
trichia). Der Grund dieser mangelhaften Excretion liegt entweder
in allgemeiner oder örtlicher Schwäche, oder in einem
offenbaren Mangel an Fettmaterie im Körper überhaupt, oder
an dessen behaarten Theilen. Man hat wohl auch dem kalten
Waschen des Kopfes Schuld gegeben. Diesem Uebel handelt
man natürlich auf dieselbe Art entgegen, wie ich schon früher
beym Gebrauch der, zum Ersatz der zu dürftig abgesonderten
Haarsalbe bestimmten Pomaten, auseinander gesetzt
habe.
3. Von dem Weichselzopfe.
§• 172.
E i n l e i t u n g .
Da diese Krankheit, wie wir gleich hören werden, nur
in einem verhältnissmässig sehr kleinen Theil der bewohnten
Erde vorzukommen pflegt, so haben nur wenige Aerzte die
Gelegenheit, sie wissenschaftlich beobachten zu können. Unter
diese letztem gehöre nun auch ich, indem ich wohl einige
mit dem Weichselzopfe behaftete Menschen gesehen habe
, mir aber nichts desto weniger über die vielen andern,
bey einem flüchtigen Anblick nicht zu unterscheidenden Ei-
genthümlichkeiten dieser höchst wichtigen, noch immer nicht
gehörig aufgeklärten Krankheit kein, auf eigene Erfahrung gestütztes,
Urtheil erlauben kann. Was ich demnach in den
folgenden Paragraphen sage, ist aus den wichtigsten und besten
Quellen, also aus den Schriften anderer Aerzte gezogen,
und der Vollständigkeit des Werkes zu lieb hier angereiht.
Sollten übrigens meine, mit Genauigkeit und gewissenhafter
Treue angestellten anatomisch - physiologischen Untersuchungen
des Baues und der Verrichtungen der Haare überhaupt
zur Aufklärung dieser räthselhaften Krankheit, oder auch nur
zur Bekräftigung irgend einer noch nicht hinlänglich erprobten
Meinung über jene etwas beytragen, so wäre ich in hohem
Grade zufrieden.
§• 173-
Bestimmung des Begriffs.
Der Weichselzopf ist eine ganz eigenthümliche, bald
selbstständige, bald symptomatische, endemische, und , unter
gewissen Umständen ansteckende (?) Krankheit behaarter Hautstellen,
der Haare selbst, und manches Mal auch der Nägel,
die sich durch entzündliche Anschwellung der Haarwurzeln,
aus denen sich eine schleimige, klebrige, selbst zuweilen blutige
Materie ausdrücken lässt, ferner durch Verdickung der
Haare selbst, durch Befeuchtung derselben mit einem klebrigen,
öligen, sehr widrig riechenden Stoff, durch Verwirrung
in unauflöslich zusammengeklebte Zöpfe oder Wülste u. dgl.,
auch wohl, obgleich selten, durch Entzündung derFinger- oder
Zehenspitzen, Schmerzhaftigkeit der rothen, braunen oder bley-
farbigen Nägel, Verdickung und Entartung derselben in unförmliche
Hornmassen äussert *).
§• 174-
Benennung der Krankheit.
Diese Krankheit hat verschiedene Benennungen erhallen,
welche ich hier anführen will. Die allgemeinste ist wohl
Plica polonica, von nr'Ameiv plicare, daher heisst sie auch im
Griechischen «Tiektcivvi und rpnctdjx« ; lateinisch : Plica polonica,
judaica, Trica, Tricae incuborum (Schenk) , Tricae scrophorum,
Trichoma (Man ge t, Sau vages, Gül len u. a.) ; Plica cirrho-
s a , s. masculina (wenn Zöpfe gebildet werden); Plica mllosa,
s. feminea (wenn Wülste entstehen); Cirragra, Cirrhagra Polonorum,
Capillitium intricalum, Coma Caesarea, Lues trichomaiica,
Lues pokutiensis, Lues sarmatica, Lues pocucica, Lues polonica,
Affeclio sarmatica, Ropalosis (Linné, Vogel ) ; Helotis (A g r i-
cola) ; Lues koltonica (Richter ) ; Gwozdziec, Gwordziez oder
Gwodziec bey den Poh l e n ; Koltun bey den Roxol anern;
deut sch: Weichselzopf, Wixelzopf, Wichtelzopf, Judenzopf,
Wehrlocke, Mahrenflechten, Mahrenloche, Mahrenwichtung,
*) v. R a i m a n n ’s Handbuch der speciellen mediclmschen Pathologie
und Therapie* 2ten Bdes. Wien 1823* p* 166.