
4) Den Pflanzen geht, so wie den Haaren, die Nervensubstanz
a b ; und wenn man erstem Sensation für Warme und Elec-
tric ita't zuschreibt., so kann diess auch von den Haaren gelten
(nach J a h n ) .
5 ) Nach K r a f t ’s Behauptung*), welcher auch S c h l e g e l * * )
beystimmt , wachsen die Haare auch getrennt vom Körper
noch f o r t , wenn sie ausgerissen , und ins Wasser gestellt
werden.
In unsern Zeiten pflegt man den Haaren ebenfalls nur
ein sehr eingeschränktes, oder vielmehr auf einer sehr niedern
Stufe stehendes Leben, und zwar hauptsächlich desshalb zuzuschreiben,
weil ihnen wie den Nägeln, Hörnern, Klauen
und überhaupt dem ganzen Horngebilde die Nerven ganz abgehen
, und sie, wrie schon von den Alten bemerkt wurde,
mehr selbstständig, und fast könnte man sagen, unabhängig
von dem Körper bestehen können. — Es tritt hier nach meiner
Meinung der Fall ein, dass der organische Bildungspro-
cess wirklich vorhanden ist, ohne in äussere, sichtbare Erregung
durchzubrechen, welch’ letztere gleichsam schlummert,
während ersterer in wohl zu erkennender Thätigkeit ist. Denn
obgleich beyde, Bildungsprocess und Erregung, unter sich in
einem engen Wechselverhältnisse stehen, so sind sie desshalb
doch nicht absolut eins ***).
Man muss übrigens in dieser Sache das eigenthümliche
Leben, das in dem Balge und der Zwiebel des Haars unbezwei-
felt vor sich geht, wohl unterscheiden von dem, welches man
allenfalls dem Schafte zuschreiben mag; denn ich halte beyde
wesentlich von einander verschieden, und so wie ich im ersten
Falle alles habe, was zu einem höhern Lebensprocess erforderlich
ist, nämlich Nerven Arterien etc., so geht mir im
zweyten alles dieses ab, und ich glaube ein sogenanntes lebloses
Ding vor mir zu haben. Ich halte daher die von Mal-
p i g h i zuerst aufgestellte, und von Ma r i o t t e weiter ausgeführte
Ansicht, dass die Haare nach Art der Nägel oder durch
Juxtaposition wachsen, für die wahrscheinlichste und naturge-
mässeste, indem ich als Erläuterung beyfüge, dass die Hauptwerkstätte
zur Bildung des Haars am Boden des Balgs, aus wel-
*) In nov. Comment. Petropol. T. II. p. 241.
**) Ueber die Ursache des Weichselzopfs 3. Cap. p. 44.
*v#) H a r tm a n n ’s Theorie der Krankhcit pag, 100.
chem die Zwiebel entsteht, und innerhalb des Balges selbst zu
suchen sey. Hier wird auf dieselbe Art, wie bey derReproduc-
tion und Ernährung aller andern, selbst der edelsten Organe,
unter Vermittlung desGefäss- und Nervensystems jene uns unbekannte
Materie ausgeschieden, die allenfalls zuerst ein
schwarzes Pünktchen .seyn mag, und aus welcher zunächst
die Haarwurzel sich bildet; nach Vollendung dieser wird der
nunmehr zn erzeugende Haarschaft, so wie die Nägel, die
Klauen, dieEpidermis selbst, und überhaupt das ganze Horngebilde
aus den unterliegenden Theilen, so hier aus dem Bulbus
fer t ig gebi ldet , h e r v o r ge t r ie be n . — In diesem Sinne
scheint auch der würdige P r o ch a s k a * ) bloss den Haaren, Nägeln
und der Oberhaut eine vollkommene Wiedererzeugung zuzuschreiben
und nur so lässt sich das Erzeugen und Wachsen
der Haare genügend erklären und mit dem Umstand in Ueber-
einstimmung bringen, dass es noch Niemanden gelungen ist, in
dem Haarschafte ein Gefäss, oder überhaupt etwas anderes,
als etwa verschieden modificirte Hornsubstanz mit. überzeugender
Anschaulichkeit darzustellen. — M e ck e l* ’1') hat die Haare
vorzugsweise als vegetabilische Theile, gleichsam als Crypto-
gamen des Körpers angesehen, und Au t e n r i e t h schon die
Vermuthung geäussert, dass das Mark der Haare seiner Natur
und seinen Verrichtungen nach ganz mit dem Rete mucos. Mal-
pighii übereinstimme.
B i c h a t ***) schreibt der innern Substanz der Haare
wirkliche Vitalität zu, wodurch sie sich wesentlich von der
äussern Umhüllung unterscheiden soll. Wir wollen nun die
Gründe durchgehen, auf welche er seine Behauptung stützt:
l) „Die verschiedenen Leidenschaften haben einen bemerkh-
chen Einfluss auf die innere Substanz der Haare. Kummer
bleicht schnell die Haare, wahrscheinlich durch Bewirkung
der Einsaugung des in den kleinen Haargefässen
enthaltenen Fluidi. Bey diesen schnellen Veränderungen
bleibt die äussere Umhülluug unverändert, und nur die
innere Substanz variiret. So soll auch der Schreck die
*) Disquisit. anat. physjolog. p. 136: T a n t u m p i l i , u n g u c s e t Cut
i c u l a p e r f e c t e r e p r o d u cu n t u r.
**) Siehe Jessen Archiv. VII, 3*
***) A, a. 0.
",