
allen Farben ist man im Allgemeinen stets der r o t h e n
abgeneigt geblieben, — Hi p p o c r a t e s * ) sagt: „Quicum-
que ruffi sunt et acuto naso et parois oculis, pravi; qui uero
ruffi, simi et magnis oculis, boni.“ E s au und David waren
beyde roth. — Wir haben oben gehört, dass die rothen
Haare bey den Ae g y p t e r n gesetzlich zum Tode verdammten,
dass man aber später den röthlichgelben geneigter
wurde u. s, w. — S. G. V o g e 1 hält erstere für ein Merkmal
entweder eines sehr guten, oder sehr bösen Charakters
mit Schlauheit. — J a h n nimmt die Rothköpfe mit
Recht gegen die noch fast allgemein verbreitete böse Meinung
über sie in Schutz, indem er sich zum Theil auch
auf Lava ter n bezieht, welcher die Angabe, dass der
grösste Theil der vor Gericht vorkommenden Missethäter
rothköpfig sey, gleichfalls für unrichtig erklärt. Ersterer
legt ihnen grosse Empfindlichkeit, die leicht in Jähzorn
übergeht, Gutmüthigkeit, reges Leben, gute Geistesgaben,
Misstrauen gegen sich selbst und Verzagtheit in Gefahr
bey. Von den fünf rothhaarigen Menschen, derer ich
mich in diesem Augenblicke aus meiner Bekanntschaft
erinnere, ist nur ein einziger, den ich für keinen guten,
sondern wirklich für einen heimtückischen, arglistischen
und verschlagenen Menschen mit übrigens vorzüglichen
Eigenschaften des Geistes halten könnte. Auch über die
Rothköpfe haben wir einige Sprichwörter:
Rothe Haar ’ und Er l e n b o g e n ,
So g e r a t h e n , s ol l man loben.
Und
Ro t h e H a a r und E r l e n h o l z
Wa c h s e n a u f k e i n ’ g u t e n Boden.
Und
E i n r o t h e s Haar im E h e s t a n d
Si c h b al d b e u g t dar der Weib e r h a n d .
Diess letztere Sprichwort steht in offenbarem Widerspruch
mit der Idee, dass man sich vor Menschen mit
rothen Haaren hüten müsse, denn solche sind doch wohl
nicht vorzugsweise geeignet, unter den Pantoffel zu
kommen?
Lichte, und also auch zugleich zar te Haare findet
!) L. 2. Epid. s. 5.
man meist nur bey zarter Organisation der Haut 5 diese
aber ist. mehr oder weniger ein beständiger Ausdruck von
Schwäche; wenigstens ist es erwiesen, dass kein starker
Mann eine feine, zarte Haut hat. Daher kommen denn
auch die häufigen Klagen der Ehemänner, dass ihre blonden,
engelgleich gewesenen Frauen schon beym ersten
Kindbett einen so gewaltigen Stoss bekommen haben • daher
die Vorliebe vieler Männer für braunhaarige Mädchen
obgleich sie gestehen, dass die blonden ihnen eigentlich
noch besser gefielen, wenn nur ihre Schönheit so lange
dauerte, als die der braungelockten. Doch wäre es ein unüberlegter
Schluss, die unbestreitbare Wahrheit auf Nationen
anzuwenden, die vermög ihrer geographischen Lage und
der klimatischen Verhältnisse, unter denen sie leben müssen,
vorzugsweise blondhaarig sind. Wer wird unsre goldliaari-
gen Vorältern, wer die jetzigen Nordländer: Schweden,
Schotten, Norweger, Russen, Dänen, und selbst unsere Norddeutschen
für Schwächlinge, und muthlose Menschen halten
wollen? Nur unter den andern mehr südlich gelegenen
Nationen kann der oben angeführte Schluss auf die unter
ihnen vorfindigen Blonden mit der nöthigen Einschränkung
angewendet werden.
Bey den schwarzen Haaren gilt fast in allen Beziehungen
gerade das Gegentheil von dem, was bey den lichten
angegeben wurde. So wie sie überhaupt dem cholerischen
und melancholischen Temperamente eigen sind, so können
sie wohl im Allgemeinen auf körperliche Kraft, geistige
Energie, besonders aber auf Beharrlichkeit im Entschluss
hindeuten, und zwar um so mehr, je kürzer,
schlichter und härter sie sind. Dasselbe kann, nur in etwas
minderm Grade auch von den b raunen gesagt werden
; sie kommen als lichtbraune in ihrer phystognomi-
schen Bedeutung mehr den lichten, und als dunkelbraune
mehr den schwarzen Haaren nahe. Ich mag es nicht entscheiden,
ob bey braunen Haaren, wenn sie weich und
lang sind, wirklich mehr Trägheit des Körpers, und mehr
Neigung zum Schlafe, und zwar bis ins hohe Alter fortdauernd
erscheine, und ob sie überhaupt auf hohes Alter
deuten oder nicht. Gewiss ist es aber, dass sich die
braunen Haare dem cholerischen Temperamente am meisten
beygesellen, und insofern mag auch ihre Deutung