p, 507, c, 6.