
512 Von der Leucopatliie oder dem Albinoismus.
Asche gab, welche 2,116 Kalk o,p Magnesia, o,5 Kieselerde
und 0,2 Gran Eisenoxyd enthielt.
12) Vor einigen Jahren bekamen wir hier in Wien auch ei-1
nen angeblich wahren Leucaethiopen zu Gesichte, welcher
schon seit seiner frühen Jugend aus seinem Vaterlande
entführt und in England in Gesellschaft seiner Schwester
lebte, und damals in einem Alter von circa 20 Jahren
zur Schau herumreiste. Derselbe hatte alle Charaktere
der Albinos, besonders zeichnete sich sein schwächlicher
Habitus, und die Licht- oder besser gesagt Sonnenscheue
aus; aus der letzten Ursache ging er auch nur in der
Dämmerung spazieren. Seine Haare, wovon er mir selbst
ein Büschel abzuschneiden, ja sogar zum Theil auszureis-
sen erlaubte, waren im Ganzen gelblichweiss, einzeln
glichen sie aber den feinsten weissen Seidenhaaren, und
hingen in einer Länge von 2 ‘/ a Schuh über den Nacken
und die Schulter hinab. Unter dem Microscop betrachtet
zeigten sie ausser der möglichst feinen Structur und der
fast gänzlichen Durchsichtigkeit der Haarzwiebeln nichts
Abweichendes. Uebrigens war dieser weisse Mohr nichts
weniger als ungebildet, vielmehr zeichnete er sich in seinem
Benehmen durch gute Geistesgaben aus. Auch sprach
er englisch und französisch mit vieler Fertigkeit, und
hatte überhaupt ganz die Manier eines gebildeten Europäers.
— Sonst befindet sich hier in Wien ein eingebor-
ner Kakerlak, welcher als Kellner in einem Bierhause
dient. —
13) Uebrigens war diese Krankheit schon den Alten wohl
bekannt. So soll der König Hydaspes eine Tochter, Namens
Char iclea gehabt haben, welche er nicht als solche
anerkennen wollte, weil sie eine ganz weisse Haut und
Haare hatte. Ar i s toteles *) erzählt ein ähnliches Bey-
spiel. Selbst endemi sch hat man diese Krankheit schon
früher beobachtet; so soll Al b a n i e n (ein Land zwischen
demCaucasus und Armenien) nachPl ini us daher seinen
Namen erhalten haben, und I s igonus Nicaeensis **)
sagt von diesem Lande: nGigni ibidem quosdam glauca ocu-
lorum acie, a pueritia slatim canos, qui noctu plus, quam in-
*) Histor. animal. L. VII. c. 6.
**) P 1 in . L. VI. c. 13- p. 311 et P I in . L. VIII. c. 2. p. 371
Von dem krankhaften Ergrauen der Haare. 313
terdiu cernant.u Der alten Leucaethiopen erwähnen schon
Poinponius Mela*) , P linius**), P t o l oma e u s ***)
und Aga theme r ****), obschon sie in Bezug auf den
Wohnort derselben nicht übereinstimmen.
In der neuern Zeit beschrieb Blumenbach selbst einen
deutschen K alt er 1 a k e n ; Chapmann , Nie. Le Ca t
erzählen ähnliche Beyspiele aus Spani en und F r a n k r
e ic h, Car d a n u s aus seiner eigenen italienischen Familie;
A g r i c o l a . und Ol a u s Magn u s aus Schweden. — Dass
es auf J a v a , Borneo, M_anilla und Ma l a b a r häufig
solche Menschen gebe, sagen dje Berichte aus T r a n qu e b a r .
Eben so haben Vossius, Chapmann, Gr ö b e r , Tac har t ,
Cos s i g n y afrikanische Ka ker l ake n von Guinea, L o-
ango, S e n e g a l , den Quellen des Ni ls; endlich Cos s igny
auch von der dar is chen Me e r e n g e , T u c um a n a und
P a r a g u a y inAmer ika beschrieben.
§. 162.
h) Von dem krankhaften Ergrauen der
H a a r e , ( CanitieSj Poliosis.)
Man pflegt überhaupt das Grauwerden in jenes, das Altershalber,
und in jenes das zufällig entsteht, einzutheilen.
Ueber das erste wurde in dem physiologischen Theile dieses
Werkes §. 131 das Nöthige gesagt ; wir haben es daher hier
nur mit jenem zu thun, welches vor der gesetzlichen Zeit,
also zufällig die Haare trifft.
Die Zeit des Eintritts dieser unwillkommnen Erscheinung
hängt natürlich von unzählbaren Nebenverhältnissen ab, so
zwar dass man wirklich in jedem Augenblick grau werden kann,
wie aus den später anzuführenden Beyspielen erhellen wird.
In den meisten Fällen kommen die grauen Haare anfangs
ganz allein zwischen den andern hervor; und es beginnt das
Bleichen der Haare, so wie beym Greise, von der Spitze, und
verbreitet sich von da allmählig über das ganze Haar, oder
*) L. I. c. 4. p- 12- LB. 1743-
*») L. V. c. 8. p. 252. Hard.
*♦') L. IV. c. 6. p. 77.