
Im Jahre 173Q gab Wi l l . C o w p er dieAnatomia corporum
humanorum heraus5 ein Werk, welches als das verbesserte
B id lo o ’sche betrachtet werden kann. Was die Haare betrifft,
so sind die Abbildungen denen von Bi d l o o ganz gleich. In
Bezug auf den Ursprung der Haare führt er die Meinung Anderer
an, nach welcher die unter der Haut gelegenen, runden,
hirsekoi nähnlichen Körper Glandulae piliferae genannt werden,
und sagt, dass diese Corpora pilifera an ihren Wurzeln mit
Blutgefässen, Nerven u. s. w. versehen, und die Haare eigentlich
ihre Ausführungsgänge sind, die sich nur dadurch von
andern Ausführungsgängen unterschieden, dass sie nicht ihren
Saft unmittelbar aus den Poren der Haut, sondern ihr Humi-
durn radicale von einem schwammigen Körper empfangen, der
von den umliegenden Theilen absorbirt wird, desshalb wachsen
sie auch nach dieser Meinung noch nach dem Tode, wenn
auch alle Bewegung in den Säften aufhört. Sonst vergleicht
Cowp e r das Haar recht trefflich mit einem Rohr. _
Wenn wir dem unermüdeten Ma l p i g h i die richtigsten
und frühesten Kenntnisse über den Bau in so fern verdanken, als
er sich nebst des Messers vorzüglich des Microscops dazu bediente,
so hat dagegen der grosse Albinus das Verdienst, die
Sache mit dem Messer in der Hand ebenfalls genau verfolgt zu
haben. — Er macerirte im Wasser mehrere mit Haaren besetzte
Hauttheile so lange, bis er die Epidermis und das Mal-
p i g h i ’scheNetz abziehen konnte. Zu gleicher Zeit gingen dann
auch Nägel und Haare mit der Epidermis ab. Er fand nun,
dass b e j den abgezogenen Stücken die Haarwurzeln nach einwärts
hervorragen, und eine weisse, weiche Materie enthalten.
In der Haut (Gute), selbst aber sah er viele leere Pori, aus denen
die Haare gezogen waren. Alles diess suchte er bildlich darzustellen
■). Manchmal aber blieb das Haar mit seiner Wurzel im Porus
stecken, ungeachtet die Epidermis mit dem M a lp ig h i’schen
Netze abgegangen war. Erstere zeigte alsdann ebenfalls ein
rundes Loch. Aehnliche Resultate lieferten ihm die Cilien.
Wo aber das Haar mit seiner Wurzel angeheftet blieb, drückte
er die Haut daneben, die Wurzel sprang heraus, und der Porus
wurde leer. Wie auch immer das M a lp ig h i’sche Netz gefärbt
seyn mochte, stets fand er jene weisse Materie in den
*) Annat. academ, lib, VI. Cap. IX, lab. III.
Wurzeln. Doch zeigte sich diess besser bey braunen und schwarzen
Menschen. — Nun kommt er aber auf einen Schluss, wodurch
er auf einmal wieder seine Bahn verlässt, und mehrere
Jahrhunderte zurückspringt. ^Nullus pilus non inhaeret poro
cutis. Nullus in cute porus, in quo pilus non inhaereat. In polis
planlisque ac respondentibus partibus digitorum, itemque sub un-
gue, in parte interiori praeputii, inque glande pénis ut nullus pilus,
sic nullus quoque in cute porus, nulla, cujis exitus sib porus, glan-
dula, quam pocant sebaceamu So stellte sich Al b i n u s selbst
gleichsam neben Hi p p o c r a t e s zurück, der da sagt: »Ubi
pilus, ibi glandula.« Und dennoch irrten beyde grosse Männer!
_ Wi n s l ow lässt am Rande des Hautgrübchens ein Oel
entstehen, welches die Haare überzieht, und diess scheint dann
immer da seyn zu müssen, wenn sich das Haar durch einen
Balg durchdrängt. — P o r r i u s nimmt feine Löcher an, durch
welche das Mark durchschwitzt, und setzt die grössten in den
Bulbus, die kleinen aber an die Spitze des Haares, doch sah
er sie nur an den Schweinsborsten. He i s t e r und Se n a c lassen
wie R u y s c h und Bo e r h a a v e die Haare von den Nerven
entspringen, oder glauben wenigstens dass sie mit Ner-
venbüscheln Zusammenhängen. — Der Verfasser des Artikels
Poils etc. *) nimmt rücksichtlich der Entstehung zweyerley
Haare an, ±. solche die von ihrer eigenen Zwiebel in der Fetl-
haut entstehen, und 2- andere kürzere, die nicht die Haut
durchbohren, und von einer Papille zu kommen scheinen.
Was die nun folgenden Schriftsteller über die Entstehung
und Bildung der Haare dachten, ist bereits oben, wo von der
Organisation der Haare die Rede war, angeführt worden. Es
bleibt mir also nur noch übrig, die ganz eigenthümliche Ansicht
über Haarbildung durchzugehen, welche He u s i n g e r **)
in der neuesten Zeit aufgestellt hat. Er erklärt sich hierüber
auf folgende Art: «Zuerst werden auf der Lederhaut einzelne,
ganz kleine, schwarze oder braune Kügelchen abgesondert,
die ganz dicht zu seyn scheinen, und die von denen des Pigments
der Aderhaut nicht zu unterscheiden sind. Dann werden
diese Kügelchen zahlreicher, und die Haut erscheint dadurch,
wie vom Lampendampf schwarz gefärbt. — Die einzelnen
*) In dem Diclionn, raisonné des sciences, arts et métiers.
**) M e c k e l ’s Archiv 7- Bd. 3 Heft. p. 403. C. F . H e u s i n g e r , ein
paar Bemerkungen über Pigmentabsonderung u n d Haarbildung.