
sichert, eine wirkliche Verlängerung an den Haaren des Kinnes
eines sorgfältig rasirten Kopfes , welchen er acht Tage
hindurch in einem Keller hatte maceriren lassen, beobachtet
zu haben. Gleicher Meinung ist auch Vi l l e rmö und S. G.
Vogel .
Wunderbarer als alle diese Beyspiele ist folgende Geschichte,
die uns Dr. P e t e r Romme l * ) erzählt: Er sah
nämlich auf dem Kirchhof zu Weissenhorn unter vielen Tod-
tenköpfen auch eine Hirnschale, die sehr gross, ohne Haut,
und fast ganz trocken war. Ihre Oberfläche zeigte eine Menge
eingeflochtener Haarzöpfe, deren Haare mit Schnüren von hie
und da wieder zerrissenen und baumwollenen Fäden ordentlich
geflochten waren. Die Wurzeln dieser Haare sassen tief
in der Hirnschale, und konnten nur mit Gewalt herausgezogen
werden. Es war diess der Kopf der Tochter des Bürgermeisters
Bertiin. (Das Ganze scheint mir auf einer mangelhaften Beobachtung
zu beruhen). _ Noch mehrere Beyspiele für die Mei-
nung, dass die Haare nach dem Tode nachwachsen, findet
man in der Isagoge anatom.**), ferner bey Ki r k p a t r i c k ***).
Dass sie selbst getrennt vom Körper, ausgerissen und ins Wasser
gestellt, noch fortwachsen, behaupten Kr afft ****) und
S c h l e g e l •{•).
Dagegen mangelt es nicht an wichtigen Männern, die der
Sache keinen Glauben schenken, und das Ganze für eine
blosse Täuschung halten. Hierunter gehören mehr oder weniger:
Thoma s Gross, Ma r c e l l u s Dona tu s, L a u r en t .
F o r e r , Ga s p a rH o ffm a n n , A n t o nU lmu s u. a. m. Ca-
merarius•f'-f-) behauptet ebenfalls das Gegentheil; Ruy sch
glaubt, dass die Haare so wie andere Theile sterben : „Sepulcra
intravi et nunquam contrarium observavi f f f ) , “ und f f f f ) „Vidi,
nee capillos creeisse nec ungues post mortem, quum vidcrem in
*) In den Akten der Leopoldinisch - Carol. Akademie der Naturforscher,
16. Thl. p. 418,
**) Pag. 43.
De putredine p. 26, und Sat. Siles. III. n. 4.
****) In novis comment. Petrop. T. II, p. 241.
-J-) Ueber den Weichselzopf, 3. Cap. p. 44.
•M-) Memorabil. medica Centur. V. §. 47.
t f t ) Tesaur. 9.
f f f f ) Adversarior. Decas 2. p. 46.
cincinnos complicatos capillos in cadavere muliebri aeque arcle
adhuc craniis adhaerescere ut in vita.u Auch Hei s t e r ist dieser
Meinung, und zwar, wie er sagt, auf Erfahrungen gestützt.—
In unsern Zeiten scheint man diesem Gegenstand theils wenig
Aufmerksamkeit zu schenken, theils in der Mehrzahl für die
Annahme gestimmt zu seyn, dass die Haare nach dem Tode
nicht wachsen. Hal l e r * ) erklärt die Erscheinung für eine
Täuschung. — So hält auch Rudo l ph i**) diess für kein
Wachsen, weil hierzu Leben des Organismus gehöre, wie es
in der Zwiebel des Haars durch Nerven und Gefässe unterhalten
wird. „Wo die zu wirken auf hören, fällt das Haar
aus.“ _ Bey diesen Verhältnissen suchte ich mir denn ebenfalls
eigene Ueberzeugung zu verschaffen; nachdem ich schon
zuvor durch eine auffallende Veranlassung dazu aufgefordert
war. Als wir nämlich im Jahre 1825 auf dem anatomischen
Theater der medicinisch-chirurgischen Josephs-Akademie den
Kopf eines erwachsenen Mannes zu einem Nervenpräparate
verwendeten, und bey der langen Dauer der Arbeit selben
in einer Mischung von Wasser und Weingeist aufbewahrten,
fiel mir eines Tages, als ich wieder meine Aufmerksamkeit,
die seither mehr auf den Hals gerichtet war, dem Gesichte
schenken musste, der grosse starke Bart auf; weil ich mich
sehr wohl zu erinnern wusste, dass ich dem Sectionsdiener
vor acht Tagen aufgetragen hatte, diesen Kopf durchaus rein
abzurasieren, und mich von der pünktlichen Erfüllung dieses
Auftrages überzeugt hatte, ehe das Präparat angefangen
wurde. Diess bezeugten auch alle übrigen, die in der anatomischen
Anstalt angestellt waren. —Ich stellte nachher mehrere
Beobachtungen an andern Köpfen an, und zu meiner grossen
Verwunderung blieb in diesen Fällen der Bart jederzeit in derselben
Grösse, die er nach Verlauf von einigen Tagen erlangt
hatte, d. h. er wuchs anfangs sehr unbedeutend, dann aber
nicht mehr; so dass ich, gestützt auf diese Erfahrungen, und
in Rücksicht der früher angeführten Gewährsmänner, mich
geneigt fühle, auf die Seite derjenigen zu treten, die glauben,
dass es nach dem Tode keine wirkliche, sondern nur e i n e
s c h e inba r e V e r l ä n g e r u n g an den Haaren gebe, die da-
*) Element, phys. §. 19. T. V.
**) Physiologie 1, Bd. p. 290.
Eble s Lehre von d, Haaren II. Bd.