
hauptsächlich um folgende Eigenschaften: einmal um die Gliederung des ganzen Telopodit; als u rsprünglichen
Zustand können wir wohl den ansehen, in dem das Femur kurz und gedrungen und deutlich
gegen den folgenden Abschnitt, den Tibiotarsus, abgegrenzt ist; als ursprünglichen Zustand sehe
ich ihn deswegen an, weil er noch am meisten den Verhältnissen entspricht, wie sie sich bei einem normalen
Laufbein vorfinden, wo ja auch die einzelnen Glieder scharf voneinander getrennt sind. Die
Abgrenzung des Femur gegen den Tibiotarsus ist jedoch nur in Ausnahmsfällen durch eine völlige
Abgliederung gegeben; meist ist diese Grenze nicht so scharf, sondern nur durch eine kleine Einknickung
des Randes, Änderung im Umfang des Organs, verbunden mit plötzlichem Aufhören der
Beborstung usw. gegeben. Bei einer Anzahl von Gattungen nun sehen wir die Tendenz, daß das Femur
sich streckt und mehr oder weniger mit dem Tibiotarsus verschmilzt, so daß beide allmählich ineinander
übergehen, ohne daß eine scharfe Grenze vorhanden wäre.
Da alle Stufen zwischen einer scharfen und deutlichen Abgrenzung von Femur und Tibiotarsus,
wie sie beispielsweise bei Leptodesmus oder Leptherpum gegeben ist und einem völligen Verschmelzen
beider Teile (etwa bei Rhysodesmus) Vorkommen, ist es im einzelnen Falle oft sehr schwer zu sagen,
ob man überhaupt noch von einer Grenze zwischen Femur und Tibiotarsus reden kann oder nicht.
Eine zweite wichtige Eigenschaft des Femur ist der Besitz eines Fortsatzes, der von seiner
Vorderseite, also oral vom Tibiotarsus entspringt; seine Natur als Fortsatz des Femur, der mit dem
Tibiotarsus nichts zu tu n hat, ist besondres in den Fällen sehr deutlich, in denen das Femur kurz und
scharf gegen den Tibiotarsus abgegrenzt ist; es gibt jedoch auch Gonopoden, bei denen beide ohne
deutliche Grenze miteinander verschmelzen und die doch einen sehr großen Femoralfortsatz haben,
z. B. Chonaphe. Die Gestalt und Größe des Femoralfortsatzes sind sehr verschieden; bald ist er nur
ein dünner, gerader, einfacher Spieß, bedeutend kleiner als der Tibiotarsus, bald ein großes, breites,
oft auch mehrästiges Blatt, das den Tibiotarsus an Volumen bedeutend übertrifft. Wie schon erwähnt,
war der Besitz eines Femoralf ortsatzes früher der wichtigste Punkt in der Diagnose der Familie
Leptodesmidae; doch zeigte es sich, daß die früher zu den Xystodesmidae oder Fontariidae gerechneten
Gattungen ohne Femoralfortsatz so mannigfach mit den Gattungen, die einen Femoralfortsatz besitzen,
verbunden sind, daß wir beide Gruppen unbedingt in einer Familie vereinigen müssen, die demnach
nicht mehr durch den Besitz eines Femoralf ortsatzes charakterisiert werden kann. Übrigens
kann der Fortsatz bei den Arten einer Gattung eine sehr verschiedene Größe haben, z. B. bei Priodesmus.
Den Übergang bilden die Gattungen, bei denen wenigstens manchmal ein rudimentärer Fortsatz
vorhanden ist, wie Cydorhahdus und vielleicht auch Monenchodesmus. Gänzlich fehlt er den Gattungen:
Lemzonus, Fontaria, Ancholeptodesmus, Eurymerodesmus, Melaphe. 2 getrennte Femoralfortsätze hat
die Gattung Pachydesmus.
Ein dritter wichtiger Punkt in der Ausbildung des Telopodit ist die Art, wie der Tibiotarsus
beschaffen ist; so bezeichne ich den ganzen Endteil des Telopodit von der distalen Grenze des Femur
an, von der Anschauung ausgehend, daß wir in diesem Abschnitt das Homologon der bei den Strongylo-
somiden und anderen Familien Tibia und Tarsus genannten Teile zu sehen haben. Doch kenne ich
n ur eine einzige Gattung (Biporodesmus), bei der ein Teil dieses Tibiotarsus an seiner Basis so deutlich
abgegrenzt ist, daß wir annehmen müssen, er sei ein Tarsalrest; überall sonst ist da, wo der Tibio-
tärsus überhaupt gegabelt ist* im Innern keine Grenze zu sehen und wir wollen die Frage offen lassen,
ob wir, wenn der Tibiotarsus in 2 Äste gegabelt ist, in Samenrinnenast und zweiten Ast, diesen zweiten
Ast als Tarsalrest anzusehen haben, der dann ganz mit der Tibia verschmolzen wäre oder als Endstück
der Tibia, von der der Samenrinnenast dann nur ebenso ein Seitenast ist, wie die als „Tibialfortsatz“
bekannte Geißel der meisten Strongylosomidae; ich bezeichne diesen 2 . Ast in indifferenter
Weise als Endast oder, da er meist breiter ist, als Endplatte.
Bei den folgenden Gattungen ist der Tibiotarsus ganz unverästelt und verläuft die Samenrinne
bis an das Ende: Chondrodesmus, Ricodesmus, Leptherpum, Phlyzahium, Devillea, Synthodesmus,
Tunodesmus, Trichomorpha, Chonaphe, Pachydesmus, Lemzonus, Fontaria, Eurymerodesmus, Melaphe.
B r ö l e m a n n h a t in seinem bekannten „Essai sur les Polydesmiens“1) die Leptodesmiden
in dem hier gebrauchten Sinne in 2 Subfamilien, Leptodesminae und Devilleinae und erstere Subfamilie
in 3 Tribus: Leptodesmini, Rhysodesmini und Melaphini geteilt. B r ö l e m a n n gibt in
seinem Essai keine streng formulierten Diagnosen dieser Gruppen, sondern bringt nur einiges zu ihrer
Charakterisierung vor. So gibt er für die Devilleinae, zu welcher Subfamilie er übrigens auch Macro-
sternodesmus rechnet, nur an, daß sie sich durch die Oberflächenstruktur, die starken Tuberkeln der
Metazoniten, auszeichne, während die Gonopoden im Prinzip ganz wie bei den Leptodesminae sind.
Ich kenne die Gattung Devillea leider nicht, doch scheint es mir nicht angebracht, für sie eine eigene
Subfamilie zu kreieren; sehr eigentümlich ist die Segmentzahl bei dieser Gattung, durch die sie sich
von allen Polydesmoiden unterscheidet (29 bei einer Art!). Noch weniger als bei der Teilung in die
2 Subfamilien kann ich B r ö l e m a n n bei der Teilung der Leptodesminae in die 3 Tribus folgen.
Für die Rhysodesmini gibt er an, daß sie durch den Besitz von Kegeln oder Dornen am Ende von
gewissen Beingliedern, d i e a b e r a u c h f e h l e n k ö n n e n , charakterisiert sind, ferner dadurch,
daß das Gonopodenfemur sich auf Kosten des Tibiotarsus vergrößert. Das erste Merkmal ist nicht
durchgreifend, wie B r ö l e m a n n selbst zugibt, ist also kein absolutes Kriterium für die Zugehörigkeit
zu den Rhysodesmini; das andere Merkmal wieder, Streckung des Gonopodenfemur und Vereinfachung
des Tibiotarsus, findet sich auch bei Gattungen, die sonst nichts mit Rhysodesmus und dessen
nächsten Verwandten zu tu n haben; ich nenne z. B. Leptherpum. Ich sehe auch keinen Grund, die
Gattung Melaphe von den übrigen in einer besonderen Tribus abzusondern. Die Gonopoden dieser
Gattung unterscheiden sich doch nicht so stark, daß diese Absonderung nötig wäre; der Tibiotarsus
ist ganz der gleiche wie etwa bei Chonaphe, Leptocircus u. a. und das Fehlen eines Femoralfortsatzes
h a t sie mit mehreren Gattungen gemeinsam, wie oben schon erwähnt. Ich glaube kaum, daß es
möglich wäre, die 3 Tribus in so strikter Weise, etwa durch einen Schlüssel, auseinander zu halten,
daß die Einreihung einer neu entdeckten Gattung in eine der Tribus mit Sicherheit erfolgen könnte.
V e r b r e i t u n g . Die meisten Leptodesmiden leben in Süd- und Zentralamerika sowie im
südlichen Teil von Nordamerika; rein nordamerikanisch sind die Gattungen: Chonaphe, Isaphe,
Hybaphe, Harpaphe, Xystocheir, von denen j edoch nur die erstgenannte gut gekannt is t; Isaphe ist gerade
noch kenntlich beschrieben, während ich die anderen drei nicht näher einzureihen imstande bin. Die
Gattung Fontaria lebt in Nordamerika und Japan, Rhysodesmus in Süd-, Zentral- und Nordamerika
sowie in Ostasien, Lemzonus in Wladiwostok; aus Ostasien sind noch einige zweifelhafte, vorläufig
in kein Genus einreihbare Arten bekannt. Paläarktisch sind die Gattungen Melaphe, Devillea, Aneptoporus
und Fontariopsis; die letztgenannte ist noch zu wenig gut beschrieben, um ihr eine sichere Stellung
im System anweisen zu können; auch Aneptoporus bedarf der Nachuntersuchung; doch geht aus dem
Wenigen, das man weiß, hervor, daß die paläarktischen Gattungen nicht als ein zusammengehöriger
Zweig der ihre hauptsächliche Heimat in Amerika habenden Familie anzusehen sind, sondern daß diese
Gattungen an ganz verschiedenen Stellen des Systems stehen.
l) 1915. Ann. Soc. ent. de France.