
Bürger nach dem Zeugnis» des Joh. X i p h i l i n u s *) Stricke
aus den Haaren ihrer Frauen. Das gleiche thaten die Weiber
der Aquilejenser, und sie bedienten sich dieser Stricke zum
Pfedschiessen, wie uns Jul i u s Cap i t o l i n u s berichtet Lac
t a n t i u s erzählt, dass, als Born durch die Gallier aufs
härteste gedrängt wurde, die Weiber Stricke aus ihren Haaren
gemacht hätten, um die Wurfgeschütze gehörig zu bedienen.
So kam es, dass der römische Senat den Tempel Fe-
neris calvae zu Ehren dieser Matronen errichten liess. Auch
erzählt Pa u s a n i a s , dass die Alten aus den Haaren Stricke
machten, womit sie die schwersten Kriegsinstrumente befestigten,
und die Schiffe zogen, und P l u t a r c h sagt dasselbe von
den Weibern der Carthaginenser----P a u l l i n i sah im Wormser
Gebiet einen Bauernknaben von 15 Jahren, der dicke,
starke und schwarze Haare hatte. Derselbe konnte mit den
Haaren seines Hinterhauptes eine zinnerne Flasche mit 12 Mass
Bier eine halbe Meile weit tragen. Ein ähnliches Beyspiel führt
auch Schenk **) von einem 18jährigen Jüngling an. Bekannt
ist die von Barth o lin * * * ) erzählte Geschichte, dass ein Mann
mit seinen Haaren einen 400 Pfund schweren Amboss in die
Höhe zog.
Alle die genannten Eigenschaften der Haare stehen mit ihrer
F a r b e in einem merkwürdigen Yerhältniss. So sind z. B. die
dunkeln und ganz weissen Haare im Durchschnitte weniger biegsam,
als die, welche die Mittelfarbe halten; schwarze Haare sind
härter als blonde; helle Haare an der Scham und in der Gegend
des Afters sind dennoch weicher und biegsamer, als dunkelfarbige
Haupthaare. — Auch das A11 e r und G e s c h 1 e c h t
äussert hierauf seinen unverkennbaren Einfluss. So findet man
bey Erwachsenen überhaupt härtere Haare, als bey Jüngern
eben so auch härtere bey Männern als bey Weibern. Im umgekehrten
Verhältniss gilt dasselbe von der Biegsamkei t .
Die feinsten, weichsten und biegsamsten Haare findet man
stets bey Kindern. Von der St ä r k e wurde schon oben das
Nöthige angeführt.
Was endlich noch den Gl anz betrifft, so scheint er
mit der Weichheit und Biegsamkeit mehr oder weniger ver-
*) ln S e v e r . p. m, 589.
* J I- Anat. exercitat. Sect, 2. cap. 8-
**v) Epistol. 67, 3it. p. 629.
bunden zu seyn, was sich auch leicht erklären lässt, indem
auch er gleich jenen von der vorherrschenden Menge flüssiger
Bestandtheile abhängt. Am wenigsten glänzen desshalb
in der Regel die ganz weissen und die sehr dunklen Haare,
obschon man hierin ebenfalls auf Ausnahmen stösst. —
Eben so glänzen auch die Haare der Frauen und Kinder mehr,
als die der Männer und Erwachsenen. Ueberhaupt aber hängt
der Glanz von der fettartigen Materie ab, welche beym Streichen
mit den Fingern an der Oberfläche der Haare wahrge-
nommen wird, und welche Dr. J a h n nicht unpassend die
Haar s a lb e nennt.— Ich habe oben gesagt, dass die S p r ö d
i g k e i t der Haare meist mit ihrer Hä r t e zusammenkom-
me, ich muss jedoch die Nasen-, Ohren-, Achsel-, Scham-
und Afterhaare von grosser Sprödigkeit freysprechen, obgleich
sie unter die harten zu zählen sind. Dagegen trifft man die
Sprödigkeit an dunkeln und ganz weissen Augenbraunen, an
den Bart- und vorzüglich den Haupthaaren auffallend an.
In Bezug auf die Kr ä u s e l u n g der Haare habe ich
zuerst zu bemerken, dass man jenes Haar k r a u s nennt, welches,
statt in gerader Richtung zu laufen, kleinere oder grössere
Bogen, oder Umbiegungen nach der Seite macht, und
auch in der Nässe so bleibt; denn wo letzteres fehlt, ist das
Haar nur ein schlichtes, gerades. Die Haare kräuseln sich gemeiniglich
auf dreyerley Art, entweder legen sie sich nur in
einen einzigen Ring, oder in Locken, die wie Schnecken oft
um sich selbst laufen, oder sie gehen schlangenweise, und
machen verschiedene Bogen. — Die Achsel- und Schamhaare
fand ich immer gekräuselt, nicht so die Nasen-, Ohren- und
Afterhaare, die es gleichwohl zuweilen auch sind. Auch die
Barthaare findet man meistens krause; seltener, aber dann
desto auffallender die Haupthaare, die es oft nur an ihrem
freyen Ende sind, wahrscheinlich weil ihre grosse Länge und
Schwere der Biegung widersteht. Dicke, harte oder gar borstige
Haupthaare können sich nicht kräuseln, eben so wenig
als jene, die dünn, dicht und weich zugleich sind. Gewöhnlich
findet man nur an den dünnen und harten Haupthaaren
Kräuselung. Höchst selten trifft man sie bey den Haaren auf
der Brust und an den Gliedmassen; die der Aughraunen und
vorzüglich die Cilien sind immer nur einmal nach der Seite
gebogen, können also nicht wohl für krause Haare genommen
werden. Im Allgemeinen findet Kräuselung um so leichter