Die Cuticula der Jungtiere, welche das Marsupium ihrer Mutter gerade verließen, ist schon
inkrustiert. Frisch gehäutete Exemplare inkrustieren ihre Cuticula innerhalb 48 Stunden. Die Verteilung
der Kalkeinlagerungen in dem Körper der Jungtiere, sowie in dem der älteren Entwicklungsstadien
ist dieselbe wie in dem der geschlechtsreifen Tiere, abgesehen selbstverständlich von den
ersten und zweiten Pleopoden des Männchens und den zweiten Pleopoden des Weibchens1), welche
erst nach mehreren Häutungen erscheinen.
In den Häutungsexuvien — obwohl sie nach dem Abstreifen bald aus dem Wasser herausgenommen
und in Alkohol oder in Glyzerin aufbewahrt wurden — erscheinen äußerst zahlreiche
Kristalle, ebenso in der Cuticula des Kumpfes, wie in der der Gliedmaßen. Die Innenfläche des
Exuviums ist manchmal völlig von ihnen bedeckt. Sie sind auch im gewöhnlichen Lichte sichtbar.
Ihre Gestalt ist rosetten- oder biskuitförmig, sehr oft aber erscheinen sie durch kristallographische
Flächen begrenzt (Taf. I Fig. 4). Alle sind stark doppelbrechend und als Interferenzfarbe erscheint
ein Gelblichgrün III. 0 . Nach der chemischen mid optischen Untersuchung bestehen sie aus
Calcit.D
iese Kristalle sind offenbar mit jenen identisch, welche T s c h e t w e r ik o f f (p. 384) bereits beobachtete.
Sie konnten nicht aus Calciumcarbonat-hexahydrat entstehen, weil die Versuchsbedingungen
meiner Tiere das Zustandekommen dieser Verbindung unmöglich machten. Das Calciumcarbonat
hexahydrat entsteht nämlich nur bei einer Temperatur unterhalb 10° C und die Temperatur
des Wassers betrug bei meinen Versuchstieren immer 17—20° C. Außerdem bilden sich diese Kristalle
nicht in d e r Cuticula, sondern auf der inneren Oberfläche derselben und können von dort abgepinselt
werden. Es kann sich also auch nicht um eine direkte Umwandlung des amorphen Kalkes
in Calcit handeln, sondern wir müssen annehmen, daß der amorphe Kalk zuerst durch das Wasser
aufgelöst wurde und dann als Calcit wieder kristallinisch ausfiel.
In meinen Kanadabalsam- und Gelatinglyzerin-Dauerpräparaten, welche für systematische Studien
vor 4—5 Jahren hergestellt wurden, fand ich in den verschiedenen Asellus-Arten an vielen Stellen
in und unter der Cuticula Sphäriten oder Rosetten, oder aber maulbeerförmige Aggregate doppel-
brechender Körner. Insbesondere waren diese in den Gliedmaßen häufig. Die Sphäriten waren immer
negativ, aber das Sphäritenkreuz war selten schön. Infolge des unregelmäßigen, nicht konstanten
und asymmetrischen Auftretens können diese Gebilde nur die Produkte einer postmortalen Umkristallisation
sein.
2. O n is c o id e a .
Es ist mir gelungen, von Dr. K. W. V e r h o e f f (Pasing) mehrere interessante Arten zu erhalten,
so daß die Ligiidae m it zwei Gattungen und zwei Arten, Trichoniscidae mit acht Gattungen, zehn
Arten, Oniscidae mit 13 Gattungen, 17 Arten, die Familien Tylidae, Syspastidae und Stenoniscidae
mit je einer Gattung und einer Art in dem untersuchten Material vertreten sind. Wenn auch der Artenreichtum
dieser Unterordnung verhindert, ein vollständiges und vollkommenes Bild über die Kalkverhältnisse
der Cuticula in dieser Unterordnung zu geben, so hoffe ich doch, daß das gebotene Bild
ziemlich ausführlich sein wird.
Aus rein praktischen Gründen hielt ich für zweckmäßig, die Besprechung der Ergebnisse mit der
typischen Familie der Unterordnung (Oniscidae), und zwar mit dem Prototyp: Oniscus asellus L.
zu beginnen.
*) Die ersten Pleopoden fehlen.
Farn. O n isc id a e .
Oniscus asellus L.
Ein M o s a ik p a n z e r befindet sich an den folgenden Stellen: Kopf, Augen, Kücken- und Seitenplatten
des Mittel- und Hinterleibes, Telson, Antenula (letztes Glied ausgenommen), Antenne, Man-
dibel, Außenlade der ersten Maxille, Basis des Maxillarfußes, Thoracopoden (Kralle ausgenommen)
und Uropoden. Durch A m o rp h o c h a lic o s e sind ausgezeichnet: Epistom, Innenlade der ersten
Maxille, Endit, Epipodit und Taster des Maxillarfußes, Krallen, Sternite des Mittel- und Hinterleibes,
Proto- und Exopoditen der Pleopoden. A c h a lic o d e rm sind: Gelenk- und intersegmentale Häutchen,
Brutlamellen, Endglied der Antennule, zweite Maxille, die Luftkammern und Endopoditen der Pleopoden.
Bei den Männchen ist amorpher Kalk auch in dem proximalen % der Endopoditen der beiden
ersten Pleopodenpaare nachweisbar.
Die chemische und optische Untersuchung aller Körpersegmente und sämtlicher Gliedmaßen
h a t auch hier unzweifelhaft und viel klarer als bei dem Diastylis-Typ erwiesen, daß k r i s t a l l in i s c h e r
K a lk , am o rp h e r K a lk u n d k a lk f r e ie S te lle n in e in em u n d d em s e lb e n T ie r n e b e n e
in a n d e r g le ic h z e itig V o rk om m en k ö n n e n . Dies ist besonders gegenüber der schon zitierten
Ansicht von B ü t s c h l i zu betonen.
Ich züchtete diese Art im Terrarium; infolgedessen ha tte ich die allerverschiedensten Entwick-
lungs- und Altersstadien, frisch getötete und verschiedenartig konservierte Exemplare vor mir. Die
vergleichende Untersuchung führte zu dem Ergebnis, daß die Lokalisation des kristallinischen und
amorphen Kalkes, ferner die der kalkfreien Stellen bei sämtlichen Exemplaren der Art gleich ist
und es scheint, daß sie weder einer Alters- noch einer individuellen Variation unterworfen ist. Man
könnte es kurz so ausdrücken, daß die; T o p o g ra p h ie d e s M o s a ik p a n z e r s , bezw. d ie T o p o g
r a p h ie d e r V e rk a lk u n g in n e r h a lb d e r A r t g le ic h u n d k o n s t a n t is t.
Der Mosaikpanzer besteht an dem Kopf, Tergiten, oberen Teüen der Epimeralplattenx) und an
den Gliedmaßen aus drei-, vier-, fünf- usw. eckigen Polygonen, Platten, welche meist ganz unregelmäßig
sind und sogar einspringende Winkel haben können (Taf. IV Fig. 1, 2). Die Seiten der Polygone sind
selten gerade, sondern, mit stärkeren Systemen untersucht, zeigen sie unregelmäßig zickzackförmigen
Verlauf. Manchmal greifen die Grenzen der Nachbarpolygone nahtartig ineinander. Die Umrisse
der Platten sind bei guter Beleuchtung und beim Senken des Kondensors auch in gewöhnlichem
Lichte sichtbar, aber besonders schön kommen sie zum Vorschein, wenn wir sie über dem Polarisator
allein betrachten. Infolge der Mannigfaltigkeit der Form können wir die Maße der Polygone schwer
bestimmen und angeben. Einige, annähernd isodiametrische Platten wurden jedoch gemessen; ich
fand ihren Durchmesser zwischen 80—100 /x schwankend.
An der Oberfläche der Cuticula befindet sich eine, aus Netzwerk bestehende Mikroskulptur,
ferner eine Punktierung und zahlreiche halbkreisförmige Vertiefungen. Diese letzteren sind aber
nur am Kopf und an den Kückenplatten häufig; an den Epimeralplatten kommen sie selten vor.
Die Mosaikplatten der Epimeriten sind mehr länglich und an manchen Stellen als radiale Sektoren
in Kreisen angeordnet (Taf. IV Fig. 3, 4). An der Unterseite der Epimeriten, ferner in dem Bereich
des vorderen Kandsaumes der Tergiten, welcher durch einen feinen Kiel abgesetzt ist, sind die
Mosaikplatten sehr klein, so daß ihre Form erst mit stärkeren Vergrößerungen gut sichtbar ist.
x) Unter Epimeralplatte verstehe ich die äußersten Seitenteile der Rückenplatte, welche sich auf die Bauchseite umbiegen und
mit den Coxopoditen der Beine verschmelzen.
Zoologica. Heft 80. 7