
den Büttel die Haare öffentlich abscheeren, und an den Pranger
nageln*).
Die Ch i n e s e n schätzen nichts höher, als die Haare.
Wenn sie spielen, verlieren sie lieber Hab’ und Gut, als die
Haare, und haben sie diese verloren, so begehen sie sich gerne
in die Sklaverej **). Auch bey den Indi anern fast aller
Stämme ist die Beschneidung der Haare als Strafe oder Beschimpfung
im Gebrauch; namentlich gilt diess von den Weibern
, die auf einer Untreue ertappt werden.
Von jeher hatte die Fa r b e der Haare einen äusseror-
dentlichen Einfluss auf den Begriff von ihrer Schönheit. Doch
kommt man hier mitunter auf sehr merkwürdige Abweichungen
bey den einzelnen Nationen. So sollen bey den alten
Aegyptern alle Kinder mit rothen Haaren gesetzlich getödtet
worden seyn. Dagegen sagt Mar t i a l :
Crine ruber, niger ore, brevis pede, lumine caesus,
Rem magnam praesles, Zolle; si bonus es.
Bey den Römern war das gelbe Haar der Deutschen besonders
beliebt. Daher singt Ovid***) ironisch und tröstend
zugleich an eine kahle Dame:
Nunc tibi caplivos mittet Germania crines.
Je gelber die Haare, je weisser der Busen, je zarter der
Bau des Leibes, desto höher war die Schönheit der Frauen
vor dem Triumphwagen des Siegers, welche zu noch grösserer
Verherrlichung des Helden ihre mit Bänder durchflochtenen
Haare zerstreut hängen und fliegen lassen mussten. Ma r t i a l
schickte seiner angebetheten Lesbia Haare aus Deutschland,
damit sie sich überzeuge, um wie viel schöner noch die ihrigen
seyen:
Arctoa de gente comam tibi, Lesbia, misi,
Ut scires, quanto sit tua flava magis.
Die ganz rothen Haare waren auch hey den Griechen
und Römern verhasst, und dieser Widerwille ist selbst auf uns
* ) He i s e von dem Bescheeren des Hauptes, als einer ehemals üblichen
Strafe im 103ten und 104tcn Stücke der Hannoverischen gelehrten
Anzeigen des Jahrs 1753. Col, 1515 *— 153'!.
**) Sa au Itinera orientalia p. m. 21.
***) Amor. lib. 1, Eleg. XIV.
übergegangen. Dennoch sollen einige wilde Völker am Cauca-
sus eine so grosse Vorliebe zu ihnen hegen, dass die Frauen
ihre schwarzen Haare mit rothem Fette bestreichen. Unter
den blonden Haaren wird noch heut zu Tag, so wie zu den
Zeiten der Griechen und Römer, das goldgelbe vor allen hoch-
geschätzt. Doch ziehen viele diesem das aschfarbige Haar vor;
daher soll auch dieses im Handel das theuerste seyn. Unter den
braunen wird das kastanienbraune für das schönste gehalten;
und das schwarze Haar ist um so schöner, je stärker sein Glanz,
und je tiefer die Schwärze ist. Blondes Kopfhaar und schwarze
Augenbraunen gelten als Merkmal vorzüglicher Schönheit, welches
aber auch sehr selten ist. —
Eine ganz besondere Berücksichtigung verdient in Hinsicht
auf Schönheit des Körpers der Bart . Denn zu allen Zeiten
wurde der Bart als eine Hauptzierde des männlichen Geschlechts
erachtet, und stets war der Mann stolz auf seinen
Bart, durch den er eigentlich erst zum Manne gestempelt wurde.
Daher ist die Antwort des Diogenes auf die Frage: warum
er sich den Bart wachsen lasse, äusserst treffend, indem er
sagt: „Ut eam intuens vir um me esse meminerim.u Nach Galen*)
erhält dadurch der Mann seine vorzügliche Würde:
„Verum etiam decus atque ornamentum ojfert. Venerabundus enim
magis mas apparet, idque polissimum, si aelatis progressu pili ei
undique circumfundantur.“ Ueber das bartlose Weib sagt er in
dieser Hinsicht: „Alioquin etiam animal hoc mores non habet
aeque vener andos, ac masculus. Proinde ne forma quidem ei erat
opus v e n e ra n d a In gleichem Sinne singt der Dichter: „Barba
virile decus, quam vix duo puncta notabanl.“ — Daher liess man
auch in frühem Zeiten allgemein den Bart fortwachsen, und
das Abschneiden oder Abrasieren desselben ward für einen
grossen Schimpf gehalten. So sah sich der König David durch
das Scheeren seiner Gesandten von Hanno dem König der
Ammo n i t e r so beschimpft, dass er ihm den Krieg erklärte,
und nicht erlaubte, dass die Gesandten in einem solchen Zustande
nach Jerusalem kommen, sondern ihnen befahl, so lange
in Jericho zu verbleiben, bis ihnen der Bart wieder gewachsen
sey**). Auch die Griechen und Römer hielten es für eben so
unnatürlich und schändlich, sich den Bart abzuscheeren, als
*) De usu partium. D e p i l i s . cap. 14.
**) 2 Sam. 10, 4.
Eble’i Lehre von <1. Haaren II, Bd, 12