
WöHe, Peke u. dgl. hat, so ist auch leicht einzusehen, dass
alle diejenigen, welche sich auf irgend eine Art fremder, und
unbekannter Haare bedienen, um sie am eigenen Körper zu
tragen, immer mehr oder weniger Gefahr laufen können,
die Folgen einer auf solche Art vermittelten Ansteckung zu
erfahren. Doch darf die Furcht in dieser Beziehung nicht zu
weit getrieben, und es muss vor Allem in solchen Fällen
wohl unterschieden werden, ob die fraglichen Haare durch
die Hände der Perückenmacher gegangen, oder aber, ob sie
bloss unter der Hand, als Galanteriewaare (in Ringen, Ohren-,
Hals-, Arm-, und Kniebändern, Medaillen u. dgl.) gekauft wor-
den sind. Denn im ersten Falle erleiden sie nach der ausdrücklichen
Versicherung von J a h n und den auch von mir
b e j einigen Perückenmachern eingeholten Erkundigungen
theils durch die Manipulation des Färbens, theils durch Be-
werkstelligung der Krause eine solche Reinigung, dass man
sich ihrer wohl ohne Furcht bedienen kann. Leichter könnte
übrigens bey den gewöhnlichen Perücken mit schlichten Haaren
eine Vernachlässigung in der Reinigung, und daher auch
eine Ansteckung Statt finden, obwohl man von Letztem meines
Wissens bis auf die heutige Stunde noch wenig Beyspiele
aufzuweisen h a t.-A n d e rs verhält es sich jedoch im zweyten
Balle, und wirklich hat uns ein ehemals sehr berühmter Wund-
arzt zu Paris, Tal ina, eine Beobachtug aufgezeichnet, welche
wie Kr u n i t z sagt, einen Beweis abgibt, wie vorsichtig man
mit den von Menschenhaaren geflochtenen Hals-, Arm-, Uhr-
und Stockbandern, im Gebrauche seyn muss, wenn man die
Person nicht kennt, aus deren Haaren sie verfertigt sind. Dieser
Arzt wurde nämlich zu einer Dame gerufen, welche einen
Ring von eiternden Knötchen um den Hals bekommen hatte
Vergebens spürte er lange der Ursache nach, bis er endlich
ein haarenes Halsband auf ihrem Tische gewahrte, welches
sie vor einer Woche gekauft, und bis zur Erscheinung der
gedachten Knötchen am Halse getragen hatte. Wirklich be
wies der weitere Gang der Krankheit eine Ansteckung durch
die Lustseuche mittelst dieser Haare__
r nun solche Fälle wohl selten eintreten, und
die Haare der meisten Verstorbenen theils an und für sich
theils durch gehörige Reinigung in dieser Beziehung unschädlich
sind; so muss man sich doch billig wundern, mit welcher
Unbesorglheit, und mit welch5 gänzlichem Mangel an Scheu
und Ekel unsre sonst so empfindsamen Frauen über diesen
Umstand hinwegsehen, während sie beym Anblick eines Haares,
das vielleicht von ihrem eigenen, oder doch dem Kopf
ihrer gesunden Köchinn in die Speise fiel, ohnmächtig werden
können. So gross ist die Macht der Mode, und der Eitelkeit!
Ich meines Theils könnte das Tragen falscher Locken denjenigen
Mädchen und Frauen, deren Haare von Natur auffallend
schlecht bestellt sind, aus Rücksicht auf die unvermeidlichen
gesellschaftlichen Verhältnisse, wohl verzeihen; dagegen finde
ich es eben so lächerlich, als dem eigenen Haarwuchs verderblich,
wenn man aus Modesucht oder Faulheit die Gabe der
Natur mit künstlerisch geformten fremden Locken verbirgt.
Mit Recht sagt also Mo r e a u *), „dass der Arzt gewiss nicht
ohne unangenehme Empfindung den modernen Kopfputz, die
fremden Haare, diese den Gräbern geraubte Beute, diese Perücken
aller Art und Farbe sehe, womit unsre neuen Gr iechinnen
Organe verstecken, und beynahe unnütz machen,
welchen die Natur Functionen angewiesen hat, deren Aufhören
oder verkehrter Gang nachtheilige Folgen nach sich ziehen
muss ;£< und eben so gut heisst es im Münchner-Intelligenzblatt
vom Jahre 1780: «Ein ekles und sittsames Frauenzimmer
trägt gewiss grosses Bedenken, sich ihr feines, volles und gesundes
Haar durch einen beschmierten Tanst von fremden
Haaren zu besudeln, die mehrmals von Kranken und Todten,
oft wohl gar von Grind - und Läuseköpfen zusammengebracht
sind.« Insbesondere muss man vor solchen aus F r a n k r e i c h
ankommenden Waaren warnen, da die dazu benöthigten Haare
meist aus demBi?6tre, H o t e l de Dieu und andern Spitälern
genommen sind.