bis 561) durch Vermittlung der sog. „sternförmigen Zellen“ . Auch F ü b t h (p. 235) scheint an die
Betätigung der Matrixzellen gedacht zu haben, als er schrieb : „ In dem Zellsafte der bloßgelegten
Hauptpartien x) kommt es . . . . alsbald zur Ablagerung von Kalk aus dem Blute . . .“ Wir wissen
darüber bisher nichts Sicheres.
Recht schwierig sind die Fragen, welche die m in e r a lo g is c h e S e ite d e r P a n z e r b ild u n g
betreffen. F ü r t h (p. 235) stellte sich die Panzerbildung sehr einfach vor: „An der Körperoberfläche
ist der Kohlensäure Gelegenheit gegeben, abzudunsten. In der Hämolymphe, welche die oberflächlichen
Zellagen des weichen Tegumentes durchtränkt, kann sich demzufolge ein Niederschlag von
normalem kohlensauren und phosphorsauren Kalk bilden. Die Ablagerung der Kalksalze in den
Hautdecken kann so lange fortdauern, bis die zunehmende Konsistenz der erhärtenden Oberflächengebilde
einer weiteren Abdunstung von Kohlensäure und damit auch einer weiteren Niederschlagsbildung
ein Ziel setzt.“
Welche Faktoren bestimmen aber d ie Modifikajj%m d e s C a lc iu m c a r b o n a t e ||‘ Wie bekannt,
kommt der Kalk als amorph, als Vaterit und als Calcit vor. Die Umstände und Faktoren
der Bildung des anorganisch-amorphen Kalkes, die von Vaterit, Cakit und Aragonit sind noph bei
weitem nicht vollständig erklärt, wie man sich durch das Studium der Arbeiten von A d l e r , B r a u n s ,
B ä c k s t r ö m , B o e k e , Ca m e r o n , Cr e d n e r , G a s s n e r , H a e h n e l , H a t s c h e k , H e id e , J o h n s t o n & Co.,
L in c k , M e ig e n , P e in e , R o s e , S p a n g e n b e r g , V a t e r , V e t t e r , W a r t h u sw . u sw . überzeugen kann.
Ich habe die einschlägige Literatur, dem Beispiel von B ü t s c h l i (6) folgend, etwas eingehender zusammengestellt,
in der Meinung, daß ich dadurch die Arbeit zukünftiger Forscher erleichtere.
Der einzige Forscher, der sich m i t der kausalen Erforschung der Frage befaßte, war P r e n a n t
(1, 3), dessen grundlegende Arbeiten oben schon erwähnt wurden. Er h a t einerseits festgestellt, daß
der am o rp h e o d e r k r i s t a l l in i s c h e Z u s ta n d des Kalkes in dem Integument der Crustaceen
P 0
durch das Verhältnis CO,“ bestimmt wird, dessen kritischer Wert 0,105 ist. Ist das Verhältnis größer,
so bleibt der amorphe Kalk stabil oder er wird sehr wenig instabil; ist dagegen dieses Verhältnis
kleiner als 0,105, so ist der amorphe Kalk labil und wandelt sich in mikrokristallinischen Calcit um,
oder aber in Vaterit. P r e n a n t setzt also offenbar voraus, daß die primäre Inkrustation durch amorphen
Kalk sta ttfindet und dieser später sekundär in Calcit übergeht. Ebenfalls durch seine Arbeit (1)
sind die Bildungsverhältnisse dieser M o d if ik a tio n e n aufgeklärt worden. E r sagt (p. 387) : „Quand
la cristallisation se fait à bas pH e t à faible concentration elle donne de la calcite; à pH élevé et à
forte concentration, elle produit de la vaterite, qui elle-même, si les conditions changent ensuite,-
peut se transformer en calcite.“ Leider kann ich in die weiteren Details dieser hochwichtigen Arbeit
nicht eingehen, sondern muß auf das Original hinweisen.
Es fragt sich nun, welche Faktoren d ie k r i s t a l lo g r a p h is c h e F o rm bestimmen. Wann
bilden sich Einzelkristalle, Sphenocyklen, Sphäriten, Sphärokristalle? Wann wird der Kalk krypto-
kristallimsch? Hängt dies mit der Geschwindigkeit der Kristallisation zusammen oder aber wird
es durch die feinere Struktur der Cuticula bestimmt? In dieser Hinsicht wissen wir gar nichts; es sei
aber an die topographische Beziehung der Sphenocyklenzentren zu gewissen Borsten und Kanälen
bei den Landisopoden erinnert. Ebenfalls steht die Erklärung der Lage der optischen Achse noch aus.
Am schwersten wäre eine Erklärung für das Z u s ta n d e k om m e n d e r T o p o g ra p h ie zu finden.
Kristallinischer, amorpher Kalk und kalkfreie Stellen sind dicht nebeneinander vorhanden, oft auf
*) Es soll offenbar heißen: „Hautpartien.*
dem kleinsten Raum und auf der geringsten Fläche, welche nur Zehntel des Quadratmillimeters
mißt. Und die Topographie kehrt mit hartnäckiger Regelmäßigkeit bei jedem Tier und nach jeder
Häutung wieder. Kann man sich vorstellen und annehmen, daß die PRENANT’schen Faktoren:
pH und Konzentration der strömenden und in die Cuticula eindringenden Hämolymphe auf dem
so kleinen Raum1), z. B. in den Gliedern der Antennen, Mandibularpalperi, Gehfüßen, Uropoden etc.
die nötige Mannigfaltigkeit, die gerade nötige Kombination zur Fällung amorphen, kristallinischen
Kalkes oder zum Ausbleiben der Fällung an bestimmten Stellen o h n e einen regulierenden Faktor
verwirklicht werden ? Wenn die Ausbildung des Panzers bloß von den obigen drei Faktoren abhängig ist,
wie erklärt man die Regelmäßigkeiten der Struktur, die Symmetrie, die funktionelle Struktur usw.?
Wie wird der Mineralstoffwechsel des Organismus z. B. während der Ontogenese von Ceratothoa und
Emetha reguliert, wo mit der männlichen, dann mit der weiblichen Geschlechtsreife die Kalkverhältnisse
sich vollkommen verändern? Kurz: Wie ist die elektive Differentiation des Panzers bestimmt,
was ist der differenzierende Faktor?
Betreffs Ceratothoa und Emetha könnte man sagen, daß der gesamte Stoffwechsel und mit ihm
auch die biochemischen Faktoren der Panzerbildung bei der Änderung der Lebensweise, Ernährung
und Sexualität verändert werden. Dies ist aber keine Lösung der Frage, sondern nur eine Verschiebung
der Antwort, weil das Zustandekommen der Topographie doch unerklärt bleibt. Es ist mir sehr
schwer vorzustellen, daß der differenzierende Faktor seinen Sitz in der Hämolymphe selbst haben
sollte und von hier aus imstande wäre, an den bestimmten Stellen die gerade dort benötigte Kombination
der Teilfaktoren zu bewerkstelligen und dadurch die Differentiation auszulösen oder zu
verhindern. Ich glaube, daß eine genau bestimmte, symmetrische Topographie und spezielle Strukturen
nur durch einen solchen Faktor bestimmt werden können, welcher lokal begrenzt, lokalisiert
ist. Die Panzerbildung muß ein Vorgang etwa nach der Art der S e lb s td if f e r e n z ie r u n g sein,
d. h. eine Differenzierung, deren determinierende Faktoren in dem sich ändernden Teile selber enthalten
sind.
Ich meine also, daß d e r F a k to r , w e lc h e r d ie I n k r u s t a t i o n im a llg em e in e n u n d d ie
K r i s t a l l i s a t io n im s p e z ie lle n b e s tim m t, a n O r t u n d S te lle in d e r n e u g e b ild e te n
C u tic u la s e in e n S itz h a t u n d n i c h t in d e r z u g e f ü h r te n H äm o lym p h e e n th a l t e n is t.
Ich denke mir dies so, daß die Chitinschichten der Cuticula schon bei der Ausscheidung durch die
Matrixzellen von den letzteren einen genau bestimmten pH und eine genau bestimmte Phosphatmenge
erhalten, welche dann den Chemismus der zugeführten Körperflüssigkeiten derart einstellen,
daß gerade diejenige Kombination der Faktoren zustande kommt, welche den für die betreffende
Körperstelle biologisch notwendigen Inkrustationszustand (kristallinisch, amorph, achalicoderm)
herbeiführt.
Selbstverständlich ist dies bloß eine Hypothese, welche ich nur mit logischen Beweisen, nicht
aber mit biochemischen Tatsachen unterstützen kann. Ohne diese Annahme ist aber das Entstehen
der Topographie für mich ziemlich unerklärlich. Ich glaube aber, daß man, wenn man die Cuticula
frisch gehäuteter Crustaceen nach der bekannten Topographie der Art auf pH untersuchen würde,
die nötigen Grundlagen zur Unterstützung oder zum Ablehnen der Hypothese erbringen könnte.
Dies ist aber schon die Aufgabe der Biochemiker.
*) Die Lage ist ganz was anders, als z. B. in einer Zelle.
Zoologlca. Heft 80.