Ic h gehe noch a u s fü h rlic h e r a u f das Z a p fe n p a a r d e r N r. 16 d e r T abelle e in {s. T a f. X I,
Abb. 48). Dieses w u rd e vom Mus. f ü r A lte rtüm e r d e r W ü r tt. N a tu ra lie n sam m lu n g ü b e rlassen,
es tru g n u r die A u f s c h r ift „Bodenseegebiet“ . Schon die to rfb ra u n e F ä rb u n g wie
die A r t d e r Z e rtrüm m e ru n g des Schädels m a ch en es se h r wahrsch e in lich , d aß das Stück
au s e in e r vorgesch ich tlich en S ied lu n g stam m t. Nach d e r d an k en sw e rten p o lle n a n a ly tischen
U n te rsu c h u n g d u rc h D r. h. c. K. B e r t s c h - R a v en sb u rg (au f G ru n d d e r ihm e in g
e s an d ten T o rfre ste a u s S tirn - u n d Zapfenhöhlen) is t es ju n g ste in z e itlich . Ic h fü h re das
b em e rk en sw e rte E rg e b n is m it D r. B e r t s c h ’s eigenen W o rten an:
„ In den T o rfp ro b e n hab e ich 160 B lü te n s ta u b k ö rn e r gezählt, n äm lich 40% Hasel,
23% B irk e , 18% E iche, 6% L inde , 7% E r le u n d 6% Buche. D e r E ich enm ischw a ld m a ch t
24% a u s (Eiche + L inde ). Ab e r es fe h lt die Ulme, die den z a rte s te n B lü te n s ta u b u n te r
u n se ren W a ld b äum en h a t. I n dem n u r m a n g e lh a ft e rh a lte n e n Sed imen t d ü rfte e r z e rstö rt
worden sein, so d aß m it einem G esamtbestand des E ichenmischwaldes von ru n d 30% zu
re ch n en wä re . Dem e n tsp ric h t, d aß d ie B uche k u rz zuvor angekommen is t u n d e rs t 6%
des Wa ld p o llen s e rre ic h t. W i r s t e h e n a l s o i m S p ä t - N e o l i t h i k u m . D aß die Ha se l
a n e r s te r S te lle ste h t, k om m t in dieser Z e it m eh rfa c h v o r, v o r allem im Bodenseegebiet.
A u ß e r dem B lü te n s ta u b e n th ie lt die P ro b e S am en d e r E rd b e e re , d e r H im b e e re u n d v o r
allem v o n Sch la fm o h n (P a p a v e r som n ife rum ), d e r au ch im sp ä tn eo lith is ch en P fa h lb a u
S ip p lin g en v o rh a n d e n is t.“
W ir h ab en also g u te n G ru n d , anzunehmen, d aß u n s e r Z ieg en sch äd e lfragm en t au s
e inem B o d en se ep fah lb au stam m t. Ü b e r dieses w ä ren noch folgende An g ab en zu machen.
Vom S chädel is t d e r h in te re T e il d e r S tirn b e in e m it d e r K ro n e n n a h t v o llstän d ig , diesem
h a f te t noch e in sc hm a le r S tre ife n d e r Scheitelbeine an . V o rn sin d d ie S tirn b e in e dich t
v o r den Z ap fen abgeschlagen, so d aß m an in die 4 m ittle re n S tirn s in u s blickt. Die Z ap fen
sin d je in e in e r E bene in schönem Schwung n a ch h in te n g ek rüm m t. D ie L än g e des
v o llstän d ig e ren m iß t bis zum A b b ru ch 235 mm, die Gesamtlänge d a r f a u f 250—260 mm
v e ra n s c h la g t werden. Die ü b rig e n Maße sin d au s d e r T abelle ersich tlich . W ie die Messung
u n d die A b b ild u n g zeigt, d iv e rg ie re n die Z ap fen — wie die von N r. 1 — n u r m ä ß ig sta rk .
Ih r e Außenfläche is t s tä rk e r gewölbt, d ie In nenfläche is t v o rn ziemlich flach, n a ch h in te
n zu s tä rk e r gewölbt, also äh n lich wie N r. 1. M it le tz te rem Gehörn h a t d a s v o rliegende
N r. 16 au ch den median en , in e in e r E b ene liegenden V e rla u f d e r v o rd e re n K a n te gemein.
Die k om p ak te K n o ch ensubstanz v e r r ä t ein erwachsenes T ie r, die S ch lan k h e it d e r
Z ap fen ein weibliches. D ie R a sse zu g eh ö rig k e it mu ß u n en tsch ied en bleiben, d a diese, wie
g e sag t, v o rläu fig n u r a u f G ru n d lag e d e r m än n lich en Z ap fen b e u r te ilt w erden kan n .
A u f das ziemlich w id e rsp ru ch sv o lle S c h rifttum d e r R a sse n frag e bei d e r Hausziege gehe
ich a n d ie se r Ste lle n ic h t ein. Die W id e rsp rü c h e sin d h ie r wie in a n d e re n F ä lle n z. T. a u f
N ich tb e a ch tu n g d e r Geschlechtsunterschiede zu rü ck zu fü h ren . Me iner A u ffa s su n g na ch
kommen w ir in u n srem Gebiet m it d e r A n n ahm e v o n 2 Ra ssen, e in e r sc hrauben- u n d ein e r
säb e lh ö rn ig en , aus. F ü r die e rs te re h a t d ie A b le itu n g von d e r Bezoarziege noch im m e r die
g rö ß te W ah rsc h e in lich k e it. Be züglich d e r sc h rau b e n h ö rn ig en R a ssen sin d die Ansich ten
g e te ilt, A d a m e t z u n d se ine Schule w ill sie a u f eine ausge sto rb en e (wann?!) W ild a rt, seine
Capra prisca, z u rü c k fü h re n , w ä h re n d die an d e re , z. B. d u rch K 1 a 11 v e rtre te n e , A u ffa
ssu n g sie a ls eine A b ä n d e ru n g a u s Ä g a g ru s s tam m w e rte t. Ic h w erde zu dieser F ra g e
sp ä te r, wenn ich noch m eh r v o rg e schichtliches V e rg le ich sm a te ria l gesehen habe, S te llu n g
nehmen. H ie r se i n u r betont, d aß in u n srem schwäbischen Gebiet in vorge sch ich tlich e r
u n d frü h g e s ch ich tlich e r Z e it beide F o rm e n m än n lich e r Ho rn z ap fen , die sä b e lh ö rn ig e u n d
die sch rau b en h ö rn ig e , Vorkommen. Dies tr if f t o ffenba r au ch fü r die P fa h lb a u te n z e it d e r
Schweiz zu, den n S t u d e r s c h re ib t au sd rü ck lich , d a ß a u ß e r Z apfen, welche d e r je tz t in
d e r Schweiz h e rrs ch en d en — also wohl d e r sc h rau b e n h ö rn ig en — Ra sse en tsprechen, solche
in e in e r Ebene gelegenen Vorkommen, d e ren sc h a rfe K a n te im m e r n a ch v o rn sch au t, wie
bei dem Bezoar. In den n eolithischen L an d sied lu n g en u n sre s L andes tr a f ich b ish e r keine
r e in sch rau b e n h ö rn ig en Z apfen, wohl a b e r solche (&&) von einem besonderen säbelhör-
nig en T y p u s (neol. Grab vom Seelberg b. C a n n s ta tt 1887, neolith isch e S ied lu n g en am
Vie senhäuse rhof b. L u dw ig sb u rg 1931). G enaue res w ird im 3. H a u p tte il m itg e te ilt.
Anm. Wie vorsichtig man in der Beurteilung von Museumsstücken sein muß, zeigt folgender Fund. Im Museum
zu Friedrichshafen befinden sich zwei fast vollständige schraubenhörnige Zapfen (s. Taf. XII, Abb. 51) ohne Fundortsangabe.
Die bräunliche Färbung v errät wohl, daß dieselben in moorigem Boden geruht haben. Aber die Art, wie sie
vom Schädel getrennt sind, beweist, daß sie jüngeren Datums sein müssen. Sie besitzen nämlich vollkommen glatte
Trennungsflächen, wie sie nur von scharfen eisernen Instrumenten herrühren können.
4. H a u s r i n d (B os ta u ru s L.).
W en n au ch das R i n d a n Z ahl h in te r dem Schwein erheblich zu rü ck b le ib t (ca. 70 :40),
so d ü r fte es doch wohl das w ich tig ste H a u s tie r u n s re r S ied le r gewesen sein, d a d ie Nu tzu n g
v ie lse itig e r w a r u n d die g e rin g e re Z ahl d u rch grö ß e re s Gewicht ausgeglichen wird .
Ic h gebe im folgenden zu n ä ch st eine Ü b e rsich t des in den einzelnen Siedlungen g e fu
n d en en Kn o ch enm a te ria le s.
Reste aus 1,1 1,2 I zus. Reste aus 1,1 1.2 I zus.
200 35 27 262
Hirnschädel 27 9 2 38 Oberschenkel . . 28 1 5 34
Schienbein . . 19 2 2 23
Unterkiefer . . . .. . 34 4 2 40 Kniescheibe . . — 2 — 2
Schulterblatt . . 10 3 2 15 Fersenbein . . . 12 3 1 16
Oberarm . . . . . 26 1 3 30 Sprungbein 13 2 3 18
Speiche . . . . . . 35 5 8 48 Scaphocuboid . 6 2 1 9
E l l e ............................. . . 23 1 2 26 Metatarsus. . . . , . 21 2 2 25
Metacarpus . . 23 10 2 35 1. Phalangen (vorn + hinten) . . 32 4 4 40
Handwurzelknochen . . . 4 lyPME — 4 2. „ „ . . 16 3 g g g g l 19
Becken . . . . . . 18 2 6 26 3. M - - r 'M p g B j . . 21 1 22
Sa.: 200 35 27 262 Sa.: 368 57 45 470
B e stim m t w u rd en also vom R in d 470 Schädel- u n d Gliedmaßenreste, v o n denen d e r
g rö ß te T e il au ch gemessen wurde. N ic h t m it aufgenommen sin d in die L is te R ip p en stü ck e ,
einzelne Zähne, W irb e l. Von le tz te ren finden sich An g ab en ü b e r A tla s , E p is tro p h e u s u n d
Os sa c rum S. 40.
Vom S c h ä d e l liegen n u r wenige f ü r Messungen u n d a llgemeine B e u rte ilu n g
geeignete B ru ch s tü ck e vor. D a ru n te r befinden sich 2 Ho rn z ap fen , w äh ren d 4 v o n jü n g e re n
In d iv id u e n kein e Messung g e s ta tte n . Die beiden e rs te re n Z apfen (a, b), d e re n S p itz en te il
abgebrochen is t, zeigen folgende Maße:
Werte nach R ü t i m e y e r (Schweizer Pfahlbauten)
rez.
a b B o d m a n Primig. Rasse iTrochoceros R.|Brachyceros R.I Simmentaler
Umfang a. d. Basis 200 mm 198 193—196 130—182 l | E 135—215 120—150 162
Verhältnis der Durchmesser 72:55 7 0:56 (73-74): (49-50) (62-42): (51-39) (76-50)': (65-38) (55-43): (43-34) 56 : 46
Länge der. großen Krümmung ca. 250 ca. 250 . ■— 230—330 | 380—400 j 145—210 j 220