
hinstellten, dass man versucht wird, selbe in beträchtlicher
Menge zu vermulhen, da ihr Daseyn doch kaum aus dem
schlüpfrigen und glänzenden Ueberzug der herausgerissenen
Zwiebel und der innern Fläche des Balgs vermuthet werden
kann. —
§. 110.
Das Haar selbst aber beginnt mit einer kleinen knollenartigen
Anschwellung, welche Wu r z e l oder Zwiebe l
(Radix s. Bulbus, nach Andern auch Bulbus interior, Corpus ovale,
Radix bulbosa crinis, Membrana glandulosa) genannt wird. Es
ist leicht einzusehen, dass diess wohl der wichtigste Theil
des Haars ist, und diess mag Ursache seyn, warum diejenigen,
die sich mit der Anatomie der Haare beschäftigten, ihr
hauptsächliches Angenmerk stets auf die Zwiebel richteten._
Im Ganzen ist die Consistenz der Haarzwiebel fleischig,
ihre Farbe bald röthlich, bald graulich, bald auch schwärzlich,
und zieht immer etwas von der des Haares selbst am
Die Form ist im Allgemeinen oval, keulenförmig, weil sich
das obere Ende in das eigentliche Haar verlängert, oder sich
in dasselbe gleichsam verliert; doch findet man auch hier
nach der Verschiedenheit der Körpergegend, in welcher die
Zwiebel steckt, mancherley Abweichungen, wovon sich ein
Jeder durch aufmerksame Vergleichung der Figuren 4.45_155
überzeugen kann. Ich fand sie wirklich keulenförmig am Haupthaar,
an den Augbraunen, an den Brust- und Achselhaaren.
Noch mehr in die Länge gezogen sind die Wurzeln der
Backenbart -, Ohren- und vorzüglich der Fingerhaare; kugelartig
sah ich sie bey den Cilien, den Nasen-, Barthaaren aus
dem Kinne, und den Schamhaaren. — Die der kleinern Körperhaare
sind alle länglich, und mit dem Haarschaft fast
gleich dick.
Am Mi lchbar t ) sind sie nach Wi thof*) schlank;
eben so zeichnet sie auch Ludwig**). Bey dieser Bestimmung
muss ich auf einen Umstand aufmerksam machen, der
hier entscheidend ist. Ich setze voraus, dass jeder, der die
wahre Figur einer Haarzwiebel erkennen will, dass Haar sammt
der Zwiebel ganz genau isolirt. Diess kann ganz wohl durch
*) Anat. pili hum. p. 371*
**) Hum. cut. inung. f, 2♦
ein kunstgemässes Ausreissen geschehen. Man darf jedoch nach
diesem Acte nicht einen Augenblick Zeit verliereu, sondern
muss die isolirte Zwiebel auf der Stelle unter das Microscop
bringen, weil sie alsbald ihre ganze Figur dadurch ändert,
dass sie wahrscheinlich durch Verdünstung der in ihr enthaltenen
Flüssigkeit, oder durch Einwirkung der atmosphärischen
Luft einschrumpft, und sich gewöhnlich nach einer
Seite umbiegt. Wer also diesen Moment übersieht, der bekommt
eine falsche Ansicht von der Figur der Zwiebel; und
ich werde wohl nicht irren, wenn ich glaube, dass manche
Naturforscher auf diese Art hintergangen worden sind. —
Die so ausgerissene Zwiebel erscheint Anfangs glänzend
und schlüpfrig, welches wohl von einem serösen Dunste herrühren
mag, der sie in der Kapselscheide umgab. Wenige
Augenblicke der Luft ausgesetzt verdunstet oder vertrocknet
dieser die Oberfläche nur überziehende , tropfbar flüssig gewordene
Dunst, und der Glanz der Zwiebel verschwindet
mit ihm. —
Ich komme nun auf die genauere Beschreibung der
Zwiebel selbst. — Schon gegen Ende des 17- Jahrhunderts
beschrieb Chirac*) zwey Häute des Bulbus, nämlich 1 . eine
äussere festere, aus tendinösen Fasern zusammengesetzte, die
sich mit dem untern Ende der Zwiebel zu einem Bündel vereinigt,
und die er als die Wurzel des Haars betrachtet; und
2- eine innere, weichere, der Rindensubstanz des Hirns ähnliche,
drüsige Membran, die Mal p i g h i Corpus ovale, Wit h
o f Corpus molle, pultaceum, und W i n s 1 o w Espece de glu
ou la matière médullaire nannte.
Nach G a u lt i er **) besteht die Zwiebel aus drey Theilen :
l) aus einer äussern , ovalen, undurchsichtigen, perlenmul-
terartigen Kapsel, die gegen die. Haare zu immer enger
wird, sich mit ihr fortsetzt, nach oben das Haar durchtreten
lässt, und an der entgegengesetzten Seite zwey bis
drey Fäden bildet, die sich im Zellgewebe unter der Haut
ausbreiten, und kein blutiges oder lymphatisches Fluidum
zulassen (?).
*) Lettre écrite à Mr. Régis sur la structure des cheveux, a Montpellier
1688. 12
**) Dissertation sur le système cutané de l’homme (Collections des T hèses
in i|. Paris 1811). —