
An m e r k u n g 2. Nach B u r d a c h * ) ist das H a a r, besonders in Hinsicht
auf Lä n g e , mehr dem der Mutter ähnlich bey dem Bastard
von W id d e r un d Ziege, von Hund u n dF iich sin n , bey demMaul-
thiere- und Maulesel. Dagegen hat der Bastard vom Ziegenbock
und Merinoschaf nach R i b b e am Hals, der Brust, dem Rücken
u n d der Seite die Wolle der Mutter, an dem Hinterkopf und den
Beinen die Haare des Va te rs, un d am Vorderkopf, Kreut;,
Schenkel un d Schwanz einen Mittelschlag von Haaren.
§• 129.
Gerade und krause Haare.
Sehr verschieden sind die Ursachen, welche man zu verschiedenen
Zeiten der Kräu s e l un g der Haare unterlegt hat.
Ar i s t o t e i e s leitet sie theils von dem Saftmangel, theils von
der kleinen Hautöffhung her* durch welche das Haar gehen
muss, und sagt: -»Simplici seu recto sunt pilo, qui humore abundant,
et ubi per meatus rectos evaporat. ~ Auf ähnliche Art,
doch etwas ausführlicher drückt sich Galen hierüber aus:
)> Crispi J'iunt pili vel propter siccitatem temperamenti, vel propter
mealum, in quo radicantur ; et propter siccitatem quidem ad eum
modum, quo corrigiae, quae igne plus justo siccantur, imo ipsos pi-
los igni propius admotos, protinus intorqueri vides, atque ita quidem
omnes Aethiopes sunt crispi.«.
Dieser Ansicht folgt auch T h oma s B a r t h o l i n , und
alle seine Zeitgenossen, so dass man, wie z. B. Vil l a n o v a
den Schluss umkehrte, und aus dem ICrauseseyn des Haares
auf Wärme und Trockenheit des Temperaments schloss. -—
Ma l p i g h i sucht die Sache genauer zu erklären, indem er
sagt: »Sobald die Röhrchen des Haars von dem enthaltenen
Safte gleichmässig angefüllt sind, werden die Haare gerade,
wo aber ein Stück oder eine Seite desselben vom Safte strotzt,
und der andere Theil schlaff bleibt, entsteht nothwendig ein
schiefes Haar. Diess kann jedoch schon von der ursprünglichen
Organisation veranlasst werden 5 denn die Haare müssen
nothwendig krumm werden, sobald die Zwischenräume der
Klappen (eigentlich der Querwände oder Blättchen im Canal)
grösser und weiter werden, wie wir diess täglich auf eine
künstliche Weise beym Frisieren der Haare mittelst eines er-
*) Die Physiologie als Erfahrungswissenschaft lste r Bd. p. 523.
Gerade und krause Haare. 133
wärmten Eisens sehen können. Ist das Mark ausgetrocknet
und verzehrt, so ziehen sich die Röhrchen zusammen, das
Haar wird schief und kraus. Diess verliert sich dann wieder
durch die Feuchtigkeit der Atmosphäre.«
Gleicher Meinung mit ihm ist auch Morgagni . — Gl isson
dagegen scheint wieder mehr Gewicht auf das Verhält-
niss des Durchbruchs vom Haare zu legen, indem er sagt:
»Wenn die Haut viel und weiches Parenchym hat, so kommen
die Haare nicht allein häufiger, sondern auch gerade hervor,
weil sie im Heraustreten nicht gehindert werden. Wenn aber
das Parenchym trocken, oder nur dünn, und die Haut selbst
sehr straff, gespannt, und das Loch, wodurch das Haar gehen
muss, eng und zusammengezogen ist, so wird der Austritt des
Haares gehindert, und das Haar nach der einen oder andern
Seite umgebogen. Das gekrauste Haar entsteht daher theils
von der Schwierigkeit des Ausbruchs, theils von der Ungleichheit
desselben. Erstere hat ihren Grund in der Enge der Löcher
, un'd diese beruht auf der Trockenheit und Straffheit der
Haut. Daher sind krause Haare immer auch mit straffer und
starker Haut gepaart, und in sofern auch ein Zeichen körperlicher
Stärke, Behendigkeit in allen Handlungen, und der Bereitschaft
zum Genuss der Liebe, da hingegen die geraden
Haare mehr oder weniger das Gegentheil beweisen.
Nach Ma r i o t t e * ) kommt sowohl der Durchmesser und
die Figur, als auch die Kräuselung der Haare von der Grösse
und Figur der Hautporen her, durch welche das Haar dringt.
Sind die Poren klein, so werden die Haare fein, sind jene gerade
, so sind es diese auch ; sind sie gewunden, so erscheinen
diese gekräuselt; sind sie vieleckig, dann werden die Haare
prismatisch; sind sie rund, so werden diese cylindrisch.«
Dieser Ansicht folgt auch der königliche Leibarzt S enac.
— Ha t s c h e t t erklärt die Kräuselung aus dem geringen An-
theil von Gallerte. — Bast er **) sagt: dass die Neger dess-
halb so krauses Haar hätten, weil ihr M a lp ig h i’scherSchleim
viel zäher und fester als bey andern Nationen sey, und daher
dem durchdringenden Haar mehr Widerstand leiste, so dass
es sich krausen muss. Die neuern Anatomen und Physiolo-
*) A. a. O.
**) A. a. O. p. 316.