
stets angeschwollenen Haarzwiebeln anzusehen; so wie er
überhaupt nach reiflichem Nachdenken der Meinung ist, dass
die Haarzwiebeln nebst der Kraft, das in ihnen secernirte färbende
Princip in das Zellgewebe und die Haare selbst abzusetzen,
auch noch jene besitzen, dieses Secretum durch noch
unbekannte Oeffnungen unmittelbar nach Aussen abzusetzen;
und dass dem zu Folge die mancherley schmierigen, öligen
und stinkenden Schweisse eben so gut den Haaren als der
Haut zukommen.
Die bisher angeführten Thatsachen und Erscheinungen
setzen es demnach ausser allem Zweifel, dass die Haare wirklich
zur Aus s o nd e r un g irgend eines oder mehrerer Stolle
dienen. Es fragt sich nun aber, welcher Art diese Stoffe seyen,
und ob sie selbst im gesunden Zustande immer dieselben
bleiben ?
Auf diese Frage lässt sich ungefähr Folgendes antworten
:
l) Die durch die Haare auszuscheidenden Stoffe sind entweder
von gasartiger oder flüssiger Form. Es ist sehr schwer,
wo nicht unmöglich, die Natur der ersten zu ergründen,
und wir kommen hier wieder fast auf dieselben Schwierigkeiten,
mit denen wir oben, als von den Einsaugungsstoffen
die Rede war, zu kämpfen hatten. Indessen wird es
der Wahrheit ziemlich nahe kommen, wenn wir annehmen
, dass die dunstförmige Materie, welche wir an der
weissen Wand von den Haaren aufsteigen sehen, jener so
zu sagen analog sey, welche durch die sogenannte unmerkliche
Ausdünstung auf der ganzen Haut abgeschieden,
und in den Luftkreis vertheilt wird. Dass aber diese Materie
an allen behaarten Stellen des Körpers weit reichlicher
excernirt werde, als an andern nackten, ist eben so
richtig, als man diess auf der andern Seite nicht bloss der
durch die Haarbedeckung gesteigerten organischen Wärmeentwicklung
, sondern mehr dem Umstande zuschreiben
muss, dass, indem diese Ausdünstung zugleich an der ganzen
Oberfläche des Haars vor sich geht, nothwendig die
ganze ausdünstende Fläche einer behaarten Hautparthie
wohl um das sechsfache grösser, als auf einer haarlosen Stelle
sey. — Dass übrigens der an solchen behaarten Stellen
ausgeschiedene Dunst doch auch in qualitate, d. i. in seiner
Mischung verschieden von jenem anderer, nicht behaarter
Stellen seyn möge, macht mir der Umstand wahrscheinlich,
dass der Geruch desselben nicht allein ein eigenthüm-
licher, von dem an andern Stellen ganz specifisch verschiedener
, sondern auch an Intensität viel stärker, als dort
sey. So wissen wir, dass z. B. die Achselhöhle einen ganz
anders riechenden Dunst verbreitet, als der behaarte Kopf,
der Bart, die Brust, die Scham - und Aftergegend. An
allen diesen Stellen ist der Geruch specifisch. Wie liess
sich diess nun erklären, wenn er nicht von den Haaren
abzuleiten.wäre? Was hier vom Dunste gesagt wurde, gilt
ohne Einschränkung auch von der tropfbaren Flüssigkeit,
in welche sich derjDunst verwandelt, und von dem schmierigen
Fett, welches gleichsam als Niederschlag des Ganzen
dem betreffenden Theile am längsten anklebt, und
welches ich schon früher mit dem Namen der Haarsalbe
bezeichnet habe. .Wenigstens finde ich keinen hinreichen»
den Grund, unter dieser wieder eine andere ölartige Flüssigkeit
zu verstehen ; auch spricht der einfache Bau des
Haars keineswegs für so verschiedenartige Secretionen, die
doch gewiss einen zusammengesetztem Absonderungs-Apparat
benöthigten, von dem hier kaum eine Spur gegeben
ist. — Dass auf diesem Wege auch das electrische Fluidum
entladen werden könne, zeigen die schon oben berührten
Erscheinungen leuchtender und funkengebender
Haare, von denen übrigens Kne ip ho f*), rücksichtlich
des Menschen, die meisten Beobachtungen gesammelt hat.
Der Grund dieser Erscheinung liegt aber entweder in einer
verhältnissmässig sehr starken Entwicklung dieses Fluidums
im menschlichen oder Thierkörper, oder im verhinderten
Austritt, und regelwidriger Zurückhaltung, in
welch’ letzterem Falle es sich dann ungewöhnlich stark anhäuft
, und unter den genannten Phänomenen bey gegebenen
günstigen Verhältnissen endlich doch mit der Luft-
.electricität ins Gleichgewicht tritt.
2) Abgesehen von dieser gas-, dunstförmigen und tropfbar
flüssigen Materie wird an der Oberfläche der Haare noch
ein Stoff beständig ausgeschieden, der mit der eigentlichen
*) I. G. K n e i p h o f von (len H a a ren , deren Be schreibung, Nutzen,
Zufällen und Mitteln dagegen. Rotenburg an der Fulda 1777 p.24«
Eble s Lehre von d. Haaren II, Bd. 1 1