
§• 162.
a) Von dem Ausfal len der Haare überhaupt
fDepilatio s. Psilosis; Defluvium s. Lapsus pilorumj.
Obschon der Name selbst schon hinlänglich die zu beschreibende
Krankheit bezeichnet, und jedermann weiss, welche
Krankheit man unter dem Ausfallen der Haare versteht; so
finde ich es doch nicht überflüssig, zu bemerken, dass dieses
eine Krankheit sey, welche alle Thiere befällt, an denen wir
Haare im weitern oder engern Sinne des Wortes beobachten.
Insbesondere aber zeigt sie sich bey den Federn der Vögel,
den Haaren der Säugethiere, und vor allem und vorzugsweise
beym Menschen.
Die Verschiedenheit der bey dieser Haarkrankheit beobachteten
Erscheinungen in Bezug auf ihren Sitz, ihre Ursachen
und Ausbreitung, haben zu Unterabtheilungen Anlass gegeben ;
und auf diese Art finden wir schon in den Schriften früherer
Pathologen, namentlich eines Swe d i a u e r und S a u v a g e s
mehrere Arten der Alopecia, oder besser gesagt des Genus, das
man mit dem Namen: Casus s. Lapsus pilorum bezeichnet hat.
Ich halte folgende Abtheilungen für zweckgemäss und
hinreichend:
a) Nac h dem Si tz u n d d er Au s b r e i t u n g . Hier ist die
Krankheit entweder allgemein: Depi lat io univers alis,
oder nur auf die Haare einzelner Gegenden beschränkt:
Dep i l a t i o t o p i c a , local is. Von dieser letztem haben
wir folgende Unterarten:
i) Al o p e c i a oder F u c h s s u c h t (von äxw'irs$ vulpes, cui
supercilia glabra sunt; nach Andern aber, weil die Füchse
dieser Krankheit häufig unterworfen sind 5 und nach einer
dritten Meinung, weil bey der Räude dieser Thiere die
Haare ausfallen). Mit diesem Namen bezeichnet man eigentlich
das Ausfallen der Kopfhaare überhaupt, mit welchem
sich beym Manne auch jenes des Bartes und der Augenbraunen
vereinigen kann.
A nme r k u n g . Die A l o p e c i a der Yögel nennt S a u v a g e s L i g e r ,
und sagt, dass sie dabey traurig sind, keine Nahrung zu sich nehm
en ; dass die Federn in die Höhe stehen, und dann von den Vögeln
mit dem Schnabel ausgerissen werden. Als Cur rälh er an : das
Vogelhaus mit angeziindetem Schwefel zu sättigen, dieKallc abzuhalten,
die Vögel der Sonne auszusetzen, u n d sie m itO e l, einem
Decocto cumini oder L upinorum einzuschmieren und zu waschen.
2) Phalacros i s s. Calvi t ies, (Arnaldia) , wenn sie vom
Scheitel beginnt, und mehr das Vorderhaupt befällt.
3) O p h i a s i s , wenn die Haare anfangen vom Hinterhaupte,
und zwar so auszufallen, dass dadureh ein haarloser Streifen
von der Länge zweyer Finger gebildet wird, welcher
gegen die beyden Ohren, manchmal auch gegen die Stirne
hin verläuft, und sich zuletzt da wieder endet, wo er begonnen
hat. — Der Name stammt ebenfalls aus dem Griechischen
odfi; i- e. serpens, weil nämlich jener Streifen nach
der angegebenen Weise schlangenartig verläuft; oder nach
C e is us und S a u v a g e s , weil sich zu gleicher Zeit meist
auch die Oberhaut, wie bey den Schlangen, abschuppt.
Tyria heisst das Uebel auch, wenn mit den Haaren zugleich
die zarte Haut abfällt. Diese Art soll meist die Kinder
befallen.
4) Wenn der Kopf nur am Hinterhaupt kahl wird, was frey-
lich ein äusserst seltener Fall ist, so nannten es die Griechen
O p i s t h o p h a l a c r o s i s .
5) Wurde nur die Halbseite des behaarten Kopfes davon ergriffen,
so war diess Hemiphalac r osis.
6) Den Verlust der Augenbraunen nannten die Griechen
Avu.fu'Xu.vriu.sii-
7) Sa u v a g e s begreift nach C e l s u s die Alopecia und
Ophiasis unter dem allgemeinenNamen der Alopecia areata,
sive Area Jonstoni.
8) Wenn die Haare nur langsam, nur da und dort ausfallen,
oder hie und da nur dünner stehen, ohne kahle
Stellen zu erzeugen; so nennt man diess Madesis s.Mada-
rosis == Lapsus transilorius. Einen solchen Fall beobachtete
namentlich unser Herr Prof. Bi sch off bey einemManne,
der bey sonst guter Gesundheit eine Zeit lang um die
Mundwinkel herum keinen Bart mehr bekam.
b) Nach der Ursache. Hier gibt es folgende Arten:
1) D e p i l a t i o s i m p l e x s. Defluvium capillorum Sennerti,
die zufälligerweise erfolgt, z. B. nach langwierigen oder
bösartigen Krankheiten, im Greisenaller etc.
2) Pep. s y p h i l i t i c a nach Nicol . Heinsius. Hier fallen