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Kopf sowohl, als unter den Augenwimpern, nahmen aber
mit dem Verschwinden der Regeln auch wieder ah. Ausserdem
hat die Kranke auf jeder Seite unter der Brust
einen weissen Fleck, ungefähr ein Thaler gross, die von
der übrigen dunkeln Haut scharf abstechen, aber durchaus
platt sind, und nichts Narbenartiges haben._Diesem
ähnlich ist
9) Ein von Dr. Brée, Chirurgien - Major am Hospital von
Calais im Januarheft (1828) des Journals des Sei ences
medicales mitgetheilter Fall: Ein Soldat, 22 Jahr alt, von
mittlerer Grösse, starkem Körperbaue, schwarzen Haaren
und sehr brauner Haut, wurde am 1. Junj 1821, von
Givet zur Garnison nach Char lemon t gesandt. _ Er
wurde mit seinen Kameraden derselben Compagnie in ge-
gen Mittag gelegenen, luftigen Zimmern des ersten Stockwerks
einquartirt. Als er kaum vierzehn Tage hier gelegen,
bemerkte er, dass seine Haare in unregelmässig
verheilten Büscheln weiss wurden. Hiedurch beunruhigt
wandte er sich an Herrn Brée. Schon bestand sein ganzes
Kopfhaar aus schwarzen und weissen Büscheln von
der Grösse eines fünf Frankenstücks, Die Haut des Schädels
darunter zeigte dieselbe Verschiedenheit der Farbe,
und die ganze Haut seines Leibes, so wie die der Glieder,
war wie mit weissen Flecken übersäet, auf denen ganz entfärbte
Haare sich befanden. Die Entfärbung der Haut ging
beständig jener der Haare voraus, schien selbst die Ursache
derselben su s e jn , oder begleitete sie mindestens, wie
diess bey gewissen Thieren statt findet. Diese Affection
vermehrte sich noch während vierzehn Tage, und in dieser
Zeit traten die Farben scharf von einander geschie-
den hervor. Fast der ganze Kopf war mit vollkommen
weissen Haaren bedeckt. Auf dem Rumpfe sah man unregelmässige
Flecken von derselben Farbe, die sehr stark
von der braunen Färbung der übrigen Haut abstachen.
Endlich hatten auch die Haare der Scham dieselbe Silberfarbe
angenommen, wie die Haupthaare. Dr. Brée
untersuchte sorgfältig, was wohl die Ursache dieser sonderbaren
Erscheinung seyn könnte. Nichts gab, weder
in dem physiologischen Zustande, noch in der Lebensart
des Kranken, der übrigens vollkommen gesund und
heitern Gemüths blieb, eine genügende Erklärung, Auch
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sonstige Erkundigungen gaben kein Resultat, als dass er
nie an einer schweren Krankheit gelitten, nie syphilitisch
angesteckt gewesen sey, und dass endlich kein Gemüths-
affect auf irgend eine Art hätte Einfluss auf die Entfärbung
seiner Haut und Haare haben können. — Der Kranke
starb erst mehrere Jahre später bey seiner Rückkehr aus
Spanien an einer heftigen Pneumonie.
10) Auch folgender Fall ist in mehrfacher Hinsicht bemerkensw
e r t h : .
J. W. 56 Jahr alt, aus Bengalen, von mahomedamschen
Aeltern gebürtig, die beyde braun gefärbt waren,
verliess Indien im Alter von 10 Jahren. Seit der Zeit hat
er in Ed i n b u r g h als Bedienter, und in den letzten 9
Jahren als Maurer-Handlanger gelebt. Während dieser
Zeit verlor er allmählig seine angeborne braune Farbe,
und wurde weiss, was er theils dem Klima, theils seinem
Verkehr mit Kalk und Mörtel zuschreibt, der ihm viel
Jucken in der Haut verursachte. Der Wechsel der Farbe
begann in den Händen und am Kopfe, und das früher
schwarze Haar wurde hellgrau und etwas gelockt. Die
Theile, welche am längsten ihre Farbe behielten, waren
die Brust und der Nacken. Im Jahre 1818 waren nur noch
da und dort schmutzig purpurrothe Flecken übrig. Die
Gesundheit änderte sich dabey nicht merklich. Ein ähnliches
Beyspiel von einem Neger findet man in La Roche-
foucaul t L i ancou r t ’s Reisen in den vereinigten Staaten.
Dieser aber ist aufgeführt in den Raports o f the prac-
tice in the clinical wards o f the royal infirmary o f Edinburgh
von Professor Andreas Dun can*) , und in R u s t’s Repertorium
**).
11) Dass die Haare der Leucopathen auch in chemischer Beziehung
von den übrigen gesunden Haaren abweichen,
hat uns Sachs von seinen eigenen Haaren zuerst gelehrt.
Er fand nämlich, dass 500 Gran seiner gelblich weissen
Haare nur 1, 2 Gran Asche lieferten, welche 0,308 Kalk,
0 75 Magnesia, kein Eisen und keine Kieselerde enthielt;
wogegen eine gleiche Menge schwarzer Haare 37 Gran
*) Edlnb. 1818. p. 142.
**) 14. Bd. 2. Heft p. 303.