
dennoch damals sehr behartet war; zehn Jahre nach seiner
vollkommenen Entmannung blieb sein Bart noch bev gleicher
Stärke *).
Ich komme nun zu der vielfach aufgeworfenen, und wohl
noch nie ausführlich gelösten Frage: Wa r um die Weib
e r s e l t n e r k a h l k ö p f i g wer d e n , als die Männer?
Das we i b l i c h e Ge s c h l e c h t und Bl i n d g e b o r n e
weniger dem Kahlwerden unterworfen werden, bemerkt schon
Ar i s t o t e l e s ** *).
S. G. Vogel findet die Ursachen davon theils in dem
fortwährenden Warmhalten des Kopfes, theils darin, dass das
Aufhören der Menstruation den Kohlenstoff , somit das Pabu-
lum der Haare im Körper zurücklasse; indem hier der Kohlenstoff
dasselbe bewirke, was wahrscheinlich bey den Eunuchen
der Same verursache, nämlich dass auch bey den Weibern
das Kahlwerden seltener und später eintrete.
Ich glaube in diesem Bezug nicht übersehen zu dürfen,
dass die Fr a u e n im Allgemeinen rücksichtlich der manigfalti-
gen Genüsse des Lebens doch mässiger sind, als die Männer;
und dann, dass der Genuss der Liebe bey ihnen lange nicht
so entkräftend einwirke, und daher in dieser Hinsicht nicht so
leicht üble Nachwehen nach sich ziehe, als ebenfalls bey den
Männern. Setzt man noch dazu, dass ein kahlköpfiges Weib
einen Anblick darbietet, der nicht nur für uns Europäer, sondern
selbst für die wilden Stämme in Amerika etwas Abschreckendes
hat (indem sich dort zwar die Männer, nicht
aber die Weiber die Haare am Kopfe abrasieren lassen), und
würdigt man, wie sehr der Schöpfer bey der Bildung des
Weibes auf äussere Schönheit und Anmuth hingewirkt hat ,
so wird man sich zum Theil die obige Frage lösen können.
Uebrigens sah Jos. F r a n k eine schöne gesunde
Frau, die an vollkommener Phalacrosis litt.
Dass die Ursache des Ausgehens der Haare n a c h Kindb
e t t e n höchst wahrscheinlich bloss in einem Mangel an gehöriger
Nahrung liege, wird auch dadurch bekräftiget, dass
diejenigen Mütter, welche ihre Kinder nicht selbst säugen,
die Haare nicht so leicht verlieren; ferner, dass die Haare
*) Dict. des sclenc. med. tora. 5. p. 444 — 438.
**) De generat. animal, c. 3. und Problemat. sect. XXXI. probl, 5*
***) A. a. O. pars I. Vol. 1L p. 391.
nicht gleich beym Eintritt des Wochenbettes , sondern erst
dann auszufallen beginnen, wenn das Kind eine kräftige lette
Milch begehrt, also im vierten, fünften Monate der Säugung.
Dagegen leiden wieder nach W i g a n d ’s Beobachtung *)
Frauen, welche ihre Kinder gar nicht, oder nicht lange genug
»esäugt haben, oft an mancherley Beschwerden, namentlich
an Kopfschmerzen, in deren Folge sie ebenfalls die Haare
frühzeitig verlieren.
Man sagt, dass, je jünger der vom N e r v e n f i e b e r befallene
Mensch sey, er desto mehr Haare nach demselben verliere,
sie aber auch um so leichter wieder ersetze, ja oft sogar
einen reichlichem Haarwuchs bekomme, als er früher hatte.
Wenn Dr. J a h n behauptet, dass man keinen Philosophen
finde, der durch Gründlichkeit auf diesen Namen Anspruch
machen kann; keinen Staatsdiener, der im steten Sinnen
auf Mittel zur Verbesserung seines Landes begriffen ist; keinen
Arzt, der alles durch eigene Erfahrung prüfen und begründen
will, die nicht für ihre Gewinne Haare gelas sen
hätten; so finde ich diese Behauptung, so wie sie dasteht, d. K
ohne alle Ausnahme, viel zu gewagt, und als Mensch zu hart;
obwohl ich meine ganze Zustimmung da nicht versagen kann,
wo sie nur auf die grosse Mehrzahl der Fälle bezogen wird.
Unter den vielen hieher gehörigen Beyspielen führe ich bloss
das des Ritters von Ep e r n a y an, welcher nach einer viermonatlichen
ununterbrochenen geistigen Arbeit ohne alle Zufälle
irgend einer Krankheit den Bart, die Augenbraunen,
dann auch das Haupthaar, und „endlich alle Körperhaare
verlor.
Interessant ist ferner die Bemerkung, dass, wenn bey solchen
Verhältnissen auch noch häusliche Sorgen hinzukommen,
dann auch ein Ergrauen der Haare sich einzustellen
pflegt, und dass hinwieder blosses Br o t s t u d i um weder an
Fett noch an den Haaren nagt.
In Bezug auf die Wirkung der oben als Causalmomente
dieser Krankheit angeführten d e p r imi r e n d e n Gemü t hs -
af fecte, ist zu erinnern, dass sie in der Regel nur nach einiger
Dauer ein Ausfallen der Haare nach sich ziehen; dagegen
*) Die Gebart des Menschen in physiologisch-diätetischer und pathologisch
therapeutischer Beziehung nach eigenen Beobachtungen und
Versuchen, Be rlin 1820, 8. II. Bde, Herausgegeben von Nä g e l e ,