
als Cl o t a r s Sohn nur durch seine langen Haare geltend
und Cl o t a r der ihn nicht dafür erkennen wollte, liess ihm
die Haare abschneiden, und so war er degradirt. In gleicher
Absicht wurden späterhin Prinzen geschoren, wenn sie ins
Kloster gingen.
Zu den Zeiten der R el i gi ons v er f o lgungen wurde
den Christinnen das Haupt beschoren. Als Strafe war die Haarschur
im achten Jahrhundert unter den griechischen Kaisern
besonders auch gegen di eBi lde r s türmer sehr gewöhnlich.
Damals liess man den Kindern auch die Haare nur von Leu
ten scheeren die man achtete, und die zugleich die geistigen
Taufpathen des Kindes wurden. Wenn es wahr ist, dass ein
griechischer Kaiser dem Papste die Haare seines Sohnes schick-
te zum Zeichen, dass er ihn adoptiren möchte, so muss die-
e Sitte über das achte Jahrhundert hinausreichen. — Bekanntlich
wurden den Mädchen beym Eintritt ins Kloster die Haare
ebenfalls abgeschmtten. In der Nähe von Heidelberg liegt unter
dem Kloster Neubu r g am Neckar der H a a r l a s s , efn Gasthaus,
wo ehmals, wie noch jetzt die Sage lautet, die armen deutschen
Vestahnnen ihre schönen Haare lassen mussten — Als
unter der fränkischen Monarchie Weichlichkeit der Sitten ein-
riss, so trugen viele vom Klerus trotz der Verbote von Rom
ihre langen Haare fort, so dass dieser Missbrauch selbst in
Conciliën zur Sprache kam. Eines im Jahre SOQ zu Agde in
Frankreich befahl, dass, wenn Kleriker lange Haare trügen
er Archidiacon sie ihnen auch gegen ihren Willen abschneiden
lassen soll. Wi lhelm, Erzbischof zu Rouen, brachte es
im Jahre 1096 auf einem Concilium in Frankreich dahin dass
man den Schluss fasste: wer lange Haare trüge, sollte’während
seines ganzen Lebens von der Kirche ausgeschlossen
seyn , und nach dem Tode sollte für ihn nicht gebethet werden.
„Tout komme sera tondu, comme il convient d un chrétien,
sans quoi il sera chassé de Véglise; aucun prêtre ne lui fera de
sercnce et n’asststra d son enterrement“ *). Allein man empörte
sich darüber allgemein, und die Massregel unterblieb. Glücklicher
war der englische Erzbischof Ans elm , der über die
Verdammhchkeit des Haartragens eine so kraftvolle Rede hielt
dass sich die jungen Hofleute selbst die Haare schnitten, und
es so zur Mode machten. Ludwi g VII. liess sich ebenfalls
) Abbé M i l l o t , Histoire générale, tom, VI. p,
I-Iaar und Bart scheeren *). Ja es gab sogar Zeiten, wo man
das Tragen der langen Haare allen Christen ohne Unterschied
untersagte, worauf man jedoch nicht lange achtete. Zu jener Zeit
füllte die Beantwortung der Frage: ob gewisse Prinzen lange
oder kurze Haare tragen sollten, mehrere polemische Werke an.
Auch der Ehebr u ch wurde ehedem durch das Abschneiden
der Haare bestraft. Das Basilicon **) verordnet sogar den
Staubbesen, das Haar- und Nasenabschneiden gegen diese Sünde.
Das Kupplergesindel kam mit der Geiselung, Haarschur
und Landesverweisung davon, und damit in solchen Fällen das
Haar nicht sobald wieder wachse, wurde es unter den Kaisern
Bas i l ius und Leo, dem Weltweisen, auf dem Kopfe angezündet,
und abgebrannt. Die J u d e n flochten das Haar der
Ehebrecherinnen los, und warfen es hin und her ***). Auch im
Sachsenspiegel ist mit dem Staubbesen gewöhnlich das Haar-
abschneiden verbunden. Erlebte damals einer das Unglück, dass
ihn seine Frau krönte, so schnitt er ihr in Gegenwart der Anverwandten
das Haar ab, und peitschte sie durch das ganze
Dorf, und sie fand nie wieder einen Mann.
Im Herzogthum Ma g d e b u r g wurden noch im Jahre
1Ö85 den Hu r e n , nachdem sie an den Pranger gestellt waren,
die Haare abgeschnitten, und sie sodann des Landes verwiesen.
Sollte diese doppelte Strafe bey einer lasterhaften
Dirne hoher und niederer Art nicht zweckmässiger und erfolgreicher
seyn, als wenn sie bloss aus diesem Landesdi-
strict in einen andern gejagt wird, um dort in verkleinertem
Massstab ihr altes Gewerbe fortzutreiben, und nach Jahr und
Tag an ihren ehemaligen einträglichem Standpunkt wieder
zurückzukehren? Die genannte Strafe war damals so gebräuchlich,
dass man davon sogar dasWTort Hure ableiten will, welches
dänisch Ho r n , angelsächsisch Hör , allemannisch Hu'ar
ausgesprochen wird. — Auch durfte im alten Deutschland
nur eine Jungfrau unbedeckte Haare und einen Kranz tragen,
eine Sitte, die sich noch jetzt in manchen Gegenden zum
Theil erhalten hat. — Noch härter wurde mit jenen Mädchen
verfahren, die obgleich gefallen, ihre Haare gleichwohl bis auf
die letzte Zeit forttrugen. Man liess ihnen nämlich durch
M a 11 h a e i a. a. O. p. 113 und Me i ne r s p, 465.
**) I. 60. t. 37. c. 73.
***} Kr ün i t z ökonomische Encyclopedle 20« Thl, p, 480*