
aut eine Art, wie wir diess beym Penis sehen. Den Stengel des
Haars nennt er fistulosus, weil er beobachtete, dass hängende
Schwanz- und Halshaare bey Pferden aus einer doppelten Substanz
bestehen, einer äussern nämlich, die den fistulösen Körper
bildet, und einer innern, dem Marke, durch welches die
freye Höffle, oder der länglichte Gang ausgefüllt wird. Bey
den Kopfhaaren des Menschen, besonders aber bey den Haaren
einiger Thiere, und namentlich des Wildschweines, hat
er eine verschieden gefärbte, von dem Haarstengel der Länge
nach auslaufende Linie beobachtet, die er für einen Markgang
hält. Er beschreibt endlich die Structur des Igelstachels ziemlich
genau, und schliesst nun aus allen diesem, dass der Haar-
cylinder, gleichwie der Stengel einer Pflanze, aus, der Länge
nach an einander liegenden Canälchen bestehe, welche, wie
die Nägel , Hörner und Pflanzen selbst wechselseitig mittelst
eines klebrigen Saftes zusammengekittet sind. _ Wie wenig
hat die Anatomie der Haare in einem Zeiträume von fast vollen
200 Jahren gewonnen, wo uns dieser ausgezeichnete, wahrhaft
musterhafte Mann schon mit so vortrefflichen Resultaten
seiner Forschungen bereicherte. — In Bezug auf die Er z e u gung
der Haare scheut er sich zwar keineswegs, seine Unwissenheit
frey und offen zu bekennen; hält jedoch für wahrscheinlich
, dass die Haare Pflanzen eigener Art seyen, die
nach der gewohnten Ordnung der Natur unter der Haut und
dem Corio festsitzen, und gleichsam verschlossen sind, zu gewissen
Zeiten aber wachsen und ans Licht treten. Wenn die
Epidermis ihren Austritt hindert, vergrössern sie sich kreisförmig
gewunden unter derselben, und werden von ihr zurückgehalten.
Freundschaftlich, wie er sagt, umschliesst sie
das Fett, bethaut und erwärmt sie, wesshalb auch die monströsen
Haare, welche sich krankhafterweise in innern Theilen
erzeugen, stets in einen fetten Saft getaucht sind. Dennoch
hatte Ma l p i g h i bereits die sichere Ueberzeugung, dass die'
Nahrungsstoffe des Haars aus dem die Zwiebel umgebenden
Blute angezogen würden, und so mit Hülfe der Klappen
(Querwände) des Haars im Schafte aufwärts stiegen.
Der gelehrte T h oma s Ba r t h o l i n *) bestimmt ebenfalls
die causa malerialis der Haare als vapores fuliginosi et ex-
crementitii, crassi et ierrei tertiae concoctionis fei ipsius carnosae
*) Anaiomia clc. reformata, i 651
subslantiae a calore quocunque resolutae, nonnihil tarnen etiam
glulinosi. Haare und Nägel werden nach ihm aus keinem guten
und lobenswerthen Nahrungssaft erzeugt, wie Phthisiker und
Hektiker beweisen sollen, denen auch die Haare stark wachsen.
Die materia remota ist eine überflüssige Feuchtigkeit, die
besonders in den Drüsen enthalten ist, daher: ubi pilus, ibi
glandula (also nicht mehr ubi glandula, ibi pilus). Die Haut,
aus welcher Haare keimen sollen, muss mässig trocken seyn,
sonst fällt die Wurzel aus, ferner soll sie nachgiebig und dünn
seyn, damit die Haare durchdringen können. Die causa eji-
ciens setzt er nicht in eine anima oder facultas pilifica, sondern
in eine massige Hitze, welche jene schmutzigen Dünste austrocknet,
und nach den Hautporen treibt. Der Abgang dieser
drey Momente macht kahl. — Der vortreffliche Gl i ss on *) beobachtete
die Haare ebenfalls schon unter dem Microscope,
und will sie mit vielen auf manichfache Art unter sich verwickelten
Gefässen begabt gefunden haben. Den Ursprung der
Haare leitet er ebenfalls von überflüssigen Säften her, wovon
einige tauglich seyn sollen, Haare, andere wieder Nägel, noch
andere Federn, Schuppen u. s. w. zu bilden. Obgleich er im
Ganzen die Analogie der Haare mit den Pflanzen vertheidigt,
so unterscheidet er nachher doch beyde dadurch, dass die
Pflanzen durch ihre eigene Kraft Nahrung anziehen, die Haare
aber nebstdem noch die Excremente des Körpers, sobald diese
zur Haarwurzel gekommen sind, aufnehmen. Am meisten
ähneln sie nach seiner Meinung den Schmarotzerpflanzen, von
denen sie sich jedoch wieder dadurch unterscheiden, dass sie
der Mutterpflanze nicht wie jene schaden. In Bezug auf die
Bildung der Haare glaubt Gl i s son, dass bey dieser Operation
die allgemein bildende Kraft von der austreibenden unterstützt
, die Materie der Haare an den geeigneten Ort bringe,
die eigenthümliche plastische Kraft aber sie zu wirklichen Haaren
umschaffe. Er glaubt ferner, dass die gewöhnlich behaarten
Stellen der Haut von den nackten wesentlich verschieden
seyen, ohne dass er jedoch den Grund und das Wesen dieser
Verschiedenheit anzugeben weiss. Er gibt nicht zu, dass Wärme,
Trockenheit, Dicke und Feinheit der Haut zur Erklärung
der Haarbildung hinreichen, indem er anführt, dass, so wie
*) Tractatus clc pärtilius conlinenlibus in genere. Cap. 6, 8, 9 — 10.
Anno 1672.