Bei K ü k e n th a l (p. 846—847) lesen wir, daß die Brachyuren, Scyllarideen und die Astacuren den stärksten
Panzer besitzen, insbesondere unter den Tropen. Bei den Garnelen ist die Verkalkung schon bedeutend geringer,
bei den pelagischen Formen die kleinste, so daß diese oft eine ganz dünne, feine Haut haben.
Äußerst wichtige und zahlreiche Daten verdanken wir den hochwichtigen Untersuchungen von P r e n a n t
(3. p. 827—829). Seine Daten können wir folgendermaßen gruppieren:
1. Amorphochalicose1) in dem größten Teile des Körpers: Palaemon serratus F a b r., Athanas mtescens
L e ach , Palaemonetes varians L e ach , Potamobius fluviatilis F a b r., Homarus vulgaris E d w.
2. Morphochalicose mit partieller Amorphochalicose: Maia squinado H e rb s t, Pisa tetraodon Pen n .,
Inachus dorynchus L e ach , Portunus puber L., depurator L., pusillus Le ach, Carcinus maenas Pen n ., Cancer pagurus L.,
Xantho floridus Mont., Pilumnus hirtellus L., Atelecyclus septemdentatus Le ach , TelpJiusa fluviatilis B e lo n , Pachy-
grapsus marmoratus F a b r., Corystes dentatus L a tr ., Ebalia tuberosa P en n ., Dromia vulgaris M.-Edw. — Palinurus
vulgaris L a tr ., NepJirops norvegicus L. — Galathea strigosa F a b r., squamifera L e ach, intermedia L i l l j ., Porcellana
platycheles Lam., longicomis Edw., Homola spinifrons L a tr .
3. Amorphochalicose mit partieller Morphochalicose: Eupagurus bernhardus L., Prideauxii Leach,
Paguristes maculatus H e l l e r , Crangon vulgaris F a b r ., Philocheras sculptus B e l l, Macropodia rostrata L.
Mineralogisch hält er den Stoff der kristallinischen Gebilde für Calcit, welcher mikrokristallinisch, sphärolithisch
und in Einzelkristallen auftreten kann. Ich hüte mich, weitere Einzelheiten aufzuführen, weil die von ihm
und von mir angewandte Terminologie der kristallinischen Gebilde nicht übereinstimmend zu sein scheint1).
Stomatopoda. — Nach C. Schmidt (1845) enthält der Panzer von Squilla mantis 19,5 % CaC03, 17,66 %
Ca3(P04)2 und 62,84 % organische Stoffe. K e l l y (2. p. 455) stellte fest, daß der Kalk in der Squilla amorph ist.
Wenn aber der Panzer mehrere Tage lang in Wasser oder in Eau de Javelle mazeriert wird, so erscheint der Kalk
in Sphärokristallen.
Aus dieser Übersicht ist ersichtlich, daß wir über die nähere Natur der sog. Kalkeinlagerungen
noch recht wenig wissen. Dieser Gegenstand wurde sozusagen stiefmütterlich behandelt. Die meisten
Forscher begnügten sich mit der Feststellung, daß die Cuticula weich oder h a rt ist und sie schlossen
dann im letzteren Falle auf Kalkeinlagerungen, Inkrustation. Man h a t sich gar nicht darum gekümmert,
welche Modifikation des Calciumcarbonates dieser „Kalk“ darstellt, wie er kristallographisch
erscheint, welche optische Eigenschaften er hat, usw. Es gab nur wenige Forscher, wie M ü l l e r , K e l l y ,
B i e d e rm a n n , B ü t s c h l i , S c h m i d t und P r e n a n t , die solche Fragen aufwarfen und sie zu beantworten
bestrebt waren.
Wir müssen noch darüber klar werden, ob nicht auch andere Verbindungen außer dem Calciumcarbonat
in größerer Menge in dem Panzer Vorkommen. Auch in dem geschichtlichen Teil war schon
von kohlensaurer Magnesia und Phosphaten die Bede. Die chemischen Analysen sind nicht besonders
zahlreich, wie auch die historische Übersicht uns überzeugen k a n n 2). Außerdem stammen sie aus
verschiedenen, oft recht weit zurückliegenden Zeiten, von verschiedenen Autoren, die nicht mit
gleichen Methoden gearbeitet haben. Die Angaben können an und für sich verläßlich sein, aber vergleichbar
sind sie gewiß nicht. Glücklicherweise liegen zwei mustergültige Abhandlungen über diesen
Gegenstand vor, aus den Federn von D e l f f und M e y e r . Diese Autoren haben nach ganz gleichen
Methoden gearbeitet, so daß ihre Ergebnisse in einer Tabelle vereinigt werden können.
x) Siehe den terminologischen Teil.
2) Das Werk von C l a r k & W h e e l e r steht mir leider nicht zur Verfügung und P r e n a n t (3. p. 838—840) gibt nicht die vollständigen
Analysen wieder.
Name der Art N Chitin Eiweiß Fett Kohlehydrate
Asche Fe20 3 CaO P206
Daphnia p u l e x .................... 8,55 11,08 50,53 6,00 8,01 22,38 3,43 9,27 7,21
Anomalocera Patersowi . . . 11,55 5,61 71,88 5,73 6,61 6,61 0,30 2,07 2,35
Mysis fle x u o s a .................... 11,86 5,62 73,91 3,34 2,67 13,55 0,50 5,73 2,09
Asellus a q u a tic u s ................ 7,86 5,28 50,36 1,16 2,96 39,52 1,20 19,73 2,37
Oniscus asellus (nvura/rius) 6,91 8,04 41,17 6,41 4,20 37,39 0,56 18,55 2,97
Glyptonotus entomon . . . . 7,59 14,35 43,11 3,41 7,30 27,87 0,86. 13,77 1,84
Gammarus pulex .................... 8,11 7,93 48,91 6,44 12,53 23,68 0,45 15,64 2,45
„ lo cu sta ................ 9,71 8,20 59,10 8,48 0,68 21,69 0,39 11,08 1,94
Crangon vulgaris.................... 11,38 5,78 70,63 3,83 fehlend 19,71 0,40 9,38 2,47
Nephrops norvegicus . . . . 8,53 6,96 52,04 2,67 3,18 33,79 0,60 17,03 1,65
Carcinus maenas.................... 6,38 8,29 37,75 2,56 6,92 41,91 1,03 20,09 2,89
Zur Analyse wurden ganze Tiere, also nicht nur Integument gebraucht, und sämtliche Werte beziehen sich
auf seesalz- und kieselsäurefreie Trockensubstanz (D e lff, p. 71, Tab. III; M ey e r, p. 265). Nach M ey e r (p. 266)
ist das chemische Charakteristikum für Crustaceen: „Hoher Aschengehalt, besonders CaC03 und Ca3(P04)2, die
organische Substanz zum größten T e il bestehend aus Eiweiß, der Best ist Chitin und Fett, Kohlenhydrate sehr gering,
Wasser 70—80 %.“
M ey e r (p. 267) hat außerdem bei drei Arten untersucht, wieviel Prozent CaO an C02 und wieviel an Phosphorsäure
gebunden ist. Er fand nun, daß
bei Nephrops 13,70 % CaO an C02, 2,28 % CaO an Phosphorsäure
„ Asellus 13,80 „ „ „ „ 5,17 „ „ „
. „ Daphnia 1,17 „ „ „ „ 7,54 „ „ „ „
gebunden ist. „Es ist also mit Ausnahme von Daphnia der kohlensaure Kalk bedeutend im Uberschuß.“ Das
Besultat bei Daphnia zeigt das umgekehrte Verhältnis, was gut mit dem gefundenen, überraschend hohen Gehalt
an P20 5 = 5,99 % J) übereinstimmt.
Im großen und ganzen darf man sagen, daß Calciumcarbonat in dem Integument der Krebstiere
die fü h r e n d e Bolle spielt und besonders ist es zu betonen, daß nur diese Verbindung bisher
k r i s t a l l in i s c h in dem Panzer nachgewiesen wurde2). Neben Calciumcarbonat kommen noch
Calciumphosphat und Magnesiumcarbonat in Betracht. Wie diese drei Verbindungen nebeneinander
im Panzer gelagert sind, wenn das Calciumcarbonat kristallinisch ist, wissen wir nicht.
Fü r unseren Gegenstand sind noch die eventuellen U m w a n d lu n g e n von Wichtigkeit, welche
bei den instabilen Modifikationen des Calciumcarbonates stattfinden können, sei es während des
Lebens der Tiere oder aber nach dem Tode infolge der Einwirkung des Wassers oder der Konservierungsflüssigkeit.
A g n e s K e l l y , die Bahnbrecherin unseres Gegenstandes, stellte bei den Crustaceen amorphen
Kalk und Calcit fest. Sie beobachtete, daß der amorphe Kalk unter gewissen Umständen sich in
Calcit umwandelt, und sie wies auch noch auf andere Veränderungen hin.
B i e d e rm a n n , und besonders B ü t s c h l i leugnen fast kategorisch, daß kristallinischer Kalk in
le b e n d e n Tieren Vorkommen könne. Wenn dies doch ausnahmsweise der Fall wäre, so ist es —
x) Auf SiOa-freie Trockensubstanz bezogen, cf. M e y e r , p. 243.
a) Nach P r e n a n t (3. p. 836) soll doch bei Qalathea squamifera das Calciumphosphat kristallinisch sein.
Zoologica. Heft 80.